Niemand ist eine Insel (German Edition)
Genierten.)
Nach einer Pause der Ergriffenheit sagte Claude Parron (englisch, wie alles, was er gesagt hatte) ernst: »Mrs. Moran, im Namen aller meiner Kollegen und im Namen aller Zuschauer und Zuhörer danke ich Ihnen. Wir alle, Millionen auf der ganzen Welt, freuen uns mit Ihnen, fühlen mit Ihnen, wünschen Ihnen allen, Ihnen, Mister Kaven, und natürlich unserer Babs, daß Sie drei immer weiter so glücklich bleiben mögen. Und wir hoffen, daß DER KREIDEKREIS Ihr größter Erfolg wird, Mrs. Moran. Wir danken Ihnen allen.«
»Wir danken Ihnen allen, meine Herren!« Sylvia erhob sich. Wir erhoben uns auch. Claude Parron trat vor und küßte Sylvia die Hand. Danach machte er eine tiefe Verbeugung.
Da standen wir nun – Sylvia, Bracken, Babs und ich – noch einmal grell im Licht der Scheinwerfer, lächelnd, Babs lachend.
Babs griff in eine der Vasen und reichte Parron eine rote Rose.
13
U nd dann ging’s los!
Aber vielleicht mit Schwung, mein Herr Richter. Ich sagte doch eingangs, daß ich meinen Maserati Ghibli (cremeweiß), den Sylvia mir geschenkt hatte, wirklich immer spielend leicht auf 290 Stundenkilometer brachte. Davon war natürlich keine Rede in der Stadt. Überhaupt nicht. Die Schweizer passen verflucht auf, und überall gibt es Schilder mit Geschwindigkeitsbegrenzungen. Aber dieser Maserati, der liegt einfach wie ein Brett auf der Straße, mit dem können Sie Haarnadelkurven nehmen, ohne den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Vom DOLDER runter gibt es ein paar solche Kurven, die Straßen, eng, schlängeln sich da den Berg hinauf.
Ich sauste talwärts. Pilatusstraße. Sonnenbergstraße. Nur die Pneus wimmerten, wenn ich das Lenkrad ganz einschlug, links, rechts, links. Nur Sylvias Zobelmantelschulter wurde dann immer gegen mich gepreßt, und ihr verrückter Zobelhut (sie war berühmt für verrückte Hüte) streifte dann immer mein Gesicht. Heusteig. Achtung, Hauptstraße! Bergstraße. Und im Rückspiegel sah ich sie, sah ich die Meute, hinter mir, mindestens zwanzig Wagen. Na fein. »Die schütteln wir nie ab«, sagte sie an meiner Seite.
»Nie, nein«, sagte ich. Achtung! Rämistraße. Die Universität. Die Universitätsstraße nach Norden rauf, vorbei an der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Links! Weinbergfußweg zuerst nach Westen, dann runter nach Süden. Die reinste Fuchsjagd. Jetzt hatte ich die City erreicht. Da war die Limmat! Über die Brücke! Am Hauptbahnhof vorbei! Ich konnte nicht schnell fahren. Aber geschickt. Und fahren kann ich. Irgendwas kann jeder Mensch. Die kamen vielleicht ins Schwitzen hinter uns, die Freunde, Jungs, Chums, Amici, Buddies und Copains von Rod! Jetzt die Limmat entlang, über den endlosen Sihl-Quai. Kreuzung Kornhauserstraße. Hops. Rotlicht überfahren. Langsamer. Sonst verloren die uns noch. So, da waren sie wieder. Weiter! Ich trat dem Maserati vielleicht das Gaspedal in den Bauch. Über die im Dunkeln glänzende Limmat, rechts die breite Hardtstraße. Ampeln jetzt, jede Menge Ampeln. Alle grün. Weiter! Schon ein Spaß, so ein Maserati, mein Herr Richter. Links, endlos, schwarz und riesig, das Industriequartier. Ich fuhr jetzt fast genau nach Westen, bis zum Sportplatz. Dort begannen die engen Kurven, die zur Auf fahrt der Autobahn führten. Links, rechts, rechts, links. Sylvias Zobel und der Zobelhut kamen mir dauernd ins Gehege.
Sie drehte sich um. »Keine Bange«, sagte ich, »die sind da. Die sind alle noch immer da.«
Wir hatten die Autobahn nach Bern erreicht. Der Fahrtwind pfiff um den Wagen. Ich fuhr jetzt schneller. Die, die uns jagten, auch. Ausfahrt Oerlikon. Ausfahrt Dietikon. Noch zwei, drei Ausfahrten, dann waren wir da, wo ich hinwollte, hinsollte, bei dem Autobahn-Brückenrestaurant Würenlos.
Dieses Brückenrestaurant, achtzehn Kilometer von Zürich entfernt, schwebt hoch über beiden Spuren beider Bahnen der Autoroute und noch ein weites Stück darüber hinaus. Hier gibt es sechs Restaurants, achtzehn Geschäfte, eine Bankfiliale, eine Telefonzentrale, Duschen, Wickeltische in Kinderstuben. Es gibt vierzig Tanksäulen nahe den Parkplätzen, auf denen rund siebenhundert Wagen Platz haben. Alles in dieser Autobahnraststätte ist täglich und (fast) rund um die Uhr geöffnet.
Ich fuhr auf den Parkplatz und hielt. Wir stiegen aus. Arm in Arm gingen wir über den dunklen Platz zu der phantastischen Brückenkonstruktion. Unter den sechs Restaurants ›Silberkugel‹, ›Silbermöve‹, ›Habsburger Grill‹,
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