Nie wieder Ferienhaus
Lokomotiven vorgeradelt kamen!
Natürlich waren Heinrich und Hilde Büsinger diejenigen, die bei Jan Wagemakers die neuen Räder gekauft hatten, natürlich mussten wir ihre neuen Zweiräder gebührend bewundern, und natürlich waren diese Räder um einiges schöner als unsere. Aber Heinrich und Hilde waren neben uns an diesem Tage nicht die einzigen Wagemakers-Kunden gewesen.
Norbert hatte sich einen Sattel besorgt. Ursprünglich sollte es ein Brook-Sattel aus Leder mit ganzvielen Metallfedern sein, aber der sollte über dreißig Euro kosten. Das ganze Vorderrad war nagelneu und vor allem mit Original-Trommelbremse, dazu ein neuer Schlauch für das Hinterrad, das fehlende Pedal musste erst noch bestellt werden, und am Nachmittag war er wieder am Metallmüll, und dort hatte er einen Lenker gefunden, der zwar bei weitem nicht so toll war wie der an seinem Fahrrad, aber der hatte eine intakte Klingel. »Jetzt hör dir mal diesen vollen Sound an!« Ich war komplett begeistert.
Ich saß mit Anne vor dem Vorzelt. Am First hing nun stolz ein Schild, das wir gerade im Meermarkt gekauft hatten, aus Holz – wahrscheinlich in Taiwan – geschnitzt! In blauer Schrift auf weißem Grund war da zu lesen: »Gone to the Beach!« Unter dem Schild hingen, mit Bindfäden befestigt, ebenfalls geschnitzt und ebenfalls in Blauweiß gestrichen, ein Segelboot, ein Leuchtturm und ein Fisch.
»Das können wir aber nur aufhängen, wenn wir wirklich hier sind! Sonst ist das ja eine Einladung, uns das Vorzelt auszuräumen!«
Ich könnte ihr jetzt erzählen, dass auf einem Campingplatz nichts geklaut wird, aber das würde sie mir nicht glauben, und wahrscheinlich hätte sie Recht.
Ich sagte: »Es ist schön hier, nicht?« – »Ja! Alles ist so sauber! Man hat bei jedem Dorf den Eindruck, es hat gerade am Wettbewerb ›Unser Dorf soll schöner werden!‹ teilgenommen.«
War ich zu optimistisch? Oder hatte sie wirklich Spaß an unserem ersten Campingurlaub? Der Pessimist denkt, das Glas ist halb leer, der Optimist denkt,es ist halb voll! Der Optimist sagt: »In zehn Jahren gehen wir alle betteln!« Der Pessimist fragt: »Bei wem?«
Nein, ich war mir fast sicher, es gefiel ihr wirklich, Anne mit ihrer Vorliebe für alles Grüne mit einer bunten Blüte dran! Hier in Walcheren wohnten einfach Leute mit dem Sinn für einen schönen Vorgarten, mit dem grünen Daumen für Stockrosen, mit dem Gespür für das gardinenlose Fenster!
Gapinge beispielsweise oder Aagtekerke würden jeden Wettbewerb »Unser Dorf soll schöner werden!« locker gewinnen, aber die Leute legen es einfach nicht darauf an!
»Vielleicht hast du Recht!«, sagte sie. »Vielleicht ist es einfach so: Der Holländer kauft sich ein Auto, wenn das alte kaputt ist! Der Deutsche kauft sich eins, wenn der Nachbar eins gekauft hat!«
»Das darf man nicht verallgemeinern. Es gibt Deutsche …«
Norbert schraubte den neuen Sattel auf seine Impala!
»Es gibt Deutsche, die haben gerade einen Kleinsttonnengrill gekauft! Und wenn man sich so einen Kleinsttonnengrill erst mal zugelegt hat, dann muss man auch grillen!«
Der Weinkeller auf dem Campingplatz
Wenn man sich schon den Kleinsttonnengrill zugelegt hat, dann muss man auch grillen.
Eigentlich war das nicht der wahre Grund. So gegen achtzehn Uhr legte sich über den Campingplatz immer ein Duft von brennender Holzkohle, von Grillwürstchen, Satespießen und Bauchspeck. Es war nicht so sehr das Gefühl, das müssen wir auch mal machen, sonst passen wir hier nicht hin. Diese Begründung würde sich an dieser Stelle sicher gut machen, die Wahrheit ist aber eine andere: Ich grille für mein Leben gern!
Bei uns zu Hause in der Reihenhaussiedlung gibt es gleich mehrere Grillfeste pro Jahr. Die Eröffnung der Grillvorsaison feiern wir traditionell am Tag nach Aschermittwoch, an Frühlingsanfang ist dann Eröffnung der Grillsaison, dann folgen noch Grillsaison-Bergfest, Ende der Grillsaison, Sechs-Wochen-Amt für das Ende der Grillsaison und dann die letzte Grillparty des Jahres zum Ende der Grillnachsaison, das ist traditionell am ersten Advent. Dann müssen wir nicht mehr grillen, dann ist ja Weihnachtsmarkt. Und wenn wir so auf dem Weihnachtsmarkt stehen, zwischen Glühwein- und Würstchenstand, dann sagt Tristan manchmal: »Papa, hier riecht es wie bei uns zu Hause!«
Auf dem Campingplatz grillen war einfach das Größte. Wir schlugen fast jedes Restaurant im Umkreis von zehn Kilometern, allein schon wegen Annes griechischem Salat
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