Nie Wirst Du Entkommen
Unglück geschieht.«
Spinnelli trat zwischen sie. »Klingt wie eine gute Idee. Sie sind jetzt bereit für Sie, Tess. Bringen wir es hinter uns.«
Jack trat durch die Tür. »Sie wissen, was Sie zu tun haben, Tess?«
Sie holte tief Luft. »Ich soll dieselben Worte sagen, wie ihr sie auf dem Anrufbeantworter gefunden habt. Ich kenne die Vorgehensweise, Jack.«
»Dann wissen Sie auch, dass dies keine exakte Wissenschaft ist. Wir vergleichen die visuellen Ausdrucke, dann werden unsere Experten eine auditorische Analyse machen. Sie müssen außerdem in verschiedenen Tonhöhen sprechen. Aber bei allen Bemühungen kann es sein, dass wir letztlich doch nichts Definitives haben.«
»Ich dachte, dein Mann sei gut«, sagte Murphy mit angespannter Stimme.
»Das bin ich auch.« Die Stimme kam aus dem Studio, und alle drehten sich um. Der Mann öffnete die Tür und lehnte sich dagegen.
»Das ist Sergeant Dale Burkhardt«, sagte Jack. »Er ist mein Gegenstück in der technischen Abteilung. Er hat mit Forschung und Entwicklung aller neuen Spielzeuge, die wir einsetzen, zu tun. Dale entspricht FBI -Standard. Er
ist
verdammt gut.«
Burkhardts Lippen zuckten. »Süßholzraspeln gleicht die Rechnung nicht aus, Jack. Du schuldest mir trotzdem noch was.« Er wandte sich an Murphy. »In der Theorie sind keine zwei Stimmen gleich. Sie entstehen in der Kehle, mit den Stimmbändern, durch die Mundbewegungen. Stimmimitatoren sind dennoch schwer zu entdecken, weil sie zwar vielleicht andere anatomische Voraussetzungen haben, sie aber die Lippenbewegungen und die Zungenposition genau studieren und … imitieren. Das heißt, diese Aspekte werden gleich ausfallen.« Seine Erklärung war freundlich gemeint, und an jedem anderen Tag hätte Tess gelächelt. Aber nicht heute. Zu viel hing von dieser Analyse ab. »Dr. Ciccotelli, wenn Sie so weit sind, können wir anfangen.«
Sie folgte Burkhardt hinein und setzte sich auf den Stuhl, den er ihr anwies. Ein Stapel Karteikarten lag neben dem Mikrofon auf dem regalartigen Tisch, der sich durch den ganzen Raum zog. Auf der obersten Karte stand die Nachricht von Cynthia Adams’ Anrufbeantworter. Mit einem zittrigen Nicken nahm Tess die Karte in die Hand. »Anfangen?«, fragte sie.
»Warten Sie, bis ich draußen bin.« Er setzte sich an die Instrumentenkonsole vor der großen Scheibe und bedeutete ihr anzufangen. Sie versuchte es, aber ihre Stimme brach, und sie schloss die Augen. Diese scheußlichen Worte noch einmal zu hören, weckte die Erinnerung an Cynthia Adams, die sie hörte und in ihrem benebelten Zustand glaubte.
Burkhardts Stimme klang kratzig über die Lautsprecher. »Bitte noch einmal von vorne, Doktor.« Einen Moment lang herrschte Stille, dann setzte der Techniker freundlicher hinzu: »Versuchen Sie, nicht an das Opfer zu denken. Sprechen Sie die Nachricht so, als ob Sie jemanden überzeugen wollten. Samtiger.«
Samtiger. Tess straffte die Schultern und las noch einmal.
»Schon besser, aber noch einmal. Samtiger.«
Sie las ein drittes Mal, blickte zwischendrin auf und begegnete Aidan Reagans Blick. Er nickte ihr aufmunternd zu. »Sehr gut«, formte er mit den Lippen.
Ihre Nerven flatterten noch immer, aber die Übelkeit war abgeebbt, so dass sie den Tonfall der Anrufer einigermaßen nachahmen konnte. Nach dem Text widmete sie sich den anderen Karten, auf denen eine Reihe von unterschiedlichen Wörtern standen, mit denen Laute und Stimmlagen überprüft werden sollten. Sie las alle vor und begann dann noch einmal von vorne. Und immer wieder sah sie zwischendurch zu Reagan, der ihr jedes Mal zunickte. Er lächelte nicht, sagte auch kein weiteres Wort mehr. Dennoch fühlte sie sich diesseits der Scheibe nicht mehr ganz so einsam.
Schließlich hatte sie es geschafft. Burkhardt stand auf, ohne dass in seiner Miene etwas zu lesen war. »Vielen Dank, Doktor. Sie können jetzt herauskommen.«
Tess gehorchte. Ihre Hände und Knie waren zittrig, aber durch pure Willenskraft gelang es ihr, sie zur Ruhe zu zwingen. Die Männer hatten sich um den Computermonitor versammelt. Keiner begegnete ihrem Blick. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. »Und?«
Jack schüttelte den Kopf. »Es ist dicht dran, Tess. Wirklich dicht dran.«
Langsam atmete sie aus. Was hatte sie denn erwartet? Die Stimme auf dem Anrufbeantworter war ihrer ähnlich genug gewesen, um damit ihre eigene Mutter übers Ohr hauen zu können. »Tja, nun. Und jetzt?«
In Burkhardts Blick lag eine Mischung aus Respekt und
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