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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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es keine laufenden Kameras. Sie müssen alles wissen, was geschah, also auch dies …
    »Ich will zu Babs!« schrie Sylvia plötzlich so laut, daß Bracken und ich zusammenfuhren.
    Ich sagte schnell zu Bracken: »Kennt hier jemand die Wahrheit?« Er konnte nur den Kopf schütteln, denn Sylvia schrie schon weiter: »Ich will zu meinem Kind! Ich muß Babs sehen! Ich muß, muß, muß sie sehen!« Und das alles mit dem bandagierten Kopf, die Schläuche waren jetzt weg. Sie holte keuchend Atem. »Es geht um mein Kind! Schaut mich nicht so an, es ist mein Kind! Ihr dämlichen Hunde, was wißt ihr von Kindern? Babs … Babs …«
    Und so weiter, sie war nicht zu unterbrechen. Bracken sagte mir ins Ohr: »Sie ist noch sehr schwach, laß sie toben. Lange tobt die nicht. Dann rede ich mit ihr.« Er war heiser – er war vor mir dagewesen und hatte seine Szene mit Sylvia schon gehabt. »Die Türen sind gepolstert«, krächzte er. »Man hört nichts draußen.«
    Danach hörten wir uns gute zehn Minuten an, was da aus Sylvia herauskam. (Bracken hatte ihre Kräfte mächtig unterschätzt.) Mein Herr Richter, eigentlich war das ja alles herzergreifend, was da herauskam – aber es konnte unser aller Ende sein. Erschütternd, voller Schmerz geschrien, voller Liebe – aber umsonst, absolut umsonst. Es gibt Dinge, die es nicht geben darf, nicht wahr?
    Als Sylvia einen Moment schwieg, machte Rod mir ein Zeichen. Jetzt mußte ich ran. Ich dachte an alles, was Ruth gesagt hatte, wie sie diese Frau verstehen konnte. Ich zog einen Stuhl dicht ans Bett und versuchte es auf die sanfte Tour: »Mein armes Hexlein, natürlich ist das schrecklich für dich. Aber du kannst nicht zu Babs, sieh das doch ein!«
    »Doch kann ich!« Jetzt war sie auf einmal leise. »Doch! Doch!«
    »Nein! Nein! Nein!« sagte ich. »Denk an die Reporter …«
    »Die Reporter sind mir scheißegal!«
    »Aber die Reporter bestimmen jetzt deine Zukunft! Denk an deine Zukunft!«
    »Die ist mir genauso scheißegal.« Wieder flossen Tränen. Bracken hinter mir fluchte obszön. »Babs! Babs! Ich bin schuld an allem!«
    »Was?« Ich starrte Sylvia an.
    »Ich bin schuld daran, daß Babs so krank ist.«
    »Du bist nicht schuld, du bist verrückt!«
    Jetzt rang sie die Hände. » Schuld bin ich! Hirnhautentzündung! Gehirnentzündung! Gerade das! Weißt du, was das bedeutet?«
    »Was?«
    »Das ist die Strafe Gottes für das, was ich da in Monte-Carlo gesagt habe! Jetzt straft er mich. Und ich bin schuld, bin schuld, bin schuld!« Nun schrie sie wieder.
    »Schrei nicht«, sagte Bracken, und sein Gesicht war wutverzerrt, aber diese Wut entsprang purer Angst, ich wußte es, mir ging es genauso. »Denk an dein Gesicht«, sagte Bracken. »Jede Grimasse, jede Verzerrung … Ich sage dir, du kannst nicht zu Babs! Wie denn? Auf einer Bahre vielleicht?«
    Jetzt wechselten Bracken und ich einander ab. Wenn es ums eigene Wohlleben geht, wird jeder ein brutaler Hund.
    Also ich, er, ich, er, ich.
    »Wenn das rauskommt, Babs und das Lifting und die Geheimnistuerei vorher, dann kannst du deinen Beruf aufgeben!«
    »Und dein Beruf ist doch dein Leben!«
    »Denk an den KREIDEKREIS!«
    »Der Film deines Lebens!«
    »Platzt alles!«
    »Es ist alles aus mit dir! Ich habe mit Joe telefoniert. Er sagt, wenn was rauskommt, nimmt kein Hund mehr ein Stück Brot von dir.«
    »Du hast nicht nur für den KREIDEKREIS einen Vertrag! Du hast schon Verträge für drei weitere Filme! Alle terminiert!«
    »Du hast deine eigene Firma!«
    »Was meinst du, werden die Banken sagen, die die Vorfinanzierung leisten?«
    Immer feste druff!
    Es ging um meine und Brackens Existenz.
    »Verträge geschlossen! Du kennst die Klauseln über die Konventionalstrafen! Das kannst du niemals im Leben bezahlen, wenn du jetzt nicht tust, was wir dir sagen! Und wir sagen dir: Du bleibst hier. Phil hält dich ständig auf dem laufenden. Damit die Reporter ihn nicht verfolgen, hat er schon ein kleines Studio. Von einem Freund, der verreist ist. Ganz woanders.« Das hatte Rod fein hingekriegt.
    »Und jeden Tag werde ich dir bessere Nachrichten über Babs bringen können«, sagte ich und sah Babs vor mir, sich erbrechend, kreischend, in dieser gräßlichen Körperlage, hörte Ruth Reinhardts Stimme: »Es geht ihr schlecht, Herr Norton«, hörte Dr. Sigrands Stimme, der darum bat, daß man ihm sein Bett in Babs’ Zimmer machte, dachte daran, mit welchem Wutschrei Babs auf mich eingeschlagen hatte – sagte: »Die Mittel wirken

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