Nie Wirst Du Entkommen
irgendwie nüchtern zu kriegen«, sagte Jon. »Er sollte am nächsten Morgen seinen Flug erwischen. Aber als er mit seiner Erzählung fertig war, verstand ich, warum er gehen musste. Er liebte sie wirklich, aber es war vollkommen einseitig. Das muss verdammt wehtun.«
Aidan mochte es sich nicht vorstellen. Tess Ciccotelli war eine Frau, der die Männer mit Wonne hinterhersahen. Und von der Männer träumten. Aber sie zu lieben und nicht haben zu können … Das konnte einen Mann verbittern. Und rachsüchtig machen. »Und was haben Sie getan?«
»Ihn nach Hause gefahren und den Wecker gestellt. Ich habe später noch einmal angerufen, um sicherzugehen, dass er aufgestanden war, aber er ist nicht drangegangen. Einen Monat später bekamen wir alle einen Brief, dass er sich gut eingelebt hat und alles okay sei. Dann bekamen wir noch diese Postkarte und seitdem nichts mehr.«
»Haben Sie ein Foto von Swanson?«, fragte Murphy.
Jon dachte nach. »Nein, aber Tess. Es hängt bei ihr im Wohnzimmer an der Wand. Es ist im Lemon gemacht worden, kurz bevor Jim abgereist ist.«
Aidan nickte. »Ja, ich habe es gesehen. Direkt neben einer Bleistiftzeichnung von ihrem Bruder. Aber auf dem Bild sitzen alle. Wie groß ist Swanson?«
»Ungefähr wie ich«, sagte Robin. »Ungefähr eins fünfundsiebzig.«
Ja.
»Und wann ist er abgereist? Genau, meine ich?«
Jon sah Robin fragend an. »Kurz vor Weihnachten. Vielleicht am zehnten Dezember?«
»Ja, am zehnten«, bestätigte Robin. »Ich war gerade im Lemon mit der Weihnachtsdekoration fertig.«
Aidan warf Murphy einen Blick zu, der mit einem knappen Nicken reagierte. Swanson hatte die Stadt nur Tage vor Lawes erstem Kontakt mit Blaine Connell verlassen. Die beiden Vorfälle mussten zusammenhängen. Er spürte es. »Dr. Carter, haben Sie jemandem von unserem Gespräch gestern erzählt?«
»Robin und ich haben beim Essen darüber gesprochen, aber nicht bei der Totenwache. Aber Sie haben uns nicht gesagt, das wir nicht sollten.«
Aidan seufzte. »Jemand wusste, dass wir Parks verdächtigten, denn jetzt ist er tot.«
Murphy räusperte sich. »Könnten wir Ihre Sachen von gestern untersuchen?«
Jon fuhr sichtlich zusammen. »O nein. Sie denken doch nicht – doch, tun Sie. Ich war ebenso verwanzt wie Tess.«
Als Jon mit der Kleidung zurückkehrte, standen Aidan und Murphy schon an der Tür. »Hatte Swanson einen Schlüssel zu Tess’ Wohnung?«, fragte Murphy.
»Das glaube ich nicht.« Jon reichte ihnen die Mäntel und nahm die Quittung, die Aidan ihm ausgestellt hatte. »Hören Sie, Detectives, Jim mag argen Liebeskummer gehabt haben, aber er war kein kranker Mörder. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er so etwas tun könnte.«
»Tja, nun, jemand tut es aber«, sagte Aidan gepresst. »Und im Moment ist Swanson der beste Verdächtige, den wir haben. Danke für die Hilfe, meine Herren.«
Freitag, 17. März, 12.15 Uhr
Tess’ Handy klingelte und weckte sie. Benommen tastete sie danach und versetzte Bella einen Klaps, die es sich auf ihrem Hinterteil bequem gemacht hatte. »Ja?«
»Tess, Amy hier. Wach auf.«
Die Dringlichkeit in Amys Stimme ließ sie hellwach werden. Hastig setzte sie sich auf. »Was ist los?«
»Vito hat mich angerufen. Dein Dad ist auf der Intensivstation. Ich bin unterwegs, um dich abzuholen.«
Tess Herz setzte aus. »Was ist passiert?«
»Er hatte wieder einen Herzanfall, Liebes. Einen schlimmen. Deine Mom hat Vito angerufen, und er wollte dich nicht wecken, weil es vielleicht nicht nötig sein würde, aber es ist doch schlimmer als gedacht.«
»O Gott, o Gott.« Tess sprang aus dem Bett und sah sich desorientiert um. »Ich brauche meine Schuhe. Wo sind meine Schuhe? Wo bist du?«
»Ich biege gerade in Aidans Straße. Komm raus, und ich fahre dich zum Krankenhaus.«
Tess rannte mit heftig hämmerndem Herzen los.
Halt aus, Dad.
Amys Wagen stand auf der Auffahrt, und Tess sprang hinein. »Fahr los!« Amy tat es, während Tess ohne Erfolg versuchte, wieder richtig zu Atem zu kommen. »Ich krieg kaum noch Luft. Verdammt. Ich muss Aidan anrufen.« Sie tastete nach ihrem Handy, aber ihre Finger wollten ihr nicht gehorchen.
Amy fuhr an den Straßenrand. »Tess, du musst dich beruhigen.«
»Warum hältst du an? Jetzt fahr doch, verdammt noch mal.«
»Gib mir dein Handy. Ich wähle. Und du entspannst dich, oder du kriegst auch einen Herzanfall.« Sie legte ihre Hand auf Tess’ Hand. »Du machst ihn fix und fertig, wenn du so zu ihm gehst.
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