Nickel: Roman (German Edition)
sind ein gutes Team. Ich will nicht reden und er auch nicht. Lou fragte, wohin es gehe, und ich sagte es ihm, mit Zwischenhalt an der Tankstelle. Falls er dazu eine Meinung hatte, behielt er sie für sich. Bisher hatte es ihn noch nie interessiert und diesmal war es nicht anders. Geschmeidig glitt das Taxi an die Mobil-Tanke. Arrow erschien am Fenster und ich öffnete die Tür. Sie sah aus, wie ich es mir erhofft hatte: leichter Zugang und lockere Sitten. Kurzer Rock, knappes Top, alles eine Parodie der echten Arrow – bis auf die Haltung. Sie gestattete mir einen kurzen Blick, zwinkerte, drohte mir mit dem Zeigefinger und schloss den Reißverschluss an ihrem Sweatshirt. Das Mädel war keine Aufreißerin; sie war das reinste Messer. Arrow stieg ein und war so vernünftig, nicht zu reden. Lou fuhr, wir saßen da.
Kapitel 12
Im Handumdrehen waren wir an der Knapp. Ich bat Lou, uns eine Viertelmeile südlich abzusetzen, und gab ihm fünfzig – die Fahrt betrug zwanzig, fünf waren Trinkgeld und der Rest war fürs nächste Mal. Ich zahlte jedes Mal fürs nächste Mal. Lou würde mich bis nach Kalifornien fahren, wenn ich ihn darum bäte, ohne Wenn und Aber. Ich bin auch ziemlich sicher, dass ich die Fahrt dahin schon im Voraus bezahlt habe. Wir stiegen aus und ich sagte: »In zwei Stunden, genau hier.«
Lou nickte, Arrow hielt mir den angewinkelten Ellbogen hin und wir gingen auf unsere Party.
Wir hörten sie im selben Augenblick, in dem wir das Licht der Lagerfeuer sahen. An den parkenden Autos erkannte ich, dass da eine Menge Leute waren, aber der harte, laute Rap, der aus den Lautsprechern dröhnte, machte es schwierig zu sagen, wie viele es wirklich waren. Ich ließ Arrows Arm los. Das war zwar das Letzte, was ich tun wollte, aber als Pärchen würden wir leider gefährliche Blicke auf uns ziehen. Es war besser, wenn ich als ihr kleiner Bruder oder ein Nachbarsjunge durchging, der ihr leidtat. Ich war bloß froh, dass sie aus einem anderenSchulbezirk kam. Vielleicht kannte sie ein paar Leute hier, aber viele würden es nicht sein – umso leichter würden wir unbemerkt bleiben.
Je näher wir kamen, desto lauter wurde die Musik, und jetzt sah ich auch, wie viele da waren. Das waren Hunderte von Jugendlichen. Ich hatte ja gewusst, dass es eine große Sache sein würde, aber das war eine echte Party. Ein sehr betrunkener Highschoolschüler kam uns entgegen und murmelte etwas Unverständliches. Ich war ziemlich sicher, dass er Hallo gesagt hatte. Je näher wir kamen, desto offensichtlicher wurde auch, dass hier nicht nur eine Party, sondern außerdem irgendetwas Urtümliches im Gange war; eine Menge Leute standen in einem großen Kreis um irgendein Event herum. Wir kamen an den Bierfässern und einer frischen Pfütze Erbrochenem vorbei und gingen auf den Kreis zu. Ohne dass wir fragen mussten, wurde uns Platz gemacht – Arrow sei Dank. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wer hat schon mal von einer Party gehört, auf der die Bierfässer nicht die Stars des Abends waren? Die Leute brüllten und machten uns genug Platz, dass wir in den Kreis treten konnten.
Es sah aus, als würden die Bierfässer doch nicht den ganzen Abend ignoriert werden. Hier war die Show schon vorbei. Ich sah eine Gestalt reglos am Boden liegen, wo sozusagen das Zentrum des Sturms gewesen war. Zwei weitere Gestalten standen über den Liegenden gebeugt, und nachdem sie sich besprochen hatten, zogen sie ihn hoch. Er stand ziemlich wackelig, schwankte zweimal und richtete sich auf. Die drei gingen unmittelbar an Arrow und mir vorbei. Der Junge hatte eine schreckliche Abreibung bekommen. Blut lief ihm in einemStrom übers Gesicht, der im Feuerschein schwarz wirkte. Lauter blaue Flecke verunzierten seinen Kopf. Er sah eher aus wie ein Kürbis als wie ein Highschoolschüler; ich hoffte bloß, dass das nicht Jeff war. Wir sahen ihm hinterher, bis er in der Menge verschwand, dann mischten Arrow und ich uns ebenfalls unter die Leute.
Kerle musterten sie von oben bis unten, einige der Mädchen ebenfalls, aber es funktionierte: Alle ignorierten den kleinen Jungen neben ihr. Ich griff in die Tasche, suchte einen Augenblick und zog dann einen Joint aus dem geruchssicheren Beutel. Unauffällig gab ich ihn Arrow und sie warf mir einen fragenden Blick zu. Sie wusste, was das war, das war immerhin etwas. Ich hoffte bloß, sie rauchte das Zeug nicht. Das Letzte, was ich jetzt brauchte, war, dass sie vergaß, weshalb wir hier waren. Ein älterer
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