Niedersachsen Mafia
Verkehr.«
Unter den spöttischen Blicken seiner beiden Kollegen trottete
Putensenf aus dem Raum.
»Ich besorge uns noch einen Kaffee«, sagte Madsack und folgte ihm.
Kurz darauf kehrte er mit zwei Bechern zurück. Frauke war nicht überrascht,
dass er auch eine Rolle mit Schokolade gefüllter Kekse dabei hatte. Dann
begannen die beiden die Vorbereitungen für den abendlichen Einsatz.
Die Nacht war hereingebrochen. Frauke war immer wieder überrascht,
wie dunkel es um diese Zeit in Hannover war. Im heimischen Flensburg zeichnete
sich stets noch ein Schimmer Restlicht des Tages am Horizont ab. Dafür hing
hier über der ganzen Stadt eine Lichtglocke, die sich in ihrer Intensität doch
erheblich von Flensburg unterschied.
Kriminaloberrat Ehlers hatte sich Fraukes Vortrag geduldig angehört,
nachdem sie gemeinsam mit Madsack das Konzept erarbeitet hatte. Er hatte den
fast kahlen Kopf bedenklich gewiegt, sie gelegentlich mit einer
Verständnisfrage unterbrochen und schließlich mit einem Blick auf die Uhr
gemeint: »Das können wir in der Kürze der Zeit nicht mehr organisieren.«
»Doch«, hatte Frauke geantwortet. »Das haben wir schon. Uns fehlt
nur noch Ihre Zustimmung.«
»Ich hätte es für angebrachter gehalten, wenn Sie mich vorher gefragt hätten.«
»Dann hätte ich Ihnen aber noch keinen fertigen Plan vorlegen
können«, hatte Frauke erwidert. »Es war nicht absehbar, ob wir alle benötigen
Ressourcen auch zusammenbekommen.«
Ehlers hatte nicht einmal Fraukes Aufzeichnungen zur Hand genommen.
»Da fahren Sie ein ganz großes Geschütz auf. In einer stillen Stunde müssen Sie
mir verraten, wie Sie als Neuling in Hannover und ohne langjährige Beziehungen
die ganzen beteiligten Stellen zur Teilnahme animieren konnten.«
Als Antwort hatte Frauke es bei einem Lächeln belassen. Schließlich
hatte Ehlers genickt und ihr viel Erfolg gewünscht.
Auf dem Platz vor dem unscheinbaren Eingang zum Landeskriminalamt
stauten sich die Einsatzfahrzeuge. Irgendjemand hatte den Scheinwerfer an der
Fassade des eingeschossigen Baus angeschaltet. Auf der gegenüberliegenden
Straßenseite standen neugierige Bewohner der Häuser an ihren Fenstern und
bestaunten die Szene.
Frauke stand mit den Einsatzleitern der Schutzpolizei und der
Fahndungsgruppe Schwarzarbeit des Zolls zusammen und ging noch einmal die
Vorgehensweise durch. Die Männer nickten, bevor sie in ihre Fahrzeuge stiegen
und sich die Kolonne auf den Weg machte.
Putensenf hatte neben Frauke im Fond des VW Variant Platz genommen. Er würdigte sie keines Blickes.
Deutlich war ihm anzumerken, dass er immer noch beleidigt war über den
Sonderauftrag »Kaugummisuche« in der Lister Meile, obwohl Frauke ihn
ausdrücklich gelobt hatte, nachdem Putensenf und die beiden Spurensicherer nach
zwei Stunden mit einer Ausbeute von vier durchgekauten Gummis zurückgekommen
waren.
Frauke wunderte sich darüber, wie oft man mit geschlossenen Augen
durch die Stadt läuft. Wer achtete auf Kaugummi, das auf dem Bürgersteig klebt,
wenn er nicht aus Versehen hineintrat und die zähe Masse sich im Profil des
Schuhs festsetzte? Und Putensenf hatte gleich vier Stück sichergestellt. Sie
warteten in der Forensik auf die Gegenprobe, die Trapattoni zu entnehmen war.
Frauke tippte Schwarczer auf die Schulter, der am Steuer saß. »Wir
hatten noch keine Gelegenheit … Waren Sie im italienischen Restaurant
erfolgreich?«
Sie sah, wie der Kommissar kurz in den Rückspiegel blickte und dann
erklärte: »Der elegante Mann war schon zwei, drei Mal dort, immer in Begleitung
von Stupinowitsch, der dort anscheinend öfter verkehrt. Das Personal konnte
sich daran erinnern, da sowohl der Mann wie Dottore Carretta sich mit den
Mitarbeitern in ihrer Muttersprache unterhielten. Rossi war nur einmal dort, so
glaubt man, und zwar an dem besagten Abend, als Sie die Gesellschaft dort
angetroffen haben. Der Kellner hat mitbekommen, wie Rossi den Unbekannten mit
›Don Mateo‹ angesprochen hat, eine durchaus nicht mehr häufig anzutreffende
Ehrbezeugung.«
»Galt das auch für die beiden anderen?«
»Offenbar nicht«, erwiderte Schwarczer. »Rossi hat den Anwalt
›Dottore‹ genannt. Über den Umgang mit Stupinowitsch konnte der Kellner nichts
sagen.«
»Dann könnte der Unbekannte Mateo Zafferano sein. Das ist der
Inhaber des Importunternehmens. Das würde auch erklären, weshalb Rossi ihn
›Don‹ nennt. Der Mann ist sein Chef.«
»Heißen in mafiösen Strukturen nicht alle Bosse ›Don‹?«,
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