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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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diese Stelle hat er schon öfter angesteuert, eigentlich immer, wenn er in der Nähe war.«
    »Das ist aber doch normal beim Bergsteigen? Ich kenne mich da nicht so aus, aber man sucht doch immer wieder Stellen mit einer schönen Aussicht auf, vielleicht welche mit schönen Erinnerungen. Man will vielleicht fotografieren oder etwas mit dem Fernglas betrachten. In der Wand gibt es auch bestimmte Rastplätze, in denen man bequem verschnaufen kann.«
    Schratzenstaller schüttelte den Kopf.
    »Das habe ich zunächst auch gedacht«, sagte der Imker. »Aber etwas Beschauliches oder Gemütliches kann es nicht sein, was ihn dort hinführt. Der Doktor Schratzi hat nämlich noch etwas herausgefunden. Eine Mücke kann die Richtung angeben und die Entfernung, in der sich das Objekt befindet. Aber sie kann noch etwas viel Wichtigeres angeben: dessen emotionalen Zustand. Ist das Beutetier nämlich hochgradig erregt, hat es zum Beispiel Angst oder ist es in Balzstimmung, dann läuft die Mücke ihre Achterkreise schneller ab. Je erregter die Beute, desto schneller die Achter.«
    »Was hat das für einen Sinn?«
    »Der Mücke geht es um das Blut des Opfers. Ist es beispielsweise schon verletzt und daher geschwächt, hat es also Angst oder gar Todesangst, ist es für die Mücke nicht so interessant. Auch ein Wirtstier, dessen Blut vollgepumpt ist mit Sexualhormonen, das sich also in Balzlaune befindet, wird nur im Notfall angeflogen. Die Mücke bevorzugt sozusagen kühles, reines Blut.«
    »Und unser Winterholler –?«
    »– war hochgradig erregt, als er zu der Stelle hingeklettert ist. Eine heiße Liebschaft kann es ja schlecht gewesen sein, dort oben in luftiger Höhe.«
    »Was denn dann?«
    »Ich bin der Meinung, dass er dort etwas versteckt hat. Etwas, was ihm wahnsinnig viel bedeutet. Du kannst ja bei Gelegenheit mal hinklettern und das nachprüfen.«
    »Das ist natürlich schon der reine Wahnsinn«, murmelte Swoboda. »Wir bekommen Auskunft darüber, wie das Objekt drauf ist – das geht mit keinem Peilsender, mit keinem noch so ausgefeilten Lauschangriff, mit gar nichts Technischem! Man könnte die Mückerl, die ausgefuchsten, sogar als Lügendetektor einsetzen.«
    »Ja«, erwiderte Schratzenstaller. »Absolut zuverlässig. Und vor allem: ohne dass der Proband etwas davon weiß. Hast du was dagegen, wenn wir unter uns einen kleinen Test machen?«
    Swoboda schüttelte den Kopf.
    »Gut, da du ja nichts dagegen hast, hast du sicher auch nichts dagegen, dass ich ihn schon gemacht habe. Einer von uns beiden hat in den letzten zwei Stunden gelogen.«
    Swoboda begriff nicht gleich. Dann verzog er sein Gesicht:
    »Du hast eine auf mich angesetzt, du Wittelsbacher, du bayrischer!«
    »Ich hätte es aber auch so rausgeschmeckt, gleich beim ersten Bissen«, sagte Schratzenstaller versöhnlich. »Der Leberkäse war viel zu fettig für den Kallinger.«
    Sie machten sich wieder auf den Weg ins Wohnhaus. Schratzenstaller verriegelte die Schleuse sorgfältig.
    »Blöd gelaufen«, sagte Swoboda zerknirscht. Seine Buße bestand darin, vier weitere Flaschen Weißbier aus dem Keller zu holen.
     
    »Jetzt hast du einen ersten Überblick«, sagte Schratzenstaller. »Es gibt noch tausend Sachen, die mein Vater herausgefunden hat. Wenn man die alle berücksichtigt, kann man ein Ortungssystem basteln, wie es die Welt noch nicht gesehen hat.«
    »Das ist wirklich der Wahnsinn. Den Winterholler lassen wir weiterklettern. In unwegsameres Gelände. Wenn wir die Sache einigermaßen im Griff haben, testen wir die Mückerl an Personen des öffentlichen Lebens. Am Bürgermeister, am Scheich von Dubai, am Reinhold Messner, wer eben gerade im Ort ist.«
     
    Swoboda war begeistert von diesem Projekt, das konnte man ihm ansehen. Er strich das Papier, in das der Leberkäse von der Metzgerei Moll eingewickelt war, glatt. Er strich und strich, er faltete es klein zusammen, und bevor er es in den Papierkorb warf, blieb sein Blick auf dem Zeitungspapier hängen. Sofort faltete er das Papier wieder auf.
    »Das gibt es doch nicht!«, rief er. »Hast du das gelesen, Professor? Da sticht mir doch ein Name ins Auge, den ich schon lange nicht mehr gehört habe. Jennerwein! Kommissar Jennerwein. Ein ganzer Artikel über ihn!«
    »Der ist keine Gefahr für uns«, sagte Schratzenstaller, »das ist ein Artikel über einen Bergunfall. Der Jennerwein kümmert sich um irgendwelche verirrten und hängengebliebenen Bergsteiger.«
    »Die Mordkommission ermittelt bei einem

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