Niemand ist eine Insel (German Edition)
verkauft. Nach der Premiere kamen die Einspielergebnisse gleich Sturzbächen herein.
Walden versuchte nun, wieder mehr als seine zwanzig Prozent zu bekommen, doch Bracken zuckte nur die Schulter. »Keinen Pfennig mehr bekommst du, Idiot«, sagte er gelangweilt. Inzwischen waren die beiden einander bis zum ›Du‹ nahegekommen. »Derartige Blödheit, wie du sie bewiesen hast, muß bestraft werden. Im August noch hast du mich verflucht, weil wir da erst einskommasieben Millionen hatten, und in die Hosen geschissen hast du aus Angst vor dem Knast. Bißchen denken war dir nicht möglich.«
»Denken?«
»Daß die Geldsäcke erst zum Jahresende dringendst nach irgendeiner noch offenen Möglichkeit suchen würden, ihr – weißes oder schwarzes – Geld, soweit das nur ging, vor der Steuer in Sicherheit zu bringen«, sagte Rod Bracken. »Im übrigen: Mit zwanzig Prozent hast du mehr als genug, du dämliches Arschloch.«
Und damit war Rod Bracken praktisch über Nacht aus München, aus der Bundesrepublik, aus Europa verschwunden. Und praktisch über Nacht tauchte er in Kalifornien auf. Besaß wenig später eine Prunkvilla in Beverly Hills. Besaß eine Wagenflotte, bestehend aus einem Mercedes, einem Rolls und einem Bentley. Besaß zwei chinesische Diener, das damals teuerste und schönste Starlet Hollywoods, Antiquitäten in jeder Menge und Riesenaquarien, in denen er – unter Anleitung natürlich, aber ein Hobby mußte er nun einfach haben, Berühmtheit verpflichtet! – die seltensten und wunderbarsten und schrecklichsten Fische der Welt züchtete.
Ich erinnere mich noch daran, wie Bracken mir bei unserer ersten Begegnung eine Stunde lang über die Schwierigkeiten der Pflege des Serrasalmus piraya, des gefürchtetsten Sprosses der vier verschiedene Arten aufweisenden Piranha-Familie, dieser ›Murder Inc.‹ des Amazonenstromgebiets, berichtete.
Er hatte viel Geld mit seinem ›Chuzpe‹-Film verdient, klar. Das reichte jedoch nicht für den Luxus aus, in dem er nun lebte. Womit er noch Geld verdient hatte – viel, viel mehr Geld! –, das wußte damals nicht nur ich, das wußte jeder, der Bracken kannte. Ich sprach ihn daraufhin an, und er sagte, ich erinnere mich noch genau: »Na ja, klar, so war’s. Was hätten Sie gemacht? Den Trick mit der Filmfinanzierung kann man überall anwenden. Sie wissen, daß ich damals anfing, Reihenhäuser, Wohnwagenanhänger und Eigenheime zu finanzieren auf diese Weise – und auch größere Sachen natürlich. Hochhäuser, Tankerflotten und ein Großklinikum.«
»Das weiß ich«, sagte ich. »Aber wann haben Sie mit all dem angefangen?«
»Na damals, in der Zeit, in der ich so viel herumgereist bin, beim SCHWARZEN HIMMEL«, antwortete er. Nachdem er mich aufgefordert hatte, ihn zu begleiten, denn es war Zeit, die Angehörigen der Sippe Serrasalmus piraya zu füttern, sagte er noch: »Die dachten alle, ich würde Wochen und Monate brauchen, um die Besetzung für diesen kleinen Scheißfilm zusammenzubringen.« Er grunzte. »So was pisse ich besoffen in sechs Tagen in den Schnee. Nein, da habe ich natürlich meine anderen Firmen mit anderen Partnern gegründet! Treuhandgesellschaften gibt es auf der Welt zum Schweinefüttern. Als der Film anlief, warfen alle anderen Projekte schon Geld ab – selbst das Großklinikum stand bereits auf dem Reißbrett. Idioten. Sie glauben nicht, wie viele Idioten es auf der Welt gibt, lieber Freund.«
Ach ja, natürlich: Als ich Rod Bracken kennenlernte, war er bereits der Agent Sylvia Morans. Sie hatte ihm ein verrücktes finanzielles Angebot gemacht. Er bekam mehr Prozente von ihren Gagen als irgendein anderer Agent auf der Welt.
Sylvia sagte damals: »Er verdient sie auch, jedes einzelne Prozent, jeden einzelnen Cent. Er ist der genialste Mann, den ich je getroffen habe. Und deshalb mußte ich ihn natürlich haben.«
12
»… worum es sich bei diesem nächsten und größten Film, den Sylvia Moran und SEVEN STARS jemals produzierten, handelt, wird Ihnen Sylvia Moran nun selber sagen«, hörte ich plötzlich wieder Rod Bracken auf jener Pressekonferenz im DOLDER sprechen. Auf einmal war die Stimme wieder da. Nur drei Sekunden hatte ich sie nicht vernommen, hatte ich mich erinnert. Man kann sich an so vieles erinnern in drei Sekunden …
Da war der Saal im DOLDER, da waren die Kameras, die Scheinwerfer, die Mikrofone. Da war Sylvia, wunderschöne Sylvia, unirdisch schöne Sylvia. THE BEAUTY – DIE SCHÖNHEIT. Dieser Slogan war
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