Nie Wirst Du Entkommen
entschuldigen würden.« Er wies ihnen die Tür mit solch einer Verachtung, dass Aidan am liebsten zugeschlagen hätte. Stattdessen reichte er dem Mann eine Karte. »Rufen Sie uns an, falls sie auftaucht.«
Der Mann hielt die Karte an einer Ecke fest. »Selbstverständlich.«
Wieder auf der Straße, schüttelte Murphy den Kopf. »Was kostet denn so ein Essen da drin? Hundert Mäuse?«
»Pro Nase.« Er musste über Murphys glotzäugigen Blick lachen. »Und noch mal so viel, wenn du Wein bestellst.«
»Was der Grund dafür ist, dass die Ex ex ist.«
»Komm, fahren wir noch einmal zu Nicoles Wohnung. Vielleicht war sie ja doch zu Hause und wollte nur nicht aufmachen.«
Dienstag, 14. März, 21.40 Uhr
»Mist«, murmelte Murphy. »Verdammte Scheiße. Wir sind zu spät.«
Wahrer hätte es nicht sein können. Nicole Rivera war durchaus zu Hause gewesen, dachte Aidan, während er die Szenerie überblickte. Aber sie hatte einen verdammt guten Grund gehabt, nicht aufzumachen.
Sie hatten sie vor ihrem Bett kniend gefunden. Sie trug eine schwarze Hose und eine zerknitterte Bluse, die einmal weiß gewesen war – ihre Arbeitskleidung. Ihre Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden, und ihr Oberkörper lag auf der Überdecke, die aus zart geblümtem Stoff genäht war. Nun waren Bluse und geblümter Stoff dunkel von Blut.
Aidan ließ das Telefon in seine Tasche gleiten. »Die Gerichtsmedizin ist auf dem Weg.« Er hockte sich neben die Leiche und inspizierte das Einschussloch im Hinterkopf. »Sieht nach Exekution aus.« Schnell und gnädig. Gnädiger jedenfalls, als Adams, Winslow und die Sewards gestorben waren. »Wahrscheinlich mit einer 22er. Keine Austrittswunde, also steckt die Kugel noch.«
Murphy überprüfte den Schrank. »Ist sie kalt?«
Aidan streifte ein paar Handschuhe über und berührte ihren Hals. »Lauwarm. So lange ist sie noch nicht tot.« Er begann, Schubladen aufzuziehen. »Socken, T-Shirts. Unterwäsche, noch mehr Unterwäsche … Hallo! Was haben wir denn hier?« Er sammelte ein paar Quittungen ein, die aus dem Körbchen eines Spitzen- BH s flatterten. »Kopien.
Die Spielkiste.
Eine Babypuppe.« Er sah die anderen durch. »Und eine Bratpfanne und ein Teddy von Wal-Mart, alle von gestern Morgen. Sie hat die Sachen bar bezahlt.« Er legte sie beiseite, um sie einzutüten. »Sie müssen sich gedacht haben, dass wir die Kreditkarte zurückverfolgen.«
»Oder die Karte war nur eine einmalige Aktion, um uns in die Falle zu locken«, sagte Murphy, der im Schrank steckte. »Die Lilien waren die einzige Ware, die mit Karte bezahlt worden sind. Mann, die Frau hatte aber verflixt viel Schuhe für jemanden, der seine Miete nicht bezahlen kann.«
»Vielleicht gibt es noch andere Karten. Ich habe heute Morgen eine Aufstellung aller Kreditkartenaktivitäten in Tess’ Namen angefordert. Hoffentlich liegt sie schon in meinem Fach, wenn wir zurückkommen.«
»Gute Idee.« Murphy trat aus dem Schrank. An seinem Finger baumelte eine schwarze Sporttasche. »Die lag zusammengerollt in einem Schuhkarton. Duftet nach Blumen, finde ich.«
Aidan schaute auf die Leiche herab. »Warum sie ausgerechnet jetzt ermorden?« Dann stieß er plötzlich den Atem aus. »Er hat heute Nachmittag zugehört. Ich habe Seward gesagt, wir könnten beweisen, dass Tess’ Stimme nachgeahmt worden ist. Ich hab’s glatt verdorben.«
»Du hattest keine andere Wahl. Seward hat ihr die Pistole an den Kopf gehalten, Aidan. Es war richtig, was du getan hast.«
»Aber Tote können nicht mehr gestehen, andere Stimmen nachgemacht zu haben.«
Murphy zuckte resigniert die Achseln. »Mit ein bisschen Glück reichen Tasche und Quittungen, um Patrick glücklich zu machen. Ich rufe Spinnelli an. Du Jack.«
Dienstag, 14. März, 22.55 Uhr
Aidan hatte gewusst, wie viele Kameras Jacks Team in Tess’ Wohnung gefunden hatte, aber irgendwie versetzte es ihm dennoch einen Schlag, als er sie alle auf dem Konferenztisch sah. Nach einer Achterbahnfahrt von Tag, der seinen Adrenalinspiegel in beruflicher und privater Hinsicht gründlich aufgemischt hatte, war seine Selbstbeherrschung bestenfalls als fragil zu bezeichnen. Er wusste, dass er Rick besser nicht hätte fragen sollen, wo genau in der Wohnung, im Auto, im Büro und in den Kleidern die Kameras und Mikrofone verborgen gewesen waren, aber aus irgendeinem Grund hatte er es wissen müssen.
Im Übrigen hätte es jeder als merkwürdig empfunden, wenn er nicht gefragt hätte. Schon den ganzen
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