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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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Raymond bekam langsam Zweifel. Steer war vermutlich bereits über alle Berge. Hatte die große Flatter gemacht, zog sein eigenes Ding durch und wollte sich die alte Denise vom Hals schaffen, ohne vorher eine elende Litanei über sich ergehen lassen zu müssen.
    Um ein Uhr fragte Denise, zwei Wodka intus: »Wo wollen Sie hin?«
    Â»Raus«, sagte Raymond.
    Â»Wohin? Tony könnte kommen.«
    Â»Sehen Sie den Tatsachen ins Auge, Denise, er ist längst weg.«
    Und wieder entgleisten ihre Gesichtszüge. »Sagen Sie nicht so was. Warten Sie mit mir, bitte?«
    Er löste ihre Stummelfinger von seinem Arm. »Ich bin am frühen Abend zurück, okay? Ich kann hier nicht den ganzen Tag rumhängen. Hab Sachen zu erledigen. Hab mein eigenes Leben, verstehen Sie.«
    Â»Sie wurden dafür bezahlt, sich um mich zu kümmern.«
    Raymond zeigte auf die Wodkaflasche. »Saufen Sie sich die Hucke voll. Das betäubt den Schmerz.«
    Er ließ eine zerknitterte Denise zurück und bretterte mit dem Jaguar in die Stadt. In seiner Wohnung warf er sich in Schale, ging ins Casino und fühlte sich kribbelig wie ein Schuljunge, der auf jemanden scharf war.
    Aber Allie war nicht da. Und auch Vallance nicht.
    Und so saß er voll angestauter Wut an seinem Tisch, verspielte ein Drittel der fünfzehntausend Dollar, die Chaffey ihm im Voraus gezahlt hatte, und besaß am Ende nicht annähernd die Summe, die er Vallance zugesagt hatte.
    Das Haus in Warrandyte war dunkel, als er zurückkam. Raymond war jetzt in einer Scheiß-drauf-Stimmung und betrat das Haus, nachdem er die Ruger geladen und einen Schalldämpfer aufgeschraubt hatte.
    Im Haus stank es, als hätte Denise aus Verzweiflung und in selbst gewählter Isolation den ganzen Tag über getrunken, zu deprimiert, um das Licht anzuschalten, als die Sonne unterging.
    Oder aber die Cops waren da gewesen. Oder Steer wartete mit einer kleinen Überraschung für ihn auf.
    Raymond tastete sich an der Wand entlang durch das dunkle Haus und ließ die bittere Enttäuschung des Nachmittags das Feld räumen, damit sie aufs Äußerste gespannten Nerven und absoluter Bereitschaft Platz machte. Er hörte Dielen knarren, sah die Silhouette im Mondlicht hinter dem Fenster und hob die Ruger, um abzudrücken.
    Aber es war eine völlig benebelte Denise. »Tony!«, lallte sie.
    Raymond tastete mit der Hand nach dem Lichtschalter. Er konnte ihn nicht finden, also zwang er seine Augen, sich an das schwache Mondlicht zu gewöhnen, das durch die dichten Bäume vor dem Haus hereinsickerte. »Knapp daneben.«
    Sie kam quer durch den Raum auf ihn zu und schien nichts begriffen zu haben.
    Â»Ray? Haben Sie Tony mitgebracht?«
    Â»Schnallen Sie’s doch endlich, Denise. Er hat ’ne Fliege gemacht.«
    Sie fing an zu jammern. Nie zuvor hatte Raymond jemanden derart jammern hören. Es attackierte ihn wie ein Migräneanfall, erzeugte ein Gefühl, als würde man mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzen. Er hielt sich die Ohren zu, um es nicht länger hören zu müssen, dabei schlug die Ruger gegen seinen Kopf. »Aua. Würden Sie bitte damit aufhören!«
    Etwa einen Meter entfernt von ihm blieb sie stehen, mit offenem Mund und tränenüberströmtem Gesicht. »Er liegt irgendwo, ist verletzt, ich weiß es.«
    Â»Kriegen Sie sich wieder ein, Denise.«
    Sie wollte sich umdrehen. »Ich sollte die Krankenhäuser anrufen.«
    Raymond riss sie am Arm herum. »Ja, genau, und wenn Sie schon mal dabei sind, rufen Sie auch gleich die Bullen an.«
    Sie fiel in sich zusammen, rappelte sich jedoch wieder und sagte verschlagen: »Sie haben doch ein Telefon im Auto.«
    Â»Vergessen Sie’s.«
    Sie drängte sich an ihn. »Nur ein paar Anrufe, ich werde auch unsere Namen nicht nennen. Bitte. Bitte, bitte.«
    Ekel stieg in ihm hoch. Er stieß ihre Hände weg. »Sie widern mich an.«
    Ein neuerlicher Umschwung vollzog sich; Denise schien jetzt wild entschlossen, war drauf und dran, Raymond die Ruger zu entreißen. »So lass ich nicht mit mir reden.«
    Es sah aus, als vollführten sie einen Tanz. Dabei wurde die Waffe nach oben gerissen und der Schalldämpfer knallte gegen Raymonds Wange. »Himmeldonnerwetter, können Sie nicht mal — «
    Er hätte die Waffe bei Gelegenheit sichern sollen. Er hätte sie in den Hosenbund stecken sollen.

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