Niemand ist eine Insel (German Edition)
Und Tokio und Buenos Aires. New York und Madrid und …«
»Da warst du überall?«
»Ich war noch an vielen anderen Orten, chérie, eigentlich kannst du überall spielen.«
»Du bist ein Spieler?« fragte Suzy bewundernd.
»Spieler!« sagte ich. »Ich bin kein Spieler, ich bin ein Verrückter! Wenn ich so einen Baccarat-Tisch, wenn ich so ein Pferdchen nur sehe, also das ist fast so schön wie …«
»Sei nicht ordinär!« sagte Suzy.
»… wie Weihnachten«, sagte ich.
»Es ist dir also gelungen, dreizehn Millionen in acht Jahren durchzubringen?«
»Also wenn man’s ganz genau nimmt, ja.«
»Chapeau!« sagte Suzy. »Und dann? Du sollst sie in Ruhe lassen! Du kriegst sie ja gleich wieder! Ich will nur endlich einmal Bescheid über dich wissen.«
»Na, jetzt weißt du doch aber Bescheid! Damals, 1968, in Baden-Baden, da war ich pleite. Und wenn ich pleite sage, dann meine ich pleite, ma p’tite. Ich hatte schon alle Menschen angepumpt, die ich kannte, in der ganzen Welt hatte ich Schulden, sogar in Baden-Baden. BRENNERS PARK-HOTEL.«
»Das beste?«
»Immer das Beste. Solange es nichts Besseres gibt! Drei Wochen die Rechnung nicht bezahlt. Im Restaurant aß ich immer noch Kaviar und trank Champagner, aber ich ließ alles auf die Rechnung schreiben. Sie sagten nichts. Sie glaubten, mein Bruder würde bezahlen, schlimmstenfalls. Würde einfach bezahlen müssen. Hatte schon so oft gemußt. Was sie nicht wußten: Mein Bruder hatte mir gesagt, nun sei der Ofen aus. Keine Zahlungen mehr. Und wenn ich ins Gefängnis käme. Und wenn es einen Skandal gebe. Er hatte die Nase voll. Wußte keiner, zum Glück. Nur ich. Schlimm genug. Am meisten tat mir der Nachtportier leid.«
»Von diesem Hotel?«
»Ja.«
»Wieso?«
»Den hatte ich auch schon angepumpt. Meine lieben Freunde, die Portiers in allen Hotels, weißt du. Haben mir immer geholfen. Aber damals … Ich habe gedacht, jetzt fährst du noch einmal raus nach Iffezheim und versuchst es. Zum letzten Mal. Und wenn du die letzte Mark verloren hast, nimmst du einen Strick und schießt dich damit tot. So weit war ich, ehrlich. Na ja, und an dem Nachmittag traf ich dann eben Sylvia.«
»Die Alte? Was machte denn die da?«
»Hatte in Frankfurt zu tun gehabt. Irgendeine Filmpremiere. Kam runter. Haufen Leute. Ihr Agent. Public-Relation-Manager. Die ganzen Bosse ihrer Gesellschaft, dieser SEVEN STARS. Auch der Präsident. Joe Gintzburger heißt er. Wohnten alle im BRENNER. Waren alle draußen in Iffezheim. Das einzige, was ich noch hatte, waren gute Sachen zum Anziehen. Ich bin ein Snob, weißt du doch.«
»Süßer Snob. Putzt du dir noch immer selber die Schuhe?«
»Immer noch! Werd’s auch weiter tun. Wo ich bin. Da kommt mir kein Mädchen ran und kein Butler und niemand im Hotel. Meine Schuhe muß ich selber putzen. Will dir ein Geheimnis verraten, Süße: Die können alle keine Schuhe putzen!«
»Aber du kannst es!« sagte Suzy.
»Ja, Donnerwetter, da kann ich ja doch wenigstens etwas!« sagte ich.
Sie hatte andere Platten laufen lassen, während ich sprach, nun hörte ich wieder John Williams, der dem Lieben Gott dankte dafür, daß das Paradies geöffnet war für eines Seiner Kinder, das kleinste, das ärmste …
»Stört dich das? Ich hab’ nicht gesehen, daß es die gleiche Platte ist …«
»Stört mich überhaupt nicht«, sagte ich. »Und ich weiß noch genau, ich hatte zweitausend Mark. Vom Nachtportier geliehenes Geld. Beim dritten Rennen war das. Sechs gab es. Da kam sie zu mir und sagte: ›Wollen wir nicht zusammen spielen und halbe-halbe machen, wenn wir gewinnen?‹«
»Die Alte kam zu dir?«
»Ja.«
»Du lügst!«
»Nein, wirklich, Suzy. Sie kam zu mir. Ich habe ihr gefallen, hat sie mir später gesagt. Und da kam sie einfach. Sie ist eben so.«
»’ne Hure ist das«, sagte Suzy böse. Ach, Suzylein.
»Nein, gar nicht. In diesen Kreisen … Weißt du, sie macht, was sie will. Großer Star. Berühmte Schauspielerin. Wagt doch kein Aas ihr was zu sagen. Will mich ja auch nie heiraten.«
»’ne Super-Hure ist das! Und?«
»Na ja, und ich sagte natürlich: ›Mit Vergnügen, Madame. Mit dem größten Vergnügen.‹ Ich war doch … Suzy! Zweitausend Mark hatte ich noch! Und die gehörten nicht mir! Die gehörten dem Nachtportier! Und das Hotel! Und mein Schneider! Und mein Hemdenmacher! Und das Finanzamt! Und die …«
»Hab schon kapiert. So war das also. Natürlich habt ihr verloren.«
»Gewonnen haben wir! Irrsinnig
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