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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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tätschelte ihm der Putzi die Schulter. So musste sich ein Frischgeborener fühlen, dachte er. Ein neuer Erdenbürger, der zwar ahnt, dass gerade die größte anzunehmende Katastrophe passiert ist, dass ihn nämlich jemand ungefragt aus dem seligen Nichts herausgerissen hat, der aber nicht weiß, wer zum Teufel das gewesen sein könnte. Noch nicht. Dem jungen Mann wurde aufgeholfen. Ob er alleine weitergehen könnte? Natürlich, natürlich. Der junge Mann schien wohlauf zu sein, die Sache war erledigt, die kleine Menge der Helfer und Ratlosen verlief sich wieder. Der Putzi holte den jungen Mann sogar nochmals ein, sprach ihn erneut an. Ob wirklich alles in Ordnung sei? Ja klar, selbstverständlich, was soll sein. Der Putzi war stolz auf sich.
     
    Die Art und Weise der Betäubung selbst war allerdings noch verbesserungsbedürftig. Seine Gedanken gingen in Richtung Chloroform, Äther und solche Dinge. Wo aber bekam er diese Substanzen her? Im Laden führten sie die nicht. Er ging ins Internetcafé der Bäckerei Krusti, er gab die Begriffe ›Anästhetikum‹, ›Betäubung‹ und ›Äther‹ ein, immer streng darauf achtend, dass ihn niemand beobachtete. Sollte er sich nicht mal einen eigenen Rechner anschaffen? Lieber nicht. Zu unsicher für sein großes Vorhaben, zu riskant. Er hatte die anderen Einzelheiten seines Plans bisher auch ohne recherchiert. Im Café der Bäckerei gab es einen Computerplatz, der vor neugierigen Blicken geschützt war. Eine Jugendschutzsperre verhinderte zwar, Seiten mit den Begriffen Sex, Wet und Horny aufzuschlagen, nicht aber solche mit den Begriffen Betäubung, Narkose und K.-o.-Tropfen. Und er brauchte nicht lange zu suchen. Schnell fand er ein Forum, in dem ein gewisser GUMMIBÄR eine Frage stellte:
    >10.25<
    Hallo liebe Community. Ich suche Diethyl-Äther. Weiß jemand, wo man das ohne Rezept herbekommen kann?
    + + +
    >10.27<
    Nirgendwo, du Idiot. Es ist illegal. Was meinst du, warum man das nur auf Rezept bekommt?
    + + +
    >10.32<
    Gibts nicht Versandapotheken, im Ausland?
    + + +
    >10.33<
    In den USA , ja. Aber die Portokosten von dort sind echt der Hammer. Ich weiß eine Gratis-Möglichkeit: Leih dir einen Laborkittel aus, eine Schutzbrille und eine Mappe, geh zur nächsten Uni mit Studiengang Chemie, suche dir die Labors für anorganische Chemie, warte bis zum Nachmittag, mische dich unter die Studenten, füll dir was ab und geh wieder.
    + + +
    >11.45<
    Die nächste Uni ist hundert Kilometer weg. In die Apotheke gehen geht nicht?
    + + +
    >11.47<
    Zur Not, ja. Sag, du braucht das Zeug als Starthilfe, fürs Auto.
    + + +
    >15.32<
    Der Apotheker hat aber komisch geschaut! Hat mir auch bloß ein Glas mit 120 ccm gegeben. Eine Tasse. Ist zu wenig. Die ganzen Apotheken abklappern?
    + + +
    >16.07<
    Vergiss es. Probiers mal in einem großen Supermarkt. Frag nach einer Lachgaspatrone für Sahne.
    + + +
    >19.53<
    Auch der vom Supermarkt hat komisch geschaut. – Was ich denn damit vorhätte? –
    Das wars! Da brauchte der Putzi keinen Internetversand, er brauchte nichts in der Uni zu klauen, er brauchte nicht im Supermarkt nach Sahnekapseln zu fragen, ein paar Schachteln davon hatten sie nämlich im Geschäft, die lagen schon ewig da rum. Er ging sofort heim, um sie sicherzustellen. Sein früh verstorbener Vater hatte zwar immer behauptet, ein großer Sammler zu sein, aber in Wirklichkeit hob er einfach nur jeden Mist auf. Jetzt zahlte sich das endlich mal aus. Im Keller fand der Putzi eine ordentlich beschriftete Kiste mit hundertzwanzig Patronen Sahnesteif. Jetzt war ein Selbstversuch fällig. Der Putzi packte seinen Rucksack und zog Wanderzeug an.
    »Wo gehst du denn schon wieder hin, Putzi?«
    »Zum Herrgottsschrofen geh ich!«
    Doch er ging nicht zum Herrgottsschrofen, er fuhr mit dem Bus in eine der kleinen umliegenden Ortschaften und mietete sich dort in einem Hotelzimmer ein. Er wollte bis zum nächsten Morgen nicht gestört werden. Er legte ein Blatt Papier aufs Nachtkästchen und notierte jeden seiner Schritte, bevor er ihn durchführte. Er legte sich ins Bett und füllte einige Kartuschen Sahnesteif in einen Luftballon ab. Er tränkte einen Lappen mit Alkohol und ließ das Distickstoffoxid darin entweichen. Es war Freitag, der 30. April, Punkt 20.00 Uhr, als er sich den Lappen ins Gesicht drückte. Um Mitternacht erwachte er und war vollkommen verwirrt. Er wusste nicht, was mit ihm geschehen war. Erst die Notizen auf dem Nachtkästchen brachten Licht ins Dunkel. Langsam wird

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