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Nie Wirst Du Entkommen

Nie Wirst Du Entkommen

Titel: Nie Wirst Du Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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Ordnung. Die würden sie nicht kriegen. Nicht heute jedenfalls.
    Ihr Puls raste noch immer, aber sie konnte wieder atmen. »Gott, Jon.«
    Jon Carter hielt ihr Gesicht in seinen Chirurgenhänden und strich ihr mit den Daumen über die Wangenknochen, wartete, bis sie sich wieder gefangen hatte. Tess nickte zitternd und ließ sich in ihrem Stuhl zurücksinken. Auch er holte sich einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf, ohne sie aus den Augen zu lassen.
    »Alles in Ordnung. Ich habe nur schlecht geträumt.«
    »Aha.« Er legte ihr die Finger an die Halsschlagader und fühlte ihren Puls, während er lautlos zählte.
    »Ich sagte, alles in Ordnung.« Sie schob sich das Haar aus dem Gesicht. »Nur ein Alptraum.«
    »Du hast so laut geschrien, dass ich dich draußen im Hausflur gehört habe. Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt. Nur gut, dass ich einen Schlüssel habe. Ansonsten hätte ich wahrscheinlich die Bullen gerufen.« Er schauderte. »Es hörte sich an, als ob man dich bei lebendigem Leibe ausnehmen wollte.«
    Sie schreckte zurück, die Erinnerung an das klopfende Herz aus ihrem Traum war noch sehr lebendig. »Das ist nicht lustig, Jon.«
    »Das sollte es auch nicht sein.« Seine sandfarbenen Brauen zogen sich besorgt zusammen. »Das muss ja ein doller Traum gewesen sein. Was ist passiert?«
    Tess stand auf, wütend, dass ihre Knie sich butterweich anfühlten. »Warum bist du überhaupt hier?«
    »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du hast Amy vom Lunch abberufen und keinem von uns gesagt, was los ist oder ob es dir gut geht. Ich habe am Nachmittag mehrmals versucht, dich anzurufen, und als ich dich nicht erreichen konnte, bin ich lieber nach meiner Schicht vorbeigekommen.«
    »Ich habe die Klingel abgestellt, damit ich schlafen konnte.«
    »Du schläfst aber nicht«, stellte er fest.
    Sie hatte es versucht, mehrmals. Aber der verdammte Traum hatte sie immer wieder gestört. Allerdings hatte sie ihres Wissens bisher noch nicht geschrien. »Na ja, gerade eben schon.«
    »Ach ja. Am Tisch, mit dem Gesicht auf der Laptoptastatur. Ich schätze, dein Sabber ist gar nicht gut für all den elektronischen Krimskrams da drin. Was ist denn bloß los, Tess?«
    Sein Blick folgte ihr, als sie versuchsweise einen Schritt in Richtung Küche machte. »Hat Amy nichts gesagt?«
    »Nö. Sie meinte bloß, du hättest irgendwo festgesessen, also hat sie dich abgeholt, nach Hause gebracht und ins Bett gesteckt. Aber ich gehe davon aus, dass das nicht einmal die Hälfte der Geschichte ist.«
    »Ah. Die Schweigepflicht der Anwältin. Also kann sie doch ein Geheimnis für sich behalten. Gut zu wissen.« Tess schaffte es bis zum Kühlschrank und hielt sich, noch immer zitternd, an der Tür fest. »Ich brauch ein Glas Wein. Du auch?«
    Er war ihr gefolgt und stand nun im Bogendurchgang zur Küche. »Nein. Was meinst du damit, die Schweigepflicht der Anwältin? Amy hat gesagt, dein Wagen ist liegen geblieben.«
    »Amy ist in ihrer Rolle als Verteidigerin diskret gewesen, wie es sich für ihren Beruf gehört.« Tess fand den Korkenzieher und war froh, etwas zu haben, mit dem sie ihre zitternden Hände beschäftigen konnte. »Sieht aus, als sei ich eine Verdächtige.«
    Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Verdächtig, wie in ›verdächtig in einer Straftat‹?«
    Tess stieß ein nervöses Schnauben aus, das ein Lachen hätte sein sollen, und zog den Korken aus der Flasche. »Wie in einem Riesenschlamassel von einer Straftat, Jon. Kannst du mir vielleicht eingießen? Meine Hände wollen nicht richtig.« Er schenkte ihr ein Glas ein, das sie mit drei Schlucken austrank. »Mehr.«
    Er gehorchte schweigend, und sie nahm das Glas mit zum Wohnzimmertisch, wo sie erschöpft auf einen Stuhl sank. »Eine meiner Patientinnen hat gestern Nacht Selbstmord begangen.«
    »Deswegen hast du mich gestern noch angerufen? War das die Frau, zu der du nicht alleine fahren wolltest?«
    Sie machte mit der Hand eine fahrige Geste. »Ja, aber das wäre sowieso passiert, also fühl dich bloß nicht schuldig. Setz dich, Lieber. Ich erzähl dir eine Geschichte.«
    Er setzte sich, und sie erzählte ihm alles, bis hin zu Reagans anklagendem Blick aus seinen blauen Augen und der jungen Reporterin, die sie an der Tür abgefangen hatte.
    Eine lange Weile sagte er nichts. Dann schnaubte er. »Das ist doch total bescheuert.«
    Tess lachte. »Ich finde, das trifft es ganz gut.« Sie schob ihr Glas über den Tisch, so dass es gegen die Flasche stieß, die

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