Nie wirst du vergessen
einigen Monaten ist Weihnachten. Die richtige
Zeit für rührselige Geschichten in den Zeitungen. Wir könnten Werbung gut
gebrauchen."
„Nein, solche jedenfalls nicht."
„Da haben wir wieder dein wirkliches Problem, nicht
wahr?", rief Joshua erregt. „Dir ist die Kanzlei verdammt gleichgültig.
Und nicht nur die Firma, sondern auch alles andere."
„Immerhin ist es mir gelungen, deinen Kopf zu retten."
Zachary warf sich auf die Couch und massierte seine verspannten Muskeln.
„Ja, weil du dich dazu verpflichtet fühltest."
„Vielleicht. Ist ja auch nicht wichtig. Wenn ich dich
nicht aus dem Schlamassel herausgeholt hätte, wärst du jetzt wahrscheinlich auf
der anderen Seite des Gesetzes. Du bist damals auf dem besten Weg in die
Kriminalität gewesen."
„Nun ja ... und falls ich es noch nicht gesagt haben
sollte: Danke, Zachary."
Zachary grinste gutmütig. „Du bist wirklich verdammt
gerissen."
„Ich hatte einen guten Lehrer."
Beide Männer lachten und nahmen dann schweigend das
aus Sandwiches bestehende Abendessen zu sich.
Später
fuhr Joshua in die Stadt zurück. Zachary warf alle Bedenken über Bord und
beschloss, zu Lauren zu fahren.
Das
Fernsehinterview hatte Lauren mehr Nerven gekostet, als sie geglaubt hätte.
Todmüde kam sie nach Hause und stellte das Foto auf seinen alten Platz. Dann
zog sie den Mantel aus und lehnte sich erschöpft an die Wand.
„Hoffentlich habe ich das Richtige getan", flüsterte
sie vor sich hin und kämpfte gegen ihre Niedergeschlagenheit an.
Bevor Lauren das Feuer im Kamin ansteckte, legte sie
ihre Bürokleidung ab, zog ihre Lieblings) eans und einen weichen Pullover über.
Anschließend bereitete sie das Abendessen zu. Als sie damit fertig war, brannten
die Scheite im Kamin bereits hell lodernd. Der würzige Duft brennenden Holzes
durchdrang die Luft des Wohnzimmers.
Lauren streifte die Schuhe ab und setzte sich im
Schneidersitz in den bequemsten Sessel. Sie legte sich eine ausgebleichte warme
Decke über den Schoß und nahm den Kriminalroman, den sie vor einiger Zeit zu
lesen begonnen hatte, vom Tisch. Doch es gelang ihr trotz aller Versuche nicht,
sich auf den Inhalt des Romans zu konzentrieren.
Immer wieder wanderten ihre Gedanken zu Zachary
Winters. Hatte er gesehen, wie sie vor der Kamera ihren Fall vortrug? Was
würde er dazu sagen, dass sie an die Öffentlichkeit gegangen war? Oder interessierte
es ihn überhaupt nicht mehr?
Wahrscheinlich nicht. Er hatte ihr ja sehr deutlich
klargemacht, dass er nicht beabsichtigte, ihr zu helfen. Bestimmt war er sehr
erleichtert, dass er sich mit dieser Sache nicht mehr zu beschäftigen brauchte.
Doch sie konnte trotz allem nicht glauben, dass
Zachary Winters ein Egoist war und sich ausschließlich mit seinen eigenen
Problemen befasste. Nein, wenn er ihr hätte helfen können, hätte er es getan.
Sie hatte das Mitgefühl und das tiefe Bedauern in seinen dunklen Augen ja
selbst gesehen. Auch den Schmerz, als er ihr sagte, dass er keine Hinweise entdeckt
habe, die zu ihren Kindern führen könnten. Ganz gleich, ob er es zugab oder
nicht, Zachary Winters teilte ihre Sorgen.
Plötzlich zuckte Lauren zusammen. Ihr war bewusst
geworden, dass sie im Begriff stand, sich in den attraktiven Mann mit dem
schiefen, gewinnenden Lächeln und den dunklen Augen zu verlieben. Als er ihren
Fall ablehnte, war sie verzweifelt und verletzt gewesen. Nun erkannte sie die
Wahrheit. Irgendwie war sie auch darüber enttäuscht, dass sie Zachary in
Zukunft nicht mehr wiedersehen würde.
Sei nicht kindisch, ermahnte sie sich energisch. Die
Gefühle, die sie ihm entgegenbrachte, hatten nichts mit Verliebtheit zu tun.
Sie verwechselte offensichtlich ihre Hoffnung, dass er ihr beistehen und
helfen würde, mit etwas anderem. Es ging ihr doch einzig und allein um die Kinder.
Und weil Zachary ihre einzige Hoffnung war, hatte sie sich tatsächlich
eingeredet, in ihn verliebt zu sein.
„Du bist dumm, Lauren Regis", beschuldigte sie
sich im Selbstgespräch. „Du müsstest doch aus deiner Erfahrung mit Doug und
Tyrone Robbins gelernt haben." Bei dem Gedanken an ihren geschiedenen
Mann und Tyrone Robbins, der Doug so sehr ähnelte, fing sie an zu zittern. Was
für ein Witz zu glauben, dass sie sich nach dem schlimmen Erlebnis mit Tyrone
Robbins in Zachary Winters verliebt haben könnte.
„Verdammt, Lauren, du bist ja gar nicht in ihn verliebt!",
rief sie laut, wie um sich zu überzeugen. „Du brauchst ihn nur, um deine Kinder
wiederzubekommen.
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