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Niemand, Den Du Kennst

Titel: Niemand, Den Du Kennst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Richmond
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ich zugeben muss, faszinierende Sache. Wir waren gleichzeitig entsetzt und gefesselt. Und die Frauen - von denen es nicht viele gab, wissen Sie - hatten Angst. Wir alle wussten, dass Lila praktisch kein Leben außerhalb des Instituts hatte, was die Wahrscheinlichkeit noch zu erhöhen schien, dass der Mörder einer von uns war.«
    »Und was glauben Sie?«, fragte ich. Ich suchte seine Miene ab, nach einem Zucken oder einen nervösen Tic, der ihn belasten könnte, einem sichtbaren Zeichen wie Schwitzen oder den Blick abwenden. Doch er sah mir direkt in die Augen und sagte: »Ich habe keine Ahnung.«
    »Was ist mit McConnell?«
    Strachman schüttelte den Kopf. »Ehrlich, ich glaube, er war nur ein leichtes Opfer. Der nächstliegende Verdächtige vielleicht, aber ich glaube nicht, dass er es getan hat.«
    »Warum?«
    »Es passt einfach nicht zu ihm. Gut, wir waren nicht die besten Kumpel oder so, aber wir hatten einige Kurse zusammen, und ich habe in meinem ersten Jahr mit ihm an einem Projekt gearbeitet. Ich mochte ihn zwar nicht besonders, aber andererseits mochte ich damals niemanden besonders. Ich beneidete ihn um sein Selbstbewusstsein, seinen lockeren Umgang mit Frauen. Sie waren ganz vernarrt in ihn, müssen Sie wissen. Er war groß, attraktiv, witzig und wenn er über den
Flur lief, dann sah man sofort, dass er eine Wirkung auf Menschen hatte. Frauen brachen mitten im Satz ab und starrten ihn an. Ich war ein durchschnittlich aussehender Bursche, bekam die Zähne nicht auseinander, um auch nur Hallo zu einem Mädchen zu sagen, und bei ihm ging das alles wie von selbst.«
    Der Gedanke war mir nie zuvor gekommen, aber als ich jetzt McConnell auf diese Weise beschrieben hörte, drängte er sich auf. »Gab es andere Frauen? Außer meiner Schwester?«
    Strachman dachte kurz nach. »Eine gab es«, sagte er dann, »vom philosophischen Institut. Zierlich, schlank, brünett - sehr hübsch. Ich sah die beiden ständig zusammen mittagessen, sie war ganz offenbar hin und weg von ihm. Er beendete die Sache, kurz nachdem sie angefangen hatte, nach höchstens zwei Monaten, würde ich sagen. Aber es war eine hässliche Trennung. Manchmal tauchte sie spätabends vor seinem Büro auf und verlangte, ihn allein zu sprechen. Dann gab es Geschrei, und er musste sie geradezu aus der Tür schieben. Sie drohte, es seiner Frau zu erzählen, aber ich weiß nicht, ob sie das je wahrgemacht hat. Der andere Typ, der noch mit uns an dem Projekt arbeitete, war sehr genervt davon. Aber offen gestanden wünschte ich mir damals, McConnell würde mir beibringen, wie er das machte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine Frau jemals so heftig für mich empfinden würde.«
    »Wissen Sie ihren Namen noch?«
    »Melissa? Melanie?« Er schüttelte den Kopf. »Ihren Nachnamen kannte ich nicht. Ich weiß nicht, was McConnell anstellte, um sie endgültig loszuwerden. Aber als Ihre Schwester auf der Bildfläche erschien, kam sie nicht mehr.«
    »Ich bin sehr neugierig«, sagte ich. »Warum behielten Sie McConnells Geheimnis für sich? Warum haben Sie der Polizei nicht erzählt, was Sie über ihn und Lila wussten?«

    Er sah auf die Uhr. »In fünfzehn Minuten habe ich ein Meeting.« Und dann, wie um mir zu beweisen, dass er sich das Meeting nicht nur ausdachte, um sich aus dem Staub zu machen, führte er weiter aus: »Wir bewerben uns um den Tunnel nach Montara. Wenn Sie nach einer guten Investition suchen, kaufen Sie jetzt Eigentum an der Küste, bevor der Tunnel kommt. Die Leute glauben immer noch, es wäre zu weit von der Stadt entfernt, sie scheuen den gefährlichen Straßenabschnitt am Devil’s Slide. Aber wenn der Tunnel erst offen ist, dann werden die Grundstückspreise raketenartig in die Höhe schießen, glauben Sie mir.«
    Er stand auf. »Ich nehme an, dass Sie mit Carroll gesprochen haben.«
    »Carroll?« Ich versuchte mich zu erinnern, wo ich den Namen schon einmal gehört hatte.
    »Don Carroll, McConnells Betreuer in Stanford. Carroll kannte McConnell besser als jeder andere. Ich bin mir sicher, dass er noch unterrichtet.«
     
    Auf der Autofahrt zur Arbeit nach meiner Unterhaltung mit Strachman bemühte ich mich, das Bild von Lila und Peter McConnell nackt im Büro des Stanford Journal of Mathematics aus meinem Kopf zu verbannen. Als ich in Diriomo mit McConnell gesprochen hatte, war es ihm irgendwie gelungen, sein Verhältnis mit Lila als nahezu unausweichlich darzustellen, als beseelt, getrieben von einer tiefen intellektuellen und

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