Niedersachsen Mafia
lächelte immer noch. »Ich vermute … Tierkreiszeichen Löwe, so wie
Sie fauchen. Dann habe ich das richtige Präparat in der richtigen Dosierung
gewählt.«
»Was soll das? Warum haben Sie das gemacht?«
»Hätten Sie sonst so gut geschlafen?«, antwortete er mit einer
Gegenfrage. »Sie sind ausgeruht und erholt.«
»Was soll das Ganze?«
» Sie haben sich mir aufgedrängt«, erinnerte er sie an den Vortag, »Dafür
haben wir aber einen schönen Abend verbracht.«
»Wer sind Sie?«
Er lächelte. Dieses fast überheblich wirkende Lächeln, der leicht
ironische Zug um seinen Mund, reizte Frauke.
»Georg.« Dabei verbeugte er sich leicht. »Aber das haben Frau
Hauptkommissarin doch schon gestern in Erfahrung gebracht.«
Frauke stutzte. Sie hatte mit keiner Silbe erwähnt, dass sie
Polizistin war. »Woher wissen Sie das?«
Er ließ nicht von seinem spöttischen Dauerlächeln ab und zeigte an
ihr vorbei in Richtung Bibliothek.
Meine Handtasche!, schoss es Frauke durch den Kopf. Sie drehte sich
auf dem Absatz um und eilte in den Raum, der tadellos aufgeräumt war. Die
Terrassentür war einen Spaltbreit geöffnet, und die frische, noch etwas kühle
Luft des Spätsommers strömte in den Raum. Die Tasche lag neben dem Sessel, in
dem sie gestern gehockt hatte. Rasch öffnete sie das Behältnis und untersuchte
den Inhalt. Pistole, Ausweispapiere, Handy, Portemonnaie. Alles war vorhanden.
Sie kontrollierte die Anzahl der Patronen. Auch das stimmte. Von ihrem Handy
war nicht telefoniert worden. Es lagen auch keine Anrufversuche vor. Auf die
Kontrolle der Geldbörse verzichtete sie.
Georg stand an den Türrahmen gelehnt. »Ich mache andere Sachen,
raube aber keine Handtaschen aus«, sagte er.
Frauke griff entschlossen ihre Tasche und klemmte sie sich unter den
Arm. »Ich werde gehen.«
Georg schüttelte den Kopf, ohne seinen Platz zu verlassen. »Nein«,
sagte er.
Blitzschnell fasste Frauke nach der Waffe und richtete sie auf den
Mann. »Geben Sie den Weg frei.«
Er fing schallend an zu lachen, ohne sich durch ihre Drohgebärde
beeindruckt zu zeigen.
»Was soll das?«, fragte er und zeigte auf die Pistole. »Wie wird das
geahndet? Mundraub mit vorgehaltener Pistole? Sie bekommen auch ohne Einsatz
von Waffengewalt Frühstück.« Er drehte sich um und kehrte ihr den Rücken zu.
»Kommen Sie. Es ist gedeckt.«
Frauke steckte ihre Waffe wieder in die Tasche und folgte ihm in das
Esszimmer. Tatsächlich war für zwei Personen eingedeckt. Auf dem Tisch standen
zwei Platten mit Wurst und Käse, Honig, Marmelade, ein gekochtes Ei und frisch
gepresster Orangensaft.
Georg setzte sich, schenkte Kaffee ein und sagte: »Ihre Präferenzen
beim Genuss von Tee kenne ich ja nun. Wie Sie den Kaffee trinken, werden Sie
mir jetzt verraten. So lerne ich Sie Stück für Stück besser kennen.«
Frauke nahm Platz und aß. Das Ei war auf die Minute genau wachsweich
gekocht, der Schinken hauchfein geschnitten und so zart, dass er auf der Zunge
zerging, und die Salate stammten mit Sicherheit aus einem Delikatessengeschäft.
»Wollen Sie mich damit beeindrucken?«, fragte sie zwischen zwei
Bissen.
»Kann man das?«, erwiderte er.
»Wenn Sie wissen, dass ich Polizistin bin, können Sie mir vielleicht
sagen, ob Sie dieses Motorrad kennen?« Sie holte die Fotografie von
Stupinowitschs Maschine heraus.
Georg warf einen flüchtigen Blick darauf. »Eine Moto Guzzi«, stellte
er fast beiläufig fest.
»Sie kennen das Krad?«
Er nickte. »Die Moto Guzzi – ja.«
»Auch diese bestimmte Maschine?«
»Das kann ich anhand einer Fotografie nicht sagen«, antwortete er
lapidar und aß weiter.
Nach dem Frühstück wollte Frauke gehen, aber Georg ließ sie nicht.
Er holte einen Schutzhelm, nötigte Frauke, ihn auszuprobieren und führte sie
zum Motorrad. Sie erklomm den Sozius, klappte das Visier ihres Helms herunter
und klammerte sich bei Georg fest. Ihre Hoffnung, durch die Fahrt Aufschluss
über ihren Aufenthaltsort zu erhalten, wurde aber nicht erfüllt. Das Visier war
so dunkel, dass sie so gut wie nichts erkennen konnte. Erst als sie durch die
Welfenstraße am markanten Gebäude der Polizeiinspektion Ost vorbeifuhren, fand
sie die Orientierung wieder. An der nächsten Ecke bog Georg in die
Schützenstraße ab und hielt nach wenigen Metern vor dem Landeskriminalamt. Er
half ihr vom Sozius und befreite sie vom Helm. Als sie hinters Motorrad gehen
und einen Blick auf das Kennzeichen werfen wollte, hielt er sie am Ärmel fest.
»Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher