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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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am Bauch herum.
    »Was soll denn das?«
    »Bruchband.«
    »Was?« Ich starrte ihn an. Auch so etwas mußte seine Grenzen haben!
    »Verfluchtes Bruchband. Das Beste vom Besten, haben sie mir gesagt. Ich werde noch wahnsinnig damit. Haben Sie eine Ahnung, wie so ein Bruchband kneift und juckt und weh tut?«
    »Nicht weinen.«
    »Machen Sie sich nur lustig über mich. Recht so, Mister. Geben Sie’s mir. Geben Sie’s mir ordentlich. Sie haben ja keinen Bruch.«
    »Nein«, sagte ich. »Aber wenn ich einen hätte, würde ich mich operieren lassen. Kleinigkeit heute.« Was für ein Gespräch!
    »Kleinigkeit«, sagte er klagend. »Wissen Sie, wieviel Prozent draufgehen bei so einer Operation?«
    »Kein Mensch geht drauf dabei.«
    »Sie wissen es eben nicht«, sagte er. »Ich weiß es. Eine der gefährlichsten Operationen überhaupt. Ein Freund von mir weiß Bescheid. Bloß nicht operieren lassen, sagt mein Freund. Tu ich auch nicht. Lieber kalte ich mein Leben lang das gottbeschissene Bruchband aus.« Ich ließ ihn quatschen. Je länger, je lieber. Die Amis und die deutsche Polizei brauchten Zeit, um hierherzukommen. »Und erst im Sommer, in der Hitze! Zum Verstandverlieren!«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Sechsundvierzig.«
    »Und wie lange haben Sie schon den Bruch?« Zeit. Zeit gewinnen jetzt.
    »Seit sechsundzwanzig Jahren«, sagte er.
    »Seit …«
    »Baseball.«
    So etwas mußte also offenbar keine Grenzen haben.
    »Sie haben Baseball gespielt?«
    »Glauben mir nicht, was?« Jetzt fing er an zu heulen, mein Herr Richter. Ich schwöre, er heulte. »Keiner glaubt es. Kein verfluchter Hurensohn glaubt es mir je. Dabei war ich der beste Pitcher und Outfielder in der Mannschaft.«
    »Was für einer Mannschaft?«
    »Universität.«
    »Welcher?«
    »Sag ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Geht Sie ’n Dreck an. Sie glauben mir ja auch nicht, daß ich der beste Pitcher und Outfielder war. Und dabei hab ich mir den Bruch geholt. Wollte immer zu den ›New York Yankees‹. War mein Traum. Hätte ich auch geschafft.«
    »Warum nicht zu den ›Giants‹?« Zeit! Zeit!
    »Die ›Yankees‹ sind eine Million mal besser. Joe DiMaggio war bei den ›Yankees‹. Mein Vorbild. Der Mann von der Monroe. Mensch, die Monroe! Aber ich mit meinem Bruch …«
    »Was haben Sie studiert?«
    »Jus.«
    »Sie sind doch nicht etwa Anwalt?«
    »Nein. Mußte das Studium abbrechen. Kein Geld mehr.«
    »Schlimm«, sagte ich. »Geht’s schon besser?«
    Er nickte.
    »Darf ich trotzdem noch ein bißchen liegenbleiben?« Er zerrte an seiner Krawatte und öffnete den Kragenknopf. »Mein Haar ist sauber. Gestern gewaschen.«
    »Wie sind Sie hier reingekommen?«
    »Durchs Fenster. über den Balkon.«
    »Fenster ist zu.«
    »Ja, jetzt. Als ich kam, war es halb geöffnet. Vom Stubenmädchen wahrscheinlich. Ich bin durch die Halle gegangen und raufgefahren mit dem Lift. Da war die Hoteltür noch offen. Hinter Ihrem Zimmer gibt’s keines mehr. Nur noch ein Raum für den Etagenkellner. Dort bin ich rein, und dann von Balkon zu Balkon. Außen rund um die Trennwand.«
    »Sie sind … im dritten Stock?«
    »Kleinigkeit. Absolut schwindelfrei. Hab schon ganz andere Sachen gemacht.«
    »Woher wußten Sie meine Zimmernummer?«
    »Weiß eine Menge über dich, Philip Kaven«, sagte er.

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    D as war nun weniger schön.
    »Ich heiße nicht Kaven, ich heiße Norton«, sagte ich.
    »Ja«, sagte er, »Scheiß mit Reis«, sagte er. »Philip Kaven heißt du, und der Kerl von der Moran bis du, und in Paris hast du dich im Hof von einem Krankenhaus mit ’nem Fotografen geprügelt. Hab den Artikel darüber gelesen. Kann nicht viel Französisch, nur ein paar Brocken. Die haben gereicht.«
    »Dir haben sie ins Gehirn geschissen«, sagte ich. Aber mir war sehr mulmig. Wer war dieser Kerl? Woher wußte er alles?
    »Die Berichtigung habe ich auch gelesen. Den Blödsinn über dieses kranke Kindermädchen, das man nach Madrid geflogen hat. Wieso stehst du in Nürnberg auf dem Scheißfriedhof beim Begräbnis von dem Jungen und frißt am Abend mit dieser Ärztin, wenn das kranke Kindermädchen in Madrid ist? Wieso bist du nicht bei diesem Kindermädchen? Was machst du in Nürnberg?« Er sah mich jetzt wieder an mit seinen irrsinnigen Augen. Ging ihm besser, das merkte man. Wie war er auf meine Spur gekommen? Wer war er überhaupt?
    »Was hast du denn in Paris gemacht?« fragte ich.
    »Wieso?« fragte er. Wie ein Trottel. »Wieso Paris?« Wie ein lebensgefährlicher Trottel.
    »Du sagst

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