Niedersachsen Mafia
merkte
Putensenf an.
»Das ist eine schöne Legende«, sagte Madsack, dem Frauke
bereitwillig den Beifahrersitz überlassen hatte, da der korpulente
Hauptkommissar Schwierigkeiten gehabt hätte, sich auf die enge Rückbank zu
quetschen.
Es war nur ein kurzes Stück bis in die Reitwallstraße. Sie hatten
ein Fahrzeug mit drei uniformierten Polizeibeamten vorausgeschickt, die den
Hintereingang des Gebäudes zu einem umbauten Innenhof sichern sollten. Nach den
Informationen, die Madsack eingeholt hatte, gab es neben dem Haupteingang keine
weiteren Zugänge zu den Räumlichkeiten.
Die vier Fahrzeuge fuhren bis vor die Eingangstür des Sexclubs und
hielten mitten in der Fußgängerzone. Erst jetzt schaltete der Fahrer des VW -Bullis das Blaulicht ein.
Gespenstisch zuckten die Strahlenfinger über die Fassaden der Häuser. Hier
tauchten keine neugierigen Gesichter hinter den Fensterscheiben auf.
Hinter der angekratzten, dunklen Holztür des Clubs rührte sich
nichts. Für diese Unaufmerksamkeit würde der Türsteher Trapattoni sicher
einiges von seinem Boss zu hören bekommen, vermutete Frauke.
Die Polizisten mit ihren kugelsicheren Westen und den Helmen sahen
fast ein wenig unwirklich aus. Sie hatten sich im Halbkreis vor die Tür
gestellt und bildeten die erste Reihe.
Frauke machte den Einsatzleiter auf den Zugang zum Treppenhaus
aufmerksam, der ein Stück weiter ins Haus führte.
»Wir sollten damit rechnen, dass es noch einen Fluchtweg aus dem
Club dorthin gibt.«
Der Hauptkommissar nickte und gab dreien seiner Männer Anweisung,
sich dort zu postieren. Dann sprach er in sein Funkgerät und vergewisserte
sich, dass die Rückfront des Hauses gesichert war.
»Wir sind bereit«, sagte er zu Frauke. Die stand mit ihren Männern
in der zweiten Reihe.
Bis auf Madsack hatten sie ihre Dienstwaffen gezogen. Putensenf
wirkte auf Frauke ungewöhnlich nervös, während Thomas Schwarczer offenbar durch
nichts zu erschüttern war. Über Madsack musste sie lachen. Es sah aus, als
würde sich der Schwergewichtige klein machen und hinter Putensenf verstecken
wollen. In der dritten Reihe standen die Beamten des Zolls. Sie hatten ihre
Dienstwaffen nicht gezückt, waren aber ebenfalls mit schusssicheren Westen
geschützt.
Frauke sah noch einmal in die Runde, in die entschlossen wirkenden
Gesichter der Männer und vier Frauen, zwei davon unter den Polizisten und zwei
bei den Kollegen vom Zoll.
»Dann los«, sagte sie.
Einer der Beamten betätigte die Glocke. Nichts rührte sich. Das
hatte Frauke nicht anders erwartet. Die Polizisten hatten keine Anstrengungen
unternommen, sich zu verbergen. Nachdem der Beamte erneut die Türklingel in
Bewegung gesetzt hatte und es weiterhin stumm geblieben war, hämmerte der
Beamte mit dem Schlagstock aus Hartgummi gegen das Holz.
»Aufmachen, Polizei«, rief er laut.
Frauke hatte darum gebeten, dass bei dem Einsatz möglichst viel Lärm
gemacht und Aufmerksamkeit erzeugt werden sollte. Sie wollte eine
öffentlichkeitswirksame Aktion durchführen. Um die Geschäfte in Ruhe führen zu
können, war der Organisation daran gelegen, möglichst unauffällig zu bleiben.
»Auch hartnäckige Freier scheuen das Bordell, in dem die Polizei
eine Razzia durchführt. Mancher Kunde wird künftig verschreckt fortbleiben.
Dies wäre eine unliebsame Beeinträchtigung der Geschäfte«, hatte sie in der
Einsatzbesprechung erklärt. Und das wollte Frauke erreichen. Sie beabsichtigte,
die Kreise der Organisation an allen nur möglichen Stellen zu stören.
Die Tür blieb verschlossen. Mit einem breiten Grinsen hämmerte der
Polizist weiter gegen die Tür.
»Ich helf dir«, sagte ein Kollege und schlug ebenfalls gegen das Holz,
dass die Schläge von den Hauswänden widerhallten. Mit Genugtuung stellte Frauke
fest, dass jetzt doch ein paar Neugierige hinter den Gardinen Stellung bezogen
hatten und die wenigen Passanten, die hier unterwegs waren, ebenfalls mit
Interesse die Polizeiaktion aus sicherer Entfernung verfolgten.
»Wir hätten die örtliche Presse dazubitten sollen«, sagte Frauke zu
Madsack, der sich jetzt in ihrem Windschatten hielt. Sie hatte um diese Stunde
mehr Lebhaftigkeit in der Straße des Lasters erwartet. Es wirkte alles sehr
ruhig, fast ein wenig zurückgezogen. So als hätten sich die Bewohner, aber auch
die Gäste vor dem Polizeieinsatz in Sicherheit gebracht.
Plötzlich wurde ihre Aufmerksamkeit auf die drei Beamten gelenkt,
die das Treppenhaus bewachten. Ein Mann und in seinem Gefolge
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