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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Gesellschaft in Hollywood, wußten es. Bei dem letzten Film, in dem sie den berühmten alten italienischen Schauspieler Alfredo Bianchi als Partner gehabt hatte – der Film war gerade in Rom und mit wenigen Aufnahmen in der Schweiz abgedreht worden –, hatten ihre beiden Maskenbildner, die sie seit Jahren schminkten, Katie und Joe Patterson, ein Ehepaar, bereits die größten Schwierigkeiten gehabt. Und Sylvias Karriere mußte doch weiterlaufen. Um unzählige Millionen Dollar der Industrie ging es dabei. Sie war ein Markenartikel, nicht wahr. ›Lucky-Strike‹ oder der ›Weiße Riese‹ bekommen auch von Zeit zu Zeit andere Packungen. Darum lag Sylvia jetzt hier. Und umklammerte meine Hand mit Krallenfingern.
    Englisch, stoßweise, haßerfüllt: »Laß mich in Ruhe … Romero! Scher dich zum Teufel, dreckiger Hund …« Und weg war sie wiederum, von einem Moment zum andern. Völlig weg, meine Hand in ihren Krallen.
    Und meine Gedanken begannen zu wandern, ich erinnerte mich.
    Tja, mein Herr Richter, nun, da es zu spät ist, kommt es mir wieder in den Sinn, daß sie damals diesen Romero so verfluchte, zum Teufel wünschte, den dreckigen Hund. An jenem Abend dachte ich, das sei eben Romero Rettland gewesen, der Schauspieler. Hörte nicht richtig hin. Fragte nicht nach diesem Romero. Auch später nie. Hätte es tun sollen. Wäre vielleicht alles – ach, hinterher ist man immer klug und weise.
    Ich achtete also nicht auf diesen Romero, ich dachte nicht über ihn nach, damals nicht, später nicht, leider. Nein, ich saß da, Hut auf dem Kopf, 19 Uhr 47 zeigte meine Armbanduhr, meine Hand war nun so heiß und schweißfeucht wie die Sylvias, und ich erinnerte mich. Ich erinnerte mich an das, was tags zuvor geschehen war, am 23. November 1971, und schloß dabei die Augen …

9
    P hil!«
    Babs sprang auf und lief mir entgegen, als ich den Salon des Appartements betrat, in dem sie mit dem Kindermädchen wohnte. Babs trug Bluejeans und einen gelben Pullover und winzige, gelbe, ganz weiche Mokassins. Ihr blauschwarzes Haar flog. Sie lachte mich an. Sie hatte die gleichen Haare, die gleichen langen Wimpern, die gleichen großen, blauschwarzen Augen, die gleiche weiße Gesichtshaut wie die Mutter. Sie war schon groß für ihr Alter – fast neun –, und weil sie, nebbich, ja so allerliebst aussah, liebte die ganze Welt sie ja auch, nicht wahr, nur ich empfand so etwas wie ein jähes Sodbrennen, als sie jetzt auch noch ihre Ärmchen um mich schlang.
    »Lieber, lieber Phil!«
    »Liebe, liebe Babs«, sagte ich und nahm sie auf den Arm und strich ihr Haar zurecht. Saß doch Dr. Wolken da und sah mir wohlgefällig zu, richtig beglückt, der arme Trottel, dort neben dem Rokokotisch des Salons. Es beglückte Dr. Wolken immer wieder, hatte er mir gesagt, zu sehen, wie sehr mich Babs, wie sehr ich Babs liebte. THE WORLD’S GREATEST LITTLE SUNSHINE-GIRL hatte einen Privatlehrer. Herrn Dr. Alfons Wolken aus Winterthur. Herr Dr. Wolken erhob sich nun und grüßte mit einer tiefen Verbeugung. Seit drei Jahren war er bei uns und kümmerte sich um Babs. Flog überall mit hin, überall, wo Sylvia hinflog. Babs mußte regelmäßigen Unterricht erhalten, darauf bestand das kalifornische Jugendamt.
    Babs gab mir zwei Küsse, einen auf jede Wange. Ich gab ihr, zum Teufel, also auch zwei Küsse. Die Haut fühlte sich heiß an.
    »Was ist denn los mit Ihnen, meine Dame?«
    »Wieso, mein Herr?«
    »Du hast Fieber!«
    »Hat Clarissa auch gesagt vorhin. Wir haben gemessen. Im Popsch.«
    »Und?«
    »Nix.« Sie hustete, trocken und hart, einige Male. »überhaupt nix! Sechsunddreißigacht – und das hinten!«
    Ich sah sie genau an. Ihre Augenlider schienen mir gerötet.
    »Na, ich weiß nicht …«
    »Alles okay, mein Herr«, sagte Babs. Dann nieste sie. Mir mitten ins Gesicht. »Pardon, Monsieur, excusez moi.«
    »Pas de quoi.« Ich setzte sie wieder zu Boden. »Und wie fühlst du dich?« Wir sprachen wieder deutsch. In dieser Sprache wurde Babs auch – noch – unterrichtet. Deutsch war ihre Muttersprache. Sylvia Moran war nicht immer Amerikanerin gewesen. Und sie hatte auch nicht immer Sylvia Moran geheißen. Aber das ist eine andere Geschichte.
    »Wie geht’s?« fragte ich.
    »Ach, alles Kacke«, sagte Babs.
    »Sie wissen, daß Sie nicht Kacke sagen sollen, meine Dame«, sagte ich, und Herr Dr. Wolken lächelte ob so verspielter Neckerei.
    »Weiß ich, Phil«, sagte Babs. »Es tut mir ja auch leid. Aber bitte, schau dir mal

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