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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annick Cojean
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Geld!‹«
    Tatsächlich überreichte Jalal ihnen im Laufe ihrer verschiedentlichen Aufenthalte »Uhren von Rado und Tissot oder anderen Marken«, außerdem Armreifen, Ohrringe, »Schmuckanhänger großer italienischer Marken«, »Halsketten mit einem in Diamanten eingefassten Foto des Führers«. Und schließlich, bevor sie wieder ins Flugzeug stiegen, Umschläge, die variable Geldsummen zwischen 2000 und 20 000 Dollar enthielten, »je nachdem, wie die Frauen waren, die ich ihm zugeführt hatte«.
    Natürlich unterschlug Fatma einige wesentliche Details, die ihre Funktion betrafen. Sie wich bestimmten Fragen geschickt aus, indem sie lachte und Arglosigkeit vortäuschte: »So sindwir Mauretanierinnen eben! Wie geboren für die Öffentlichkeitsarbeit und den Handel!« Was, so schien mir, ziemlich genau der Definition einer Kupplerin und Kurtisane entsprach. Sie ließ darüber hinaus eine Bemerkung fallen, die sie nicht näher erläuterte: »Wir Mauretanierinnen mögen es nicht, Befehle zu empfangen, und wir suchen uns unsere Männer eher selbst aus, als dass wir uns aussuchen lassen!« Nichtsdestoweniger hatte sie den Führer ganz offenbar mit Scharen von Frauen aus unterschiedlichen Ländern versorgt – »beim letzten Mal waren es siebzehn aus Nouakchott, anlässlich der Mulud-Feier« –, und ihre engen Bande mit Bab al-Aziziya waren jedermann bekannt, zumal sie auch als Mittlerin für Minister, Botschafter und Unternehmer aus afrikanischen Ländern in Erscheinung trat. »Mabruka kümmerte sich um die Frauen und Töchter von Präsidenten, die Gaddafi sehen wollten. Mein Betätigungsfeld war wesentlich umfangreicher!« Die Großzügigkeit des Führers gegenüber Frauen sei wirklich grenzenlos gewesen, betonte Fatma und erinnerte an die Luxushotels in Tripolis, die – allen voran das Mehari – bevölkert waren von diesen müßigen Gästen, diesen Frauen aus aller Herren Länder, die auf ihre Zusammenkunft mit Gaddafi warteten. Es wurde immer deutlicher, dass Fatma zum Kreis der engsten Vertrauten des Diktators gehört hatte. Sie hatte ihn bei verschiedenen Gelegenheiten nach Bengasi und Sirte begleitet sowie bei seinen Ausflügen in die Wüste; sie hatte an den Zeremonien zum Nationalfeiertag teilgenommen und verkehrte mit seiner Frau Safia und den beiden Töchtern Aisha und Hana, Letztere habe sich »immer im Schatten ihrer großen Schwester« gehalten. Fatma sprach nur von guten Erinnerungen. Und von sehr guten Geschäften.
    *Die Fahrer von Bab al-Aziziya erlebten das ständige Kommen und Gehen von Frauen aus nächster Nähe. Einer von ihnen, Hussain, war für die Protokollabteilung tätig und bestätigte mir, dass er unzählige Male junge Mädchen zwischen dem Hotel Mehari und dem Flughafen hin- und herchauffiert habe. Sie kamen von überall her, erinnerte er sich: aus anderen libyschen Städten, aber auch aus dem Libanon, dem Irak, aus den Golfstaaten, aus Bosnien, Serbien, Belgien, Italien, Frankreich und aus der Ukraine. Sie waren alle etwa um die zwanzig, waren schön »sogar ohne Schminke« und hatten langes Haar. Ein Mitarbeiter vom Protokoll hatte die Aufgabe, sie zu empfangen, anschließend fuhr man sie direkt zum Hotel, wo sie sich für einige Stunden oder Tage einquartierten, bis Hussain sie abholte – meist gegen ein Uhr morgens – und nach Bab al-Aziziya brachte.
    »Dort wartete ich in aller Ruhe auf dem Parkplatz. Gegen fünf Uhr klopfte es gegen meine Scheibe, dann fuhr ich das Mädchen wieder zum Hotel, immer in Begleitung eines Wagens mit Gardisten.« Manche verließen das Gelände sehr vergnügt, andere völlig niedergeschlagen. Für manche ging es gleich am nächsten Morgen in die Heimat zurück, andere wurden mehrere Abende hintereinander herbeizitiert. Alle kamen mit sehr wenig Gepäck an, die meisten verließen die Stadt mit etlichen Koffern. Und im Rückspiegel sah Hussain ihre Dollarbündel.
    »Ich schwöre es auf den Kopf meines Sohnes: Eine hat aus ihrem Samsonite-Koffer, der vor lauter Scheinen überquoll, einen Hunderter genommen und ihn zusammengerollt, um eine Line Koks zu ziehen! 100 Dollar! Mehr als ich in einem Monat verdiene!« Für eine andere, eine berühmte libanesische Sängerin, die die Nacht mit Gaddafi verbracht hatte,musste man eine Million Euro von der Bank holen. In Fünfhunderter-Scheinen. »An diesem Tag beschloss ich zu kündigen, so angewidert war ich. Ich hatte geglaubt, einen hochangesehenen Job zu haben. Dabei war er einfach nur entwürdigend.« Ein Kollege von

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