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Niedersachsen Mafia

Niedersachsen Mafia

Titel: Niedersachsen Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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und Magensaft
miteinander verwirbelt werden.« Er erhob sich. »Ich habe kein Talent in der
Küche. Wenn Sie nicht anspruchsvoll sind, würde ich mich aber dort versuchen.
Wollen Sie sich inzwischen ein wenig frisch machen?«
    Frauke folgte ihm ins Obergeschoss. Er führte sie zu einer Tür,
hinter der ein kleiner Flur lag. Von dem zweigte ein Gästezimmer ab, das im
Unterschied zur düster wirkenden Bibliothek mit weißen Einbaumöbeln und zwei
Rattansesseln ausgestattet war. Auch das Badezimmer war in freundlichen hellen
Farben gefliest. Frauke versuchte, aus dem Dachschrägenfenster einen Blick zu
erheischen, um Aufschluss über ihren Standort zu erzielen, konnte aber hinter
der nächsten Häuserreihe nur ein weitgestrecktes Feld entdecken, das kein Ende
zu nehmen schien.
    Sie verschloss zunächst die Flurtür, dann das Badezimmer. Ihre Waffe
lud sie durch und legte sie unter einem Handtuch versteckt auf den Hocker vor
der Duschkabine. Dann ließ sie das warme Wasser über ihre Haut rauschen und
fühlte sich anschließend herrlich vitalisiert.
    Georg empfing sie am Fuß der Treppe und geleitete sie in ein Esszimmer,
in dessen Mittelpunkt ein langer Tisch stand, an dem acht Personen Platz finden
konnten. Georg hatte an einem Ende für zwei Personen gedeckt. Fraukes Blick
blieb an dem silbernen Kerzenleuchter haften, wanderte über das erlesene
englische Porzellan aus der gleichen Serie, die sie vom Tee her kannte, zum
schweren Silberbesteck, den beiden Kristallgläsern und zum Dekantiergefäß, in
dem ein Rotwein schimmerte. Georg geleitete sie an einen Platz, schob ihr den
Stuhl zurecht und entschuldigte sich, um kurz darauf mit einem Servierwagen
zurückzukehren, auf dem er Platten mit Leckereien aus dem Meer, von der
Fleisch- und von der Käsetheke gezaubert hatte. Er merkte mit einem leisen
Lächeln Fraukes Erstaunen an.
    »Sie scheinen über viele Talente zu verfügen«, sagte Frauke.
    »Ich selbst mag darüber kein Urteil fällen«, erwiderte er, schwenkte
das Dekantiergefäß und schenkte sich ein, hielt das Glas gegen die Kerze und
prüfte das Rubinrot. Er nahm einen Schluck, ließ ihn im Mund rollen, zog
schmatzend Sauerstoff durch die gespitzten Lippen und nickte zufrieden. »Ich
nehme mir die Freiheit, einen Schluck zu trinken, da ich nicht glaube, dass Sie
sich heute noch meinen Fahrkünsten anvertrauen möchten.« Dann prostete er
Frauke zu.
    Sie probierte den Rotwein, der vollmundig war, einen samtenen
Eindruck vermittelte und ohne Kratzen im Rachen einen runden Abgang hinterließ.
    »Ich hoffe, er sagt Ihnen zu.« Dann forderte Georg sie auf,
zuzugreifen.
    Sie ließen sich viel Zeit beim Essen. Der Mann war ein charmanter
und unterhaltsamer Plauderer. Er konnte ebenso ausführlich über die kulturelle
Szene der Landeshauptstadt plaudern wie über die deutsche Theaterlandschaft,
war in Literatur ebenso bewandert wie in der Musik, berichtete mit einem
besonderen Glanz in den Augen von den Menschen und ihren Gewohnheiten in
England und Amerika, wo er vorgab gelebt zu haben, und erwies sich als
aufmerksamer Gastgeber.
    Obwohl Frauke verschiedene Versuche unternahm, ihm Persönliches zu
entlocken, seinen Zunamen oder den Beruf in Erfahrung zu bringen, gelang es ihr
nicht. Auf höfliche, aber bestimmte Weise wich er immer wieder aus und schien
dabei eine klammheimliche Freude zu empfinden. Umgekehrt unternahm er keinen
einzigen Versuch, Frauke auszuhorchen. Diese Tatsache schärfte ihre Sinne, denn
es konnte nur bedeuten, dass sie ihm nicht unbekannt war. Trotz des genossenen
Weines war sie vorsichtig, stets darauf gefasst, dass Georgs freundliche
Haltung umschlagen könnte. Aber er machte während des ganzen Abends nicht einen
Versuch, ihr näher zu kommen, weder verbal noch handgreiflich.
    Irgendwann überkam sie relativ plötzlich eine unstillbare Müdigkeit.
Es war nicht die Wirkung des Rotweins, die sich langsam angekündigt hätte,
sondern eine bleierne Schwere, die das Rückgrat heraufgekrochen kam, sich über
die Schulter und den Nacken ausbreitete, die Oberarme erfasste und bis zu den
Ellenbogengelenken reichte. Sie sah auf ihre Hände, die sich mühelos bewegen
ließen. Die Schwere zog den Hals empor, teilte sich im Genick und wanderte an
den Wangen entlang zur Schläfe. Es war, als wenn eine Teillähmung Augenlider
und Lippen erfasste und schließlich auch ihr Gehirn nicht ausließ.
    »Kommen Sie«, sagte Georg wie durch eine Nebelwand, stand auf und
stützte sie auf seinem Arm. Willenlos folgte

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