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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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wer meine Eltern waren?« Damit hatte Nicodemusnicht gerechnet. Hatte er sie etwa beleidigt? »Ich b-bin der uneheliche Sohn des verstorbenen Lord Severn, eines Landadligen aus Nordspiren.«
    Die Druidin nickte. »Sorgt deine Familie noch für dich?«
    »N-nein. Als Neophyten sagen wir uns von Familie und Königreich los. Und für meinen jüngeren Bruder, den neuen Lord Severn, bin ich eher wie eine Bedrohung.«
    »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Ich habe sie nie gekannt.«
    »Ein Bastard, der nicht weiß, wer seine Mutter ist?« Ungläubig zog sie eine Braue hoch.
    »Eines Tages kehrte mein Vater von einer Pilgerfahrt mit mir als Säugling auf den Armen zurück nach Mount Spires. Er hat nie von meiner Mutter gesprochen. Kurz nachdem ich nach Starhaven kam, ist er gestorben.«
    Wieder nickte Deidre. »Du bist also der, der Runen in den beiden hohen Zaubersprachen formen kann, doch nur einfache Zauber berühren darf ?«
    Nicodemus bekam einen ganz trockenen Mund. »Ja, der bin ich.«
    »Ich glaube, dein Name wurde im Zusammenhang mit der Prophezeiung der Zauberer erwähnt?«
    »Aber ich bin nicht der Auserwählte.«
    Deidre kniff die Lippen zusammen, bis sie nur noch eine schmale Linie bildeten. »Ich muss dir eine wichtige Frage stellen. Bei manchen Menschen verheilen bestimmte Verletzungen nicht so ohne weiteres. Sie bilden dunkle, wulstige Narben, sogenannte …«
    »Keloide«, sagte Nicodemus gequält. »Ich weiß, was das ist. Ich habe selbst eines. Auf dem Rücken.«
    »Ist es kongenital?«
    Verständnislos sah Nicodemus sie an.
    Die Druidin ließ sich nicht beirren. »Kongenital bedeutet, dass du damit geboren wurdest.«
    »Mein Vater war schon tot, bevor die Zauberer ihn fragen konnten.«
    Deidre verharrte reglos. »Also ist es möglich, dass das Mal angeboren ist?«
    »Aber mein Keloid hat nicht die Form des Zopfes«, fügte Nicodemus scheu hinzu und betete innerlich, dass sie es nicht sehen wollte. »Oder zumindest nicht genau. Daneben liegt noch ein weiteres Keloid. Meines ist nicht der Zopf des Halkyon.«
    »Verstehe.« Deidre sah ihn noch einen Moment lang schweigend an. Allmählich kehrte ihr Lächeln wieder zurück. »Du darfst jetzt gehen, Nicodemus Weal.«
    Erleichtert atmete Nicodemus aus und verbeugte sich. Keiner der Druiden rührte sich. »Gute Nacht, Deidre, Kyran«, sagte er und wandte sich in Richtung Speicherturm .
     
    »Ironie des Schicksals.« Deidre lachte, als das Gewand des Jungen mit der Dunkelheit verschmolz. »In Schwarz gehüllt und dennoch zu durchschauen.« Sie nahm die Kapuze ab.
    »Warum hast du dir das Keloid nicht zeigen lassen?« Kyran stellte sich neben sie. Er hinkte leicht, verließ sich lieber auf sein linkes Bein und nutzte den Wanderstab, um das Gleichgewicht zu halten.
    Sie lächelte und spielte gedankenverloren mit einem ihrer Ärmelknöpfe. »Zweifelst du etwa an dem, was wir zu sehen bekämen?«
    »Nein. Nein, tue ich nicht.«
    »Es ist alles genau so, wie unsere Göttin es vorhergesagt hat.« Deidre schloss die Augen und genoss den Moment.
    »Er fasziniert dich.«
    Sie öffnete die Augen und sah ihn an. »Du hättest eigentlich irgendeine Warnmagie schreiben sollen.«
    Daraufhin verfinsterte sich sein Blick. »Sag ja nicht ›Warnmagie‹. Ein Zauberschreiber würde ›Warnzauber‹ sagen oder den Namen des speziellen Zaubers nennen.«
    »Du weichst mir aus.«
    Kyran blickte nach wie vor mürrisch drein. »Ich habe einen Warnzauber losgelassen, aber der Junge ist einfach durch ihn hindurch gelaufen. Überall, wo er den Text berührt hat, hat sich die Runensequenz verkehrt. Er hat nichtsahnend den Zauber korrumpiert.«
    »Und deinen Tarntext durchschaut.«
    »Das auch.« Kayle funkelte sie mit seinen schönen braunen Augenwütend an. »Du hättest nicht so lange mit ihm sprechen sollen. Was, wenn du wieder einen Anfall bekommen hättest?«
    Sie zuckte die Achseln. »Dir wäre schon eine Erklärung eingefallen. Auf ihn wirke ich wie ein Mensch.« Sie schaute zu dem Turm auf, in dem Nicodemus verschwunden war. »Auf dem Jungen lastet ein Fluch.«
    »Du siehst es auch?«
    »Ich fühle es.«
    Hoch über der Festung erklang der Schrei einer Krähe. Sie blickten auf.
    »Der Junge sieht dir ähnlich«, sagte Kyran.
    »Ja. Verblüffend, wie viel kaiserliches Blut durch die Adern eines namenlosen Landadeligen fließen kann.«
    »Es wird nicht leicht sein, ihn vor den anderen Druiden zu verbergen. Und auch nicht, ihn zu ergreifen.«
    »Zur unterirdischen Göttin mit dir, Ky«,

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