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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aric Davis
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zeigen, um ihr Mitleid zu erregen. Wie konnte mir das mehr Sorgen machen als der heutige Abend? Heute Abend gab es einen Krieg – morgen abgehangenes Fleisch. Ich sah auf die Computeruhr. Zeit, mich fertig zu machen. Trotz meiner eigenen Angst konnte ich es doch kaum erwarten, ihnen in die Augen zu schauen und zu sehen, wie die Panik in ihnen aufstieg.

Kapitel 45
    Innerlich war ich bereit für den Krieg; äußerlich sah ich so aus, als hätte ich gerade einen hinter mir. Meine Tarnung war Armut: Ich trug meine zerschlissenste enge Jeans und einen Kapuzenpulli ohne etwas darunter. Ich wollte aussehen wie das Kind, das ich hätte sein können, wenn ich nicht entkommen wäre, das traurige, erschöpfte Wrack eines Jungen. Ich hatte mir sogar die Haare mit etwas Gel zerzaust. Das war gar nicht so einfach gewesen, denn ich habe nicht viele Haare. Falls sie mich durchsuchten, würden sie außer einem Füller nichts finden. Wenn sie gründlich suchten, könnte es Probleme geben. Ich glaubte aber nicht, dass sie das tun würden. Ich hatte mich um alles gekümmert, was ich unter Kontrolle hatte; jetzt musste ich den Dingen ihren Lauf lassen. Ich kaute auf einem Streichholz herum – dem dritten, seit ich an der Tankstelle wartete. Es war kalt draußen, und ich bat das Wetter sozusagen herein bis in die Knochen, bis es sich in meinem Gesicht spiegelte. Ich war verletzlich, völlig wehrlos und das war perfekt.
    Jeff tauchte nach etwa einer Stunde auf. Er war früh dran. Er stieg aus und setzte sich neben mich auf den Bordstein; ichschob den Matchbeutel mit dem Geld zu ihm rüber. Er nahm ihn auf den Schoß und fragte: »Bist du bereit?«
    Ich nickte. Eine Viertelstunde saßen wir schweigend da, dann standen wir gemeinsam auf. Wir gingen zu seinem Wagen, stiegen ein und ein paar Minuten später fuhren wir auf dem Highway Richtung Süden. Als ich das Raststättenschild sah, kletterte ich auf den Rücksitz. Jeff hielt am Rand des Rastplatzes unter den Bäumen. Auf der anderen Seite standen zwei Sattelzüge und ein PKW fuhr gerade weg, als wir ankamen, doch ansonsten war hier tote Hose. Jeff stieg aus und setzte sich auf die Motorhaube. Der Beutel mit dem Geld war noch im Auto.
    Ein schwarzer Lincoln fuhr auf den Rastplatz und parkte drei Plätze von uns entfernt. Die Fenster waren getönt, sodass ich nicht ins Auto sehen konnte.
    Der Beifahrer stieg aus. Es war ein Mann – ich erkannte es am Gang –, aber alles andere hätte mich auch schockiert. Er war kräftig. Er ging zu Jeff und sagte etwas. Jeff nickte und deutete mit dem Daumen aufs Auto. Entweder sprachen sie über das Geld oder über mich. Jeff ging zur Beifahrertür und öffnete sie, holte das Geld und legte es auf die Motorhaube. Ich steckte meinen Füller in die Socke. Der Mann öffnete den Beutel, wühlte ein paar Minuten darin herum und zog den Reißverschluss wieder zu. Sie wechselten noch ein paar Worte, dann brachte der Mann das Geld zum Lincoln und warf es in den Kofferraum. Jeff kam zurück zur Beifahrerseite, öffnete meine Tür und sagte: »Steig aus.«
    Das tat ich. Ich ging vor Jeff her und blieb am Lincoln stehen. Der Mann packte mich an der Schulter und drehte mich um, ließ den Blick über mich kriechen.
    Jeff fragte: »Was meinen Sie, Mann, gibt er das her? Er ist sauber, Mann, supersauber, schon lange weg. Er hat gearbeitet, aber immer unter Aufsicht, klar? Sie könnten ihn auftakeln, für Partys, was auch immer.« Jeff benahm sich wie ein Volltrottel. Es war perfekt.
    Der Mann sagte: »Er ist brauchbar.«
    Er ging zum Lincoln, öffnete die hintere Tür auf der Fahrerseite und zerrte ein braunhaariges kleines Mädchen heraus, vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Wenn ich Rhino mitgenommen hätte, wäre es an dieser Stelle richtig übel geworden. Im Mondlicht sah ich Tränen in ihrem Gesicht. Sie war angezogen wie eine Straßenhure. Der Mann führte sie zu Jeff und sagte: »Das ist Cindy. Cindy, das ist der Mann, von dem ich dir erzählt habe, okay?«
    »Ich möchte nach Hause.«
    Jeff führte sie ums Auto herum und setzte sie auf den Rücksitz. Falls sie ein Zuhause hatte und es ein gutes war, würde sie dorthin zurückkehren. Falls nicht, würde sie irgendwo landen, wo es okay war. Rhino kannte einen Cop, der sich um solche Dinge kümmerte, der auf Nummer sicher ging, die Art Cop, der nicht zuließ, dass zwei Raubtiere Kinder zu Filmstars machten.
    Der Mann riss mich aus meinen Gedanken: Er packte mich an der Schulter und schüttelte mich. Dann

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