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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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zwei Bilder moderner Maler.
    »Nehmen Sie Platz, Herr Kaven«, sagte Clarissa und setzte sich ebenfalls. Das Buch lag zwischen uns. Ich sah, daß Clarissas Bett sorgfältig aufgeschlagen war, aber daß sie es seit dem Morgen nicht benützt hatte. »Wie geht es Babs?«
    »Schon viel besser«, sagte ich. »Wirklich. Außer Lebensgefahr. Die Ärztin ist sehr zufrieden.«
    »Nicht so sehr wie ich«, sagte Clarissa. »Und Sie und Mrs. Moran natürlich.«
    »Natürlich«, sagte ich. »Wir werden Ihnen nie genug für Ihre Hilfsbereitschaft danken können, Clarissa.«
    »Herr Kaven!« Sie errötete noch tiefer. »Sie wissen doch, wie sehr ich … daß ich alles, alles tun würde für Sie und Babs und natürlich auch für Mrs. Moran – alles!«
    »Es kann noch eine Weile dauern«, sagte ich. »Sie werden vielleicht lange hierbleiben müssen.«
    »Wie lange?«
    »Das weiß ich noch nicht …« Sie blickte mich unentwegt an, und das hielt ich nicht aus und zog darum das aufgeschlagene Buch heran und sah auf eine Seite …
    KENT: Brich, Herz, ich bitt dich, brich …
    Ich sah auf.
    »Es gibt eine große Bibliothek hier, Herr Kaven.« Clarissa lächelte. »Ich lese sehr viel. Es gibt Bücher in allen Sprachen. Fast alle Klassiker deutsch. Schauen Sie nicht immer sofort weg, Herr Kaven! Ich schwöre Ihnen, ich werde niemals wieder davon reden oder Sie damit belästigen.«
    »Hören Sie doch auf mit dem Unsinn, Clarissa«, sagte ich. »Ich weiß, was für ein feiner Kerl Sie sind. Und unter Umständen …« So ist also das Leben, dachte ich. Damals – vor ein paar Tagen nur! –, als sie im LE MONDE über mich hergefallen war und mir ihre Liebe gestanden hatte, war ich entschlossen gewesen, dafür zu sorgen, daß sie so rasch wie möglich verschwand. Und nach dem Gastspiel, das sie bei Sylvia in Delamares Klinik gegeben hatte, erst recht. Da war ich nahe daran gewesen, zu ihr zu fahren und sie zu erwürgen. Sie hatte doch dieses ganze Ringelspiel des Wahnsinns, das sich nun schneller und schneller drehte, in Gang gesetzt. Und trotzdem, so schnell geht das, mein Herr Richter: Nun hatte ich nur einen brennenden Wunsch – daß sie treu war und tapfer und klug und verschwiegen, und daß sie bei uns blieb!
    Ich sagte: »Hören Sie, liebe Clarissa, Babs geht es so gut, wie es ihr im Moment nur gehen kann. Ich hätte Sie heute noch angerufen.« (Nie!) »Aber dann ist etwas passiert, und ich mußte nach Madrid kommen mit Bracken und diesem Anwalt Lejeune.«
    »Was ist passiert?«
    »Herr Doktor Wolken …«
    Ich erzählte ihr die ganze Geschichte, ich ließ nicht die kleinste Kleinigkeit aus, sie mußte jetzt informiert sein. So hatten wir es besprochen, bevor ich zu Clarissa gegangen war. Lejeune hatte gesagt, daß Clarissa jetzt alles wissen müsse, und Bracken und Professor Salmerón hatten ihm beigestimmt.
    Lejeune hatte gesagt: »Und der Mann, der Clarissa alles sagen und der herauskriegen muß, ob sie unter allen Umständen treu bei uns bleibt oder ob sie vielleicht auch kalte Füße bekommt, sind Sie, Monsieur Kaven.«
    Lejeune saß jetzt mit Dr. Wolken in irgendeinem Zimmer dieser großen Klinik und sicherte uns ab. Bracken redete wohl noch mit Salmerón. Na ja, und ich erzählte Clarissa alles.
    Als ich geendet hatte, stand sie auf, ging zum Fenster und sah lange hinaus. Dann sagte sie: »Man muß verstehen, was Herr Doktor Wolken getan hat – nach allem, was wir nun von ihm wissen.«
    »Wir verstehen ihn ja«, sagte ich. »Wir halten ihn nicht. Wie könnten wir ihn halten? Er fliegt von hier direkt in die Schweiz.«
    »Und Sie sind ganz sicher, daß er uns nie verraten wird?«
    »Ganz sicher. Da paßt Lejeune schon auf.«

55
    D as Gelände der ESTUDIOS SEVILLA FILMS ist riesenhaft und nimmt seinen Anfang beim Eingang an der Avenida Pio XII, sehr weit vom Stadtzentrum entfernt. Die Atelierhallen stehen nahe der Straße, ebenso die Verwaltungsgebäude mit ihren hohen, vergitterten Fenstern in andalusischem Stil.
    Eisiger Wind wehte hier draußen. Bracken stand neben mir vor dem Eingang zu den Studios, und er fror wie ich. Unser Taxichauffeur wartete mit seinem Wagen ein Stück entfernt. Nachdem wir das Krankenhaus verlassen hatten, waren wir hier herausgefahren, denn ich war hier noch nie gewesen, und Bracken wollte mir den Ort zeigen, an dem ein sehr großer Teil des teuersten Films, den SEVEN STARS je zu realisieren entschlossen waren und der Sylvias Traumrolle enthielt, nämlich DER KREIDEKREIS, entstehen

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