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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annick Cojean
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haben ihr Glück herausposaunt! Papa Muammar, wie sie ihn nannten, wollte einfach, dass junge Frauen es gut hatten, deshalb finanzierte er ihnen einen kompletten Urlaub in seinem Land. War er nicht der aufmerksamste aller Männer?«
    Von diesen Blanko-Urlauben hatte mir Fatma berichtet. Ein Tuareg-Freund hatte sie angerufen, und sie willigte in ein Treffen mit mir ein, ohne Bedingungen zu stellen. Nach so vielen Absagen war ich ihr unglaublich dankbar. Schmal, mit erhobenem Kopf und lässigem Gang, kam sie in die Lobby des Corinthia, eines Luxushotels, und lächelte. Im Vorübergehen grüßte sie und machte Zeichen, und mir wurde schnell klar, dass sie mit dem Personal vertraut war und sich hier auskannte. Ein Eissturm fegte durch die Stadt, doch Fatma war in hauchdünnes Tuch gehüllt und trug hübsche Pumps, die ihre zarten Knöchel zur Geltung brachten. Sie war sechsunddreißig Jahre alt, nach eigener Aussage Mauretanierin aus Niger, lebte aber seit zwanzig Monaten in Libyen. Dank Muammar al-Gaddafi. Wie es dazu gekommen sei? Sie lachte. »Oh! Ganz einfach!« Eine Nigrerin, die mit einem Mann aus dem Volk der Tuareg verheiratet war und Mabruka kannte, hatte ihr eines schönen Tages im Jahr 2003 vorgeschlagen, zusammen mit vier Freundinnen nach Tripolis zu kommen.
    »Das Angebot war verlockend: Flug, Besichtigungen, Vier-Sterne-Hotel – all das würde der libysche Staat übernehmen! Und das Taschengeld käme noch obendrauf. Was hätten Sie an meiner Stelle gemacht? Sie hätten auch ja gesagt, und zwar sofort und überglücklich!«
    Ich war froh, dass sie meine Antwort vorweggenommen hatte, denn mein »Ja« wäre keineswegs selbstverständlich gewesen.Fatma erzählte munter weiter. Die Einladung sei wie ein Geschenk des Himmels gewesen! Wenige Wochen später sei sie mit ihren vier Freundinnen fröhlich am Flughafen in Tripolis angekommen. Jalal (einer der männlichen Bediensteten Gaddafis und flüchtiger Geliebter von Soraya) erwartete sie bereits und fuhr sie zum Hotel Mehari – einem Fünf-Sterne-Hotel, dessen Geschäftsführer lange Zeit Nuri al-Mismari war. Einen ersten Umschlag mit 500 Dinar (etwa 300 Euro) hatte man ihnen hinterlegt, damit sie ein bisschen Shopping machen konnten, bevor das Besichtigungsprogramm losging. Nach einigen Tagen sagte man den Mädchen Bescheid, sie möchten sich bitte feinmachen und »Papa« einen Besuch abstatten. Ein Wagen von Bab al-Aziziya holte sie am Hotel ab, gefolgt von einem Wagen mit Gardisten Gaddafis. »Da wurde uns klar«, sagte Fatma, »dass wir wichtige Gäste waren.« Sie wurden von Mabruka empfangen und durch mehrere Räume geführt. Gaddafi erschien schließlich, »sehr schlicht gekleidet«, in einem roten Jogginganzug. Er interessierte sich für jede Einzelne von ihnen, erkundigte sich nach ihrem Namen, nach ihrer Familie, ihrem Stamm, ihrer Sprache, ihren Freizeitbeschäftigungen. »Libyen gefällt euch? Ach, wenn bloß jeder so vernarrt in mein Land wäre!« Fatma erinnerte sich, wie »nett« und wie »lustig« er gewesen sei. Er habe sich einmal sogar zu Mabruka umgedreht und gesagt: »Es wäre schön, wenn Fatma für uns arbeiten würde! Wie ich höre, spricht sie Arabisch, Tuareg, Songhai, Französisch ... Das könnte sehr wertvoll für uns sein.«
    Fatma zufolge wirkte Mabruka daraufhin verärgert und eifersüchtig, sagte aber trotzdem: »Einverstanden.« Und dann schwebten die jungen Frauen wie auf Wolke Sieben wieder zum Hotel zurück. »Dass sich jemand wie er auf so persönlicheArt und Weise für uns interessierte, war wirklich schmeichelhaft!« Nicht wahr?
    Der »Urlaub« dauerte »zwei oder drei« Wochen. Jalal und der Chauffeur standen den jungen Frauen immer zur Verfügung, und sie erhielten weitere Geschenke. Fatma behauptete, Gaddafi vor ihrer Abreise nicht mehr wiedergesehen zu haben. Aber sie reiste danach sehr schnell erneut nach Tripolis. Mit anderen jungen Frauen, unter ihnen eine feurige und verhätschelte Neureiche aus Mali, die Nuri Mismari aufgefallen war und die er mit einem Privatjet zu einem ersten Treffen mit Gaddafi hatte einfliegen lassen.
    »Wir hatten andauernd Unannehmlichkeiten auf der Straße wegen ihrer hautengen Klamotten und tief ausgeschnittenen Shirts, aber Gaddafi liebte es! Er war verrückt nach ihr und ließ sie ständig zu sich rufen. Ich wartete mit Mabruka vor seinem Zimmer, und wenn er dann herauskam, sagte er: ›Kümmere dich gut um meine Gäste!‹ Was so viel hieß wie: ›Denk an die Geschenke und das

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