Nie Wirst Du Entkommen
»Wir wollten ihn eigentlich zu dem Fall befragen. Verdammt. Das ist schon das dritte Mal, dass wir zu spät auftauchen.«
»Ja, der Zufall hat Methode«, murmelte Aidan. »Wie und wann?«
»Drei Kugeln in den Unterbauch, eine vierte in den Kopf«, sagte Johnson. »Die Bauchschüsse wurden aus ein paar Schritt Entfernung abgefeuert. Der letzte mit dem Lauf direkt am Schädel, wahrscheinlich, um sicherzugehen. Zeit: null Uhr sechsundfünfzig.«
»Und zwölf Sekunden«, fügte Brooks säuerlich hinzu.
»Er hatte eine Taschenuhr«, erklärte Howard. »Das muss Jahre her sein, dass ich zuletzt eine gesehen habe. Wurde von einer Kugel getroffen. Die Sicherheitsleute des Gebäudes kopieren uns die Überwachungsbänder. Ist das jetzt Ihr Fall?«
Murphy blies die Backen auf und stieß die Luft aus. »Wir können uns eigentlich nicht über Arbeitsmangel beschweren.«
Jack trat mit mürrischer Miene ein. »Toll, Leute. Ich wollte heute eigentlich frei machen.«
Aidan betrachtete Dr. Zur-Hölle-mit-ihm, der auf dem Rücken ausgestreckt lag. Der Teppich hatte sein Blut aufgesogen. »Am liebsten würde ich das Tess gar nicht erzählen. Parks war ein Arschloch, aber …« Er verengte die Augen. »Murphy. Gestern Abend habe ich Carter nach Parks gefragt. Und fünf Stunden später ist er tot.«
»Carter?« Murphy sah ihn skeptisch an. »Er ist Tess’ Freund.«
»Mit einem Schlüssel zu ihrer Wohnung und chirurgischen Utensilien.«
»Die Schnitte an Bacons Armen.« Murphy zog die Brauen zusammen. »Und Kenntnisse über Medikamente. Okay, Jungs, wir nehmen euch den Fall ab. So ein Mist.«
»Detectives?« Ein Mann mittleren Alters steckte den Kopf durch die Tür. »Ich habe Ihnen die Aufnahmen von gestern Nacht kopiert. Eingangsbereich und Fahrstuhl im Parterre und sechsten Stock.«
Aidan blieb an der Tür stehen. »Kommst du mit, Jack?«
Jack stand inmitten des Zimmers und sah sich um. »Nein. Ich werde hier alles genau unter die Lupe nehmen. Irgendwas muss er hinterlassen haben.«
Der Manager führte sie in den Kontrollraum. »Das ist das Video vom sechsten Stock. Ich habe es bis zehn Minuten nach Parks’ Tod durchgesehen.« Er drückte einen Knopf, und Aidan hielt den Atem an.
»Verdammt.« Eine Gestalt im braunen Mantel und mit schwarzer Perücke betrat den Fahrstuhl, ohne dass man ihr Gesicht sehen konnte. »Das kann nicht Tess sein.«
»Natürlich nicht«, knurrte Murphy. »Aber nur aus Spaß – sag mir noch mal, warum nicht.«
»Erstens, weil sie unter Klaustrophobie leidet. Sie hätte niemals den Fahrstuhl genommen, sondern die Treppe. Zweitens, weil sie bei mir war.« Brooks und Howard tauschten einen Blick. »Bei mir und Lynne Pope und ihrem Kameramann«, fügte er finster hinzu. »Heute Nacht um eins befand sie sich mitten im Interview.«
»Das ist ein ziemlich wasserdichtes Alibi«, sagte Howard.
»Tja, da hat jemand wohl beim Perücken-Discount ein echtes Schnäppchen gemacht«, murmelte Murphy. »Schauen wir uns mal das Video aus dem Eingangsbereich an.«
Der Sicherheitsmanager drückte ein paar weitere Knöpfe. »Gleiches Zeitfenster.«
Murphy trat näher an den Bildschirm heran. »Können Sie das Bild einfrieren? Aidan, sieh dir mal die Schuhe an.«
Aidan kniff die Augen zusammen. »Business-Schuhe. Sieht nach einer kleinen Größe aus. Dieselbe, die wir in Bacons Bad entdeckt haben?«
»Die Schultern sind auch etwas zu breit«, meinte Brooks. »Sehen Sie mal, wie sich der Mantel am Rücken spannt. Könnte ein Typ in Frauenkleidern sein.«
»Carter ist zu groß«, sagte Murphy und zog eine Braue hoch. »Aber sein Sweetheart nicht. Robin Archer müsste ungefähr – was denkst du Aidan? Eins dreiundsiebzig sein?«
Aidans Puls begann zu rasen. »Auf geht’s.«
Freitag, 17. März, 10.30 Uhr
Tess ließ ihre Tasche auf Aidans Küchentisch fallen. »Vito, du brauchst nicht hierzubleiben. Dolly ist hier, und Aidan hat mir seine Pistole dagelassen.«
Vito sah sie düster an. »Und du glaubst wirklich, dass du mich damit vertreiben kannst? Dummkopf.«
»Wie du meinst. Ich lege mich jedenfalls ein bisschen hin, bevor ich mit Rachel nachher zum Friseur gehe. Was machst du in der Zwischenzeit?«
»Ich nehme mir ein Buch und lese. Reagan hat ja genug davon.«
»Er hat vor kurzem seinen Bachelor gemacht. Ich habe allerdings keine Ahnung, worin.«
Vitos Brauen zogen sich noch weiter zusammen. »Psychologie.«
Tess blieb in der Tür stehen und wandte sich zu ihm um. »Was?«
»Er hat einen
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