Nicolai
Was macht ihr beide eigentlich?“, wollte sie neugierig wissen. „Nicolai
ist verreist.“, antwortete ich ihr ohne weiter auf ihre Frage einzugehen. „Ist
was mit dir? Du klingst so traurig?“, fragte sie weiter. „Liebeskummer.“, sagte
ich leise. „Oh, da bin ich genau die Richtige?“, sagte sie gleich aufmunternd
und verpasste mit telefonisch einen Notfallplan. Erst Kino, dann Pasta und
anschließend Schokoladeneis bei ihr zu Hause. Und danach würde es mir wieder
besser gehen. Aber genau danach war mir heute nun überhaupt nicht. „Lass mal
gut sein. Heute wird das nichts, ich habe noch ganz viel zu tun. Schließlich
muss ich Nicolai vertreten.“ Ich machte eine kurze Pause bevor ich weiter-sprach.
„Bei mir wird es heue sehr spät, wir quatschen ein anderes Mal. „Tschüss
Maria.“, sagte ich und legte schnell auf. Mein Blick ging zur Uhr. Es war schon
wieder halb drei Nachmittags. Egal, ich holte die Akten aus Nicolais Büro und machte
mich weiter an die Arbeit.
Die
Sonne war inzwischen weg, bemerkte ich, als ich endlich mal wieder den Kopf in
Richtung Fenster bewegte. Ich legte meinen Stift beiseite und ging zum Fenster.
Traurig blickte ich durch die Scheibe, doch dann öffnete ich das Fenster und
ließ die frische Luft hinein. Etwas ratlos stand ich nun im Zimmer.
Weiterarbeiten oder Feierabend machen? Ach ich hole mir erst Mal einen frischen
heißen Kaffee. Ich ging in den Wartebereich, zum Kaffeeautomaten. Erst jetzt
bemerkte ich, dass kein Patient mehr da war. Sarah von der Rezeption zog sich
gerade die Jacke an. „Schon Feierabend?“, fragte ich sie. „Heute ist Freitag,
ich stürze mich jetzt in’s Nachtleben. Mach nicht zu
lange und vergiss bitte nicht abzuschließen.“, antworte sie mir. „Schönes Wochenende.“, hörte ich noch von
ihr, dann verschwand sie auch schon durch die Tür. Wochenende? Wie ich das
gerade hasste. Ich nahm einen Schluck Kaffee und ging langsam zurück in mein
Büro. Ich nahm mir die erste Akte und schlug sie auf. Es gab noch so viel zu
tun und ich wollte wenigstens etwas noch schaffen. Auf mich wartet doch sowieso
keiner zu Hause, also kann ich auch arbeiten. Ich machte mir das kleine Radio
an, das auf meinem Schreibtisch stand. Die Musik erinnerte mich an meine erste
Autofahrt mit Nicolai, damals, als er mich aus dem Krankenhaus nach Hause fuhr.
Wo wird er jetzt sein? Nicht mal das hat er mir gesagt. Er ist einfach
gegangen. Wehmut stieg wieder in mir auf und eine unendliche Sehnsucht nach
Nicolai. Ich versuchte mich wieder in meine Arbeit zu vertiefen und blendete um
mich herum alles aus. Nach einer Weile fing ich an zu frösteln. Ich rieb mir
meine Arme. Es war auf einmal sehr kühl im Raum geworden. Ich stand auf und
ging zum Fenster. Inzwischen war es auch schon draußen dunkel. Für einen Moment
atmete ich die frische Abendluft ein und schloss dann das Fenster. Dann drehte
ich mich um und erschrak. Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein Mann im Raum.
„Wir haben geschlossen. Heute kann kein Blut mehr gespendet werden.“, sagte ich
und versuchte meine doch aufsteigende Angst zu unterdrücken. Irgendwie wirkte
dieser Mann bedrohlich auf mich. Er trug einen langen schwarzen Ledermantel und
eine Sonnenbrille. Er war mindestens 1,90 m groß und von kräftiger Statur. „Wer
sagt denn, dass ich Blut spenden will?“, fragte er mich und ging langsam auf
mich zu bis er ganz dicht vor mir stand. Mir stockte der Atem, ich hatte
furchtbare Angst. „Deine Angst. Ich kann sie riechen.“ Mit schnellem Griff
packte er mich unter die Arme und setzte mich auf den Schreibtisch. Mein Herz überschlug
sich fast vor Angst. „Und ich rieche da noch etwas anderes.“, sagte er und kam
mit seinem Gesicht immer näher. Er roch von oben bis unten an meinem Körper,
bis er an meinem Schoß stoppte. „Was haben wir denn hier? Was für ein
köstlicher Duft. Das riecht nach Ficken.“ Er machte eine kurze Pause, kam mit
seinem Gesicht wieder nach oben und legte meinen Hals frei. „Hm, das wird ein
Abendschmaus.“ Ängstlich sah ich ihn an. Ich wusste, dass ich diesem fremden
Mann ausgeliefert war. Meine Hand ging unbemerkt nach hinten auf meinem
Schreibtisch. Irgendwo musste doch dieser Brieföffner liegen. Da! Ich spürte
etwas Spitzes. Ich griff mir den Brieföffner und hob mit voller Wucht meinen
Arm. Doch in dem Moment, wo ich zustechen wollte, packte er mich am Hals und
schleuderte mich durch die Luft. Ich knallte an die Wand und schlug hart auf
dem Boden
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