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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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Lippen gelegt hatte. Nun fragte er sich, ob er das Ganze nur geträumt habe. Es hatte etwas Sinnliches gehabt, sicherlich, aber auf gewisse Weise auch etwas Zärtliches, und Letzteres hatte er nicht oft erlebt.
    Frisch geduscht und angezogen, zeigte ihm Vallance eine Stunde nach dem Frühstück eine rote Thomas-Cook-Tasche. »Hab Ihnen doch gesagt, dass ich einen ganzen Haufen Münzen habe«, sagte er.
    Raymond zog den Reißverschluss der Tasche auf und beim Anblick der vielen Gold-, Silber- und Bronzemünzen und kleinen Barren stieß er einen Pfiff aus. Einige der Barren klebten durch harte Ablagerungen aneinander. »Nicht schlecht«, kommentierte er.
    Â»Das kann man wohl sagen«, meinte Vallance. »Wollen wir jetzt aufbrechen?«
    Obwohl es nur ein kurzer Weg zum Yachthafen war, fuhr Raymond mit dem Wagen. Dort wurden sie von Quincy, einem nörgeligen Typ mit den erweiterten Äderchen des Alkoholikers im Gesicht, bereits erwartet.
    Er zeigte weder an Raymond Interesse noch am Zweck der Fahrt. Raymond vermutete, dass er dafür bezahlt wurde, die Klappe zu halten.
    Die Fahrt hinaus aus der Westernport Bay in Richtung Cornwall Group Islands nährte in Raymond ein Gefühl der Erwartung. Er spielte mit dem Silberdollar in seiner Tasche. Es ging nicht um Ehrgeiz, Leidenschaft oder Gier. Die großen Gefühle einzuordnen, damit tat er sich immer schwer, doch er konnte nicht leugnen, dass all seine Sinne hellwach waren, dass das Blut in seinen Adern unerbittlich pochte und dass er die kribbelnde Anspannung des Jägers spürte, der sich in der Nähe der Beute wusste. Geheime Schätze. Vergrabene Schätze. Er fühlte ein Prickeln auf der Haut. Seine Mutter hatte einmal gesagt: »Du bist mein Schatz.« Seltsam, dass er gerade jetzt daran denken musste. Er gehörte nicht zu denen, die sich Zeit für Rückschauen nahmen. Die Welt war voller angeknackster Menschen, die Reue über ihre Handlungen oder Unterlassungen empfanden. Es nutzte ihnen nichts. Sie hatten keine Ahnung, wie sie sich vergeben, wie sie sich akzeptieren sollten. Dann wieder war die Welt voller Ungeheuer, die Ungeheuer blieben, weil sie absolut kein Problem damit hatten, sich selbst zu vergeben.
    Raymond blinzelte, schüttelte die Gedanken ab und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt, auf den Trawler, auf dessen Deck er stand und der durch das milde Sonnenlicht fuhr. Die Bass Strait lag da wie ein Spiegel und Raymond war froh darüber, andernfalls hätte ihm sein Magen nämlich zu schaffen gemacht.
    Gut fünf Stunden später tauchten die Inseln auf. Quincy steuerte auf eine raue Passage zwischen den Riffen zu, um in die ruhigeren Gewässer dahinter zu gelangen.
    Raymond und Allie standen backbords, Vallance stand steuerbords und hielt nach Riffen Ausschau, während Quincy den Motor drosselte und durch die Passage fuhr. Das Schiff bewegte sich in einem Auf und Ab durch die aufgewühlte See; Raymond erschien das gefährlich und es bescherte ihm ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Doch Allie und Vallance standen sicher auf dem schwankenden Deck, also redete er sich ein, dass alles in Ordnung sei. Die Luft legte sich frisch und feucht auf sein Gesicht, er roch den Salzgehalt und sein Blick folgte den Seevögeln, die mit dem Wind über ihm dahinsegelten.
    Dann hatten sie die Passage hinter sich gelassen und glitten durch ruhige See. Graue Klippen, ein schmaler Streifen Kiesstrand, hier und da ein runder Fels, Kolonien Dunkler Sturmtaucher und ab und an erhaschte man einen Blick auf saftiges Grün auf den Klippen. Raymond legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein. Er fühlte sich lebendig, und dann stand plötzlich Allie hinter ihm. Ganz kurz nur legte sie die Arme um seine Taille und presste ihr Kinn zwischen seine Schulterblätter.
    Â»Ist das nicht großartig?«, sagte sie.
    Ihre Augen leuchteten voller Leidenschaft, Neugier und Lebensfreude. Es wirkte ansteckend. Raymond spürte das alberne Bedürfnis, die Hand auszustrecken und den nachlässig aufgetragenen Sunblocker auf ihrer Nase zu verreiben.
    Doch er grinste nur, ein flüchtiges Aufblitzen der Zähne. »Großartig.«
    Vallance warf Anker und kam zu ihnen herüber. Er lächelte; sein schmales Gesicht, seine drahtige Gestalt, alles drückte aus, wie sehr er den Augenblick genoss.
    Â»Das war ein Kinderspiel.«
    Â»Glück gehabt mit dem Wetter«, sagte

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