Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
Vom Netzwerk:
hätte. Der Kommissar trat beherzt und ermittlerisch frohen Mutes ins Besprechungszimmer.
     
    »– und weil es etwa zweihundertfünfzigtausend Hänse und sechzigtausend Evis im deutschsprachigen Raum gibt«, erklärte Kommissarin Nicole Schwattke gerade, »ist die statistische Wahrscheinlichkeit, dass es Paare gibt, die Hans & Evi heißen, gleich 0,00001 Prozent der Bevölkerung, also achtzig oder neunzig –«
    Jennerwein setzte sich und hörte sich die Ergebnisse der Dufont’schen Gleichung geduldig an, er wollte Nicoles rotbackigen Eifer nicht bremsen. Nicole kam schließlich zum gleichen Ergebnis wie Michelle beziehungsweise ihr nerviger Mathelehrer.
    »Dieser François Dufont mag ja ein kluger Mann gewesen sein«, sagte Hölleisen, »aber was bringt uns das eigentlich? Wir wissen ja nicht, wo diese Hänse und die dazugehörigen Evis wohnen.«
    »Richtig«, stimmte Maria Schmalfuß ein. »Auch der Inhalt des Rucksacks führt bezüglich der Identität des Opfers nicht weiter.«
    Sie rührte in ihrem Kaffee, diesmal vorsichtig und nur an der Oberfläche. Sie hatte ein Tütchen Kardamom mitgebracht und umständlich eine Messerspitze davon hineingebröselt. Alle sahen dieser neuen Konzentrationsübung Marias interessiert zu. Und glaubten, mitten im örtlichen Polizeirevier, den Duft eines orientalischen Bazars zu schnuppern.
    »Es sieht fast so aus«, fuhr Maria fort, »als habe jemand große Sorgfalt darauf verwendet, Dinge in den Rucksack zu packen, die nichts über das Opfer aussagen! Wenn wir, nur um das zu verdeutlichen, einen Hobel im Rucksack gefunden hätten, dann könnten wir bei der Handwerkskammer anrufen, ob es einen Schreiner gibt, der Hans heißt und dessen Freundin –«
    »Oder wenn wir einen Malerkübel mit Pinsel gefunden hätten –«
    »Oder eine Gießkanne und eine grüne Schürze –«
    »Oder eine Dienstpistole der bayrischen Polizei –«
    Jennerwein blickte sich streng im Kreis der Ermittler um.
    »Wie ich sehe, sitzen Stengele und Ostler, unsere beiden Bergfexe, schon in den Startlöchern. Dann mal los.«
    »Unsere Untersuchungen an Fels und Höhle zeigen«, begann Ostler, »dass das schon ein guter Bergsteiger gewesen sein muss, der da hinabgestiegen ist und das Opfer abgelegt hat. Aber den Standplatz, den er unterhalb des Geländers gebaut hat, den würde man heute nicht mehr so machen. Die Haken sind geschlagen – heute würde man einen Akkubohrer verwenden. Und die Haken und Karabiner selbst sind zwar in Ordnung, aber mindestens vierzig Jahre alt.«
    »Das zweite«, fuhr Stengele fort, »ist der merkwürdige kleine Haken in der Höhlendecke. Ein Bergsteiger würde so einem Haken nicht vertrauen.«
    »Vielleicht sollte der ja gar nicht so viel aushalten«, merkte Jennerwein an.
    »Das Opfer hingegen kann kein professioneller Bergsteiger gewesen sein. Denn ein solcher hätte immer noch ein paar Möglichkeiten gefunden, sich bemerkbar zu machen. Und er hätte ganz sicher versucht wegzuklettern, ehe er zu schwach dazu gewesen wäre.«
    »Wie hoch wären in diesem Fall die Chancen gewesen?«, fragte Nicole. »Schwierigkeitsstufe XXL ?«
    Stengele zog die Augenbrauen hoch.
    »Das heißt Schwierigkeits
grad
VI , Nicole. Und theoretisch ist es immer möglich«, antwortete Stengele. »Südamerikanische Geckos klettern sogar auf polierten Glasplatten. Bevor ich verhungere, versuche ich das Klettern.«
    »Sie bleiben nicht sitzen und hoffen auf Rettung?«
    »Ein paar Stunden schon. Aber solange ich noch Kraft und Geschmeidigkeit habe, erkunde ich zumindest die Umgebung. Und dabei hinterlasse ich meistens Spuren, klitzekleine Abrissfetzen von den Bergschuhen zum Beispiel. Aber genau solche Spuren haben wir um die Felsnische herum nicht gefunden.«
    Nicole legte nach.
    »Wie hoch schätzen Sie beide denn Ihre Chance ein, da rauszukommen?«
    Ostler und Stengele blickten sich kurz an und zuckten die Schultern.
    »Fünfzig zu fünfzig vielleicht«, sagte Ostler schließlich.
    »Also einer von Ihnen käme durch?«
    »Nach Darwin der bessere.«
    »Und wie sieht so ein Rettungsversuch konkret aus?«, fragte Jennerwein.
    »Ich würde die festen Kleidungsstücke ausziehen«, sagte Stengele, »sie zusammenknoten, mich ein paar Meter in den Abgrund hinunterlassen und auf diese Weise Ausschau nach geeigneten Tritt- und Griffmöglichkeiten halten. Ich würde zum Beispiel schauen, ob ich Felsverschneidungen, Bänder oder Kamine finde.«
    »Ja, so würde ich es ebenfalls machen«, nickte Ostler. »Unser

Weitere Kostenlose Bücher