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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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schon, Ehrenwort, bei meiner Liebe zu dir, Hexlein. Darum komme ich doch so schnell. Um dir zu sagen, daß alles gut werden wird.«
    »Das ist ein Beruf ohne Gnade, den du hast, Sylvia«, sagte Bracken. »Ein Fehler, der kleinste – und du bist raus für immer.« Er fuhr, wieder schneller werdend, damit fort, Sylvia auszumalen, wie sie bald schon, bald, von der Wohlfahrt werde leben müssen, falls sie jetzt nicht vernünftig war.
    »Vernünftig!« sagte sie schluchzend. »Wenn ich doch schuld bin an allem, wenn Gott mich doch straft.« Es geht schnell mit den Schuldgefühlen, von denen Ruth erzählt hat, dachte ich, und hörte Bracken sprechen: »Jawohl, vernünftig. Du kannst jetzt nichts tun für Babs – aber dir kannst du jetzt alles kaputt machen. Für den Rest deines Lebens. Mit Clarissa und dem Arschpauker, diesem Wolken, bin ich klar. Die bleiben im Hotel. Phil ist offiziell kurz nach Madrid geflogen, wegen erster Vorbereitungen für den KREIDEKREIS. Dann kommt er zurück nach Paris. Dann ist auch Babs wieder okay. Nur jetzt kein Aufsehen. Was glaubst du, wie gerne ich Clarissa, die dumme Sau, feuern würde. Aber dann quatscht sie, das ist noch gefährlicher!«
    »Clarissa liebt Babs«, sagte Sylvia. »Darum allein ist sie hergekommen.«
    »Natürlich liebt sie Babs. Wunderbare Frau«, sagte Bracken. Er setzte sich auf den Bettrand und sprach langsam, und ich wußte genau, was er sagen würde, und er sagte es auch: »Sieh mal, Sylvia, im Moment – nur im Moment, ein paar Tage höchstens – gibt es einen einzigen Menschen, der die Lage retten kann. Das ist Phil.«
    Na also.
    »Er kann sich immer um Babs kümmern und immer zu dir kommen. Er hat das Vertrauen der Ärzte – sonst niemand. Er kann die Sache absolut geheimhalten – sonst niemand. Er ist der einzige, der jetzt für deine Karriere und dein Glück mit Babs sorgen kann und sorgen wird – was, Phil?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    Da war sie schon weich.
    »Wenn es dich nicht gäbe, mein Wölfchen … Was würde ich tun ohne dich jetzt … Ich wäre verloren …«
    »Na, aber es gibt mich doch, und ich liebe dich doch, mein Hexlein, und ich liebe doch Babs, das weißt du. Oder?«
    Tränen rannen aus ihren Augen über die schwarzen, blauen, grünen Hautflecken auf den Verband. »Natürlich weiß ich das, mein Wölfchen. Mein so sehr geliebtes Wölfchen.«
    Bracken sah mich an. Ich sah ihn an. Diese Krise hatten wir also überstanden. Noch nicht ganz, aber fast. Das war vielleicht ein Blickwechsel, mein Herr Richter.
    »Ihr habt recht«, sagte Sylvia. »Es geht nur so. Ich danke euch beiden – für all das Gute, das ihr mir tut.«
    Sie glaubte wirklich, was sie da sagte. Arme Sylvia. Daß Bracken und ich jetzt auch alles taten, was gut für uns war, weil es auch um unsere Existenz ging, bekam sie nicht mit. Zum Glück. Ich holte tief Atem, damit mir nicht schlecht wurde (Sylvia roch natürlich immer noch nach Krankenhaus) und küßte sie auf den Mund und knabberte ganz leicht an ihrer Unterlippe. Das hatte sie gerne.
    »Du bist der beste Mann auf der Welt«, sagte Sylvia. Der Ausbruch war vorbei. »Und du natürlich auch, Rod. Ihr seid beide die besten Männer auf der Welt. Und ich liebe euch beide.«
    »Ich gehe noch einmal zurück ins Hospital.« (Ich dachte gar nicht daran – ich mußte ja zu Suzy.) »Nur so. Babs schläft jetzt tief und fest. Und morgen komme ich wieder zu dir, mein Hexlein.«
    »Danke, Wölfchen, danke. Nie, nie werde ich dir vergessen, wie du dich jetzt benimmst.« Aus ihren verquollenen Augen kullerten Tränen, Tränen, Tränen.

45
    D raußen auf dem Gang verabschiedete ich mich von Bracken. Er mußte schnellstens ins LE MONDE zurück, um neues Unheil zu verhindern. Ich war ja nun angeblich mit Babs in Madrid. Ich mußte sehen, daß ich unerkannt zu Suzy kam, in ihre Wohnung, in mein neues Heim. Es ist seltsam, mein Herr Richter, aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, habe ich, seitdem ich erwachsen war, niemals ein eigenes Zuhause, ein eigenes Daheim gehabt. Etwas, das wirklich mir gehörte, das ich liebte, wohin ich mich zurückziehen und einschließen und Ruhe finden konnte. Nein, niemals …
    Die Ordensschwester Hélène vertrat noch immer die ausgefallenen weltlichen Schwestern. Ich sah sie da in ihrem Zimmer sitzen, nachdem ich den dicken Vorhang zurückgeschoben hatte, an dem großen Schreibtisch mit den Krankengeschichten, Medikamentenpackungen und Spritzen. Hélène hatte aufgeblickt.
    »Oh,

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