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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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die Fingermuskeln der linken Hand sind besser ausgebildet.«
    »Er macht also etwas mit den Fingern, nicht mit den Händen. Da kenne ich jetzt, außer Schach, keine Sportart.«
    »Bei welcher Betätigung spielt die Fingerkraft noch eine Rolle?«
    Ein eigenartiges Bild war das jetzt schon, wie alle Ermittler schweigend in der Luft herumfingerten, die Hände fliegen ließen und aufeinander pressten.
    Wenn der Harrigl jetzt hereinkommt, dachte Jennerwein, dann weiß er, wo seine Steuergelder hinkommen.
     
    Maria, die sich nach ihrem kleinen panischen Intermezzo wieder gefasst hatte, schlug sich plötzlich an die Stirn.
    »Darf ich kurz telefonieren? Ich habe da eine Idee.«
    Sie wählte und erklärte einem gewissen Henning am anderen Ende der Leitung kurz, worum es ging.
    »Ja … Aha … Ja, jetzt wo du es sagst, fällt es mir auch auf … Aber es gibt doch auch welche, die mit beiden Händen … Verstehe … Kannst du das noch weiter eingrenzen? … Ja, er hat abgefeilte Fingernägel … Bist du sicher? … Danke, ciao!«
    Sie legte auf. Alle starrten sie erwartungsvoll an. Sie genoss das Schweigen, blickte listig drein, ließ sich noch ein wenig Zeit, das Geheimnis zu lüften.
    »Nun? Was hat er gesagt?«
    »Das war ein Studienkollege von mir. Ist jetzt Psychologe in der Werbebranche, hat damals in einer Band gespielt. Es war eine Tanzcombo mit lauter Psychologiestudenten, die Band hieß
Freudlos
 –«
    »Jetzt bitte endlich zum Thema!«
    Maria verstreute sorgfältig eine Messerspitze Kardamom über dem frisch eingeschenkten Kaffee.
    »Die Tanzband bekam kaum Engagements, vor allem im Fasching nicht. Aber sie bestanden auf ihrem Bandnamen.«
    Jennerwein hob warnend die Hand.
    »Henning ist der Meinung, dass unser Hans Musiker war. Denn Musiker, vor allem solche, die Saiteninstrumente spielen, setzen die Hände unterschiedlichen Belastungen aus. Geiger, Gitarristen, Zitherspieler, sie alle drücken mit der einen Hand in die Saiten, und dort sind die Fingerkuppen platt vom Üben. Mit der anderen Hand wird lediglich gezupft und gestrichen, das erfordert nicht soviel Kraft. Er hat also ein Saiteninstrument gespielt. Als Henning aber die Geschichte mit den abgefeilten Fingernägeln hörte, war er ganz begeistert. Es gibt ein Saiteninstrument, bei dem man die Finger der Greifhand fast senkrecht aufsetzen muss, um den nötigen Druck zu erzeugen. Lange Fingernägel sind da sowieso im Weg, aber die meisten Kontrabassisten und Cellisten feilen sich die Fingernägel der Greifhand auch noch ab, um die Hornhautbildung an der Fingerkuppe zu unterstützen.«
    »Hans könnte Cello gespielt haben?«
    »Cello oder Kontrabass. Ziemlich sicher sogar. Kein Mensch hätte sonst einen Grund, sich so zuzurichten.«
     
    Während die Ermittler schweigend dasaßen, platzte noch eine weitere Nachricht herein. Was heißt: platzte. Sie schlingerte herein, sie schob sich leise durch die Querstangen des Fax-Gerätes. Im Nebenraum des Besprechungszimmers, ungehört und unbeachtet, quoll ein Blatt heraus aus dem altehrwürdigen Kommunikationsmittel. Die Bergwacht schickte einen Gruß aus den luftigen Höhen an die Schnüffler und Kombinierer dort unten im tiefen Tal.
Hallo Hölli
, war da zu lesen,
ein Tourist hat am Ettaler Manndl eine weitere, unbewegliche Person entdeckt
. Schlapp hing das Blatt mit der brisanten Nachricht im Schacht des Faxgerätes.

19
    Ich habe einen Freund, der hat statt einem Herzen ein Bierfilzl, das da schlägt, und unter seine Maß Bier legt er sein Herz und die Kellnerin macht Striche drauf. Wenn der Tisch wackelt, legt er sein Herz unter den Tisch, aber dann wackelt das Bier. Ich gehe jetzt heim mit meinen Füßen und stell mich die ganze Nacht auf ein Bierfilzl, damit ich weiß, wie sich ein Weißbier fühlt.
    Herbert Achternbusch, Gespräche mit Maria Hellwig
    Der Putzi stand wanderfertig im Hausgang. Er hatte den Rucksack umgeschnallt, sogar das grüne Hütchen mit der Zeisigfeder hatte er schon aufgesetzt.
    »Wo gehst du denn heute schon wieder hin?«, rief die Mutter aus dem Wohnzimmer.
    »Auf den Frieder.«
    Das war eine Lüge. Aber die Mutter konnte man gut anlügen, die Mutter glaubte alles. Sie kam jetzt in den Flur.
    »Hast du auch eine Wetterjacke mitgenommen?«, sagte sie.
    Der Putzi nickte.
    »Geh’ am Friedhof vorbei und zünd’ dem Vater eine Kerze an.«
    Es war immer das Gleiche mit der Mutter. Dem Vater eine Kerze anzünden. Schon am Vormittag! Was sollte das für einen Sinn haben, am

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