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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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abschnitt und deren Kuppe er mit der Zunge befeuchtete. PR-Mann Charley sprang auf und beeilte sich, Joe Feuer zu geben. Der blies blaue Tabakrauchwolken aus und lehnte sich zurück. »Wir können nicht von Sylvia erwarten, daß sie den KREIDEKREIS unter dieser entsetzlichen Belastung produziert, nicht wahr?« Zug aus der Zigarre. »Wir müssen Babs die bestmögliche medizinische Behandlung zuteil werden lassen – aber wir müssen sie, das ist selbstverständlich, von Sylvia trennen! Keine Frau der Welt hielte eine solche Doppelbelastung aus – eine Superrolle zu spielen und dabei ein schwerkrankes Kind an der Seite zu haben.«
    »Bei einem Film mit Produktionskosten von fünfundzwanzig Millionen Dollar«, sagte einer der Anwälte. Nun wurden sie nacheinander munter und gesprächig.
    »So ist es«, sagte Joe. »Weiter, Jim!«
    Der Anwalt, der Jim hieß, sagte: »Abgesehen davon, daß es ja praktisch absolut ausgeschlossen ist, Babs wie bisher mit der Mutter in der Öffentlichkeit zu zeigen, nicht wahr?«
    Dazu nickten alle.
    Nur ich nicht.
    »Der Zustand von Babs kann sich sehr bessern«, sagte ich, aber ich hatte ein ganz elendes Gefühl im Magen dabei.
    »Doc!« sagte Joe.
    Der Mann, der wie ein Arzt aussah, sagte: »Nein.«
    »Nein was?«
    »Mister Kaven, Ihre Bemerkung verblüfft mich. Sie haben inzwischen genug über diese Art von Erkrankung gehört, um zu wissen, daß sich der Zustand von Babs nicht – ich wiederhole: nicht sehr bessern wird.« Er schnaubte durch die Nase. »Oder geben Sie sich der Hoffnung hin, zusammen mit Babs schon bald wieder in der Öffentlichkeit erscheinen zu können?«
    Ich gab keine Antwort. Mir wurde mit jeder Minute mieser.
    »Da hat Doc recht«, sagte Rod Bracken. Mein guter Freund Rod.
    Doc sagte: »Wir wollen natürlich davon ausgehen, daß Babs ihre Erkrankung überhaupt überlebt … was ist los? Gefällt Ihnen etwas nicht?«
    »Ihr Ton«, sagte ich. »Ihr Ton gefällt mir nicht, Doc.«
    »Das bricht mir mein Herz«, sagte er. Scheußliches, kraftloses Tageslicht kam nun in den Salon und mischte sich mit dem scheußlichen elektrischen.
    »Wenn Babs die Erkrankung überlebt, was wir natürlich alle hoffen«, sagte Doc, »dann werden auf jeden Fall – ich bin Mediziner, Mister Kaven, ich weiß, wovon ich rede – bei einer derart schweren Bakterien-Virus-Misch-Infektion für sehr lange Zeit, vermutlich für immer, so arge Schädigungen zurückbleiben, daß das Kind einfach nicht vorzeigbar sein wird.«
    »Drücken Sie sich gefälligst anders aus!« schrie ich.
    »Mit mir werden Sie nicht schreien, Herr Kaven«, sagte der Arzt, und er betonte das ›Herr‹.
    »Nehmen Sie sich zusammen, Phil«, sagte Gintzburger und beleckte ein loses Blatt seiner Zigarre. »Und lassen Sie Doc ausreden!«
    Der Arzt sagte: »Nicht vorzeigbar. Ich drücke mich nicht anders aus, Herr Kaven.« Von jetzt an sagte er nur noch ›Herr‹. »Aber selbst wenn wir annehmen, daß Besserungen – in Grenzen eintreten: Wir müssen uns damit abfinden: Niemals mehr wird Babs THE WORLD’S GREATEST LITTLE SUNSHINE-GIRL sein.«
    »Und die Mutter deshalb nicht länger die größte Schauspielerin der Welt. Ich glaube nicht, daß sie auch nur noch einen einzigen Film drehen wird – schon gar nicht den KREIDEKREIS«, sagte ich bösartig.
    »Das«, sagte Joe und stach mit der Zigarre nach mir, »lassen Sie unsere Sorge sein, Phil. Sylvia wird die größte Schauspielerin bleiben, Sie wird den KREIDEKREIS drehen. Es bleibt ihr gar nichts anderes übrig, nicht wahr, meine Herren?« Er sah seine Anwälte an.
    Die Herren Anwälte lachten.
    »Willst du nicht vielleicht auch mal was sagen?« fragte ich Bracken.
    Der schüttelte den Kopf.
    »Wer eine solche Meningo-Encephalitis überstanden hat«, sagte Doc, »der hat eine so schwere cerebrale Krankheit hinter sich, daß nach Monaten oder auch erst nach Jahren noch neue Krankheiten auftreten können, zum Beispiel Epilepsie oder sogenannter Parkinsonismus. Parkinsonismus zeigt sich mit Symptomen der Muskelstarre – zum Beispiel des Maskengesichts –, mit Gehstörungen, unhemmbarem Speichelfluß, Muskelzittern und so weiter und so weiter. Das könnte Babs passieren. Natürlich könnte sie auch auf dem Sunset Boulevard oder bei einer Pressekonferenz epileptische Anfälle bekommen, und das sieht auch nicht hübsch aus, besonders …«
    »Hören Sie auf!« schrie ich.
    »Sie sollen nicht schreien!« schrie er.
    »Kinder, Kinder«, sagte Joe. Er hatte sich

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