Niemand ist eine Insel (German Edition)
Spanien drehen, Mrs. Moran?«
»Ja. In den ESTUDIOS SEVILLA FILMS in Madrid und in den Pyrenäen und bei Zaragoza und bei Barcelona. Das Stück spielt vor sehr langer Zeit in einer Provinz des Kaukasus, wie Sie wissen, in Grusinien. Spanien ist ideal dafür.«
»War es auch schon für ›Doktor Schiwago‹«, sagte Claude Parron.
»Richtig.« Sylvia nickte. Sie trug ein zweiteiliges Ensemble (Rock und Bluse) von Pucci, in dieser für Pucci typischen, wilden, herrlich wuchernden, flammenden Farbenpracht von Amethyst und Altrosa, vor ihr lag ein Täschchen in denselben Farben, auch von Pucci, sie trug schwarze Krokolederschuhe. Sie trug eine vierreihige Perlenkette mit einem großen Verschluß. Der Verschluß sah aus wie eine Rose. Die Blätter waren aus Brillanten, in der Mitte saßen drei Perlen. Sie trug Ohrclips, die wie der Verschluß der Kette gearbeitet waren. Sie trug einen Ring nach demselben Motiv, die Rose kleiner natürlich, und statt der drei Perlen gab es im Ring einen Brillanten, ich wußte, er hatte 20 Karat und die Güteklasse ›Jaeger‹. Das war Nummer Eins in der amerikanischen Nomenklatur. In Deutschland ist ›Jaeger‹ gleich ›River‹, und in Frankreich entspricht das ›Bleu-Blanc‹. Gebildet bin ich, mein Herr Richter, wie? Schließlich trug Sylvia noch auf dem Finger der anderen Hand einen Smaragd und am Gelenk eine Brillant-Uhr von Jaeger-LeCoultre. »Seit einem Jahr bereits laufen die Vorarbeiten«, sagte Sylvia. »Wir haben unseren Ehrgeiz dareingesetzt, auch noch die kleinste Rolle mit dem besten Schauspieler, den es für sie gibt, zu besetzen. Wir haben den besten technischen Stab – Kameramann, Tonmeister, Architekten und so weiter. Wir haben den besten Script-Writer …«
Da hatten die heute eine Menge zum Verdauen! Alles – was wahr ist, muß wahr bleiben, auch wenn ich ihn so sehr verabscheue, wie er mich verabscheut –, alles Rod Brackens Arbeit! Sylvia wußte schon, warum sie ihn so irrsinnig bezahlte. Der große Trick dabei: Mit diesen sensationellen Neuigkeiten über den nächsten Film kaschierte Rod mehr und mehr das Naheliegende: daß Sylvia nun verschwinden würde für einige Zeit! (Natürlich glaubte auch Babs daran, daß Mami Urlaub machen wollte, es kann ja wohl keiner so blöd sein und einem neunjährigen Kind erklären, was Liften ist.)
AFP-Mann Parron sagte: »Und eigens für diesen Film …«
»Er wird DER KREIDEKREIS heißen, Monsieur Parron«, sagte Sylvia.
»… eigens für den KREIDEKREIS haben Sie eine Gesellschaft gegründet, Mrs. Moran, die SYRAN PRODUCTIONS?«
»Ja. Bei einem so gewaltigen Projekt ist das nötig.«
»Klar! Wegen der Steuern!« rief jemand.
Sylvia nickte ihm freundlich zu.
»Natürlich auch deshalb. Ich habe nicht die Absicht, mich totzuschuften und bis zu meinem seligen Ende siebzig, achtzig, neunzig, dreiundneunzig Prozent Steuern zu bezahlen. Mit einer eigenen Gesellschaft habe ich es ein wenig besser. Etwas dagegen einzuwenden?«
»Aber ich bitte Sie, Mrs. Moran«, sagte Claude Parron verlegen. »Natürlich nicht. Wer ist Produktionschef, wer leitet die SYRAN-PRODUCTIONS?«
Sylvia sah mich an, die Augen leuchteten, vielleicht dachte sie an vorhin, vielleicht liebte sie mich wirklich so, mir wurde flau. Sie sagte ergriffen und sehr stolz: »Philip Kaven!«
»Philip Kaven?« Claude Parron versuchte, seine Verblüffung hinter begeistertem Staunen zu verbergen. »Das ist … daß Sie jetzt auch noch so eng beruflich zusammenarbeiten werden, Mrs. Moran, das ist einfach großartig!«
»Wissen Sie«, sagte Sylvia, »wir sind nun schon fast drei Jahre zusammen, Phil und ich. Und glücklich wie am ersten Tag. Warum?«
»Weil Sie, getreu Ihrer Überzeugung, daß die Ehe der Tod der Liebe ist, nie geheiratet haben«, sagte AFP-Parron.
»Gewiß. Dies ist nun einmal unsere Überzeugung – wir wollen sie keinesfalls propagieren! Bei mir und Phil hat sie sich als richtig erwiesen. Weshalb? Weil uns eine Liebe verbindet, bei der einfach alles, aber auch alles stimmt, körperlich und seelisch. Seelisch, das ist, was bleiben wird. Das ist das Allerwichtigste. Man muß dieselben Ansichten, Gefühle, Vorlieben, Aversionen, Gedanken haben. Bei Phil und mir ist das so. Zwischen uns herrscht absolute Harmonie. Dennoch sind wir zwei völlig selbständige Wesen. Ich weiß, daß Phil klug ist und gerecht und gütig und selbstlos …« (Wahrhaftig, mein Herr Richter, solche Sachen sagte sie, und ich saß da und spielte den leicht
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