Niemand ist eine Insel (German Edition)
du. Verstehst du? Darum verstehen wir einander so gut. Darum liebe ich dich als ersten Mann wirklich!«
»Moment mal«, sagte ich. »Wieso bist du ein Stück Dreck wie ich? Du arbeitest schwer, du hast deinen Kosmetiksalon in der Avenue Charles Floquet beim Eiffelturm, feine Gegend, du hast fünf bildhübsche Mädchen, die auch arbeiten, du hast es zu etwas gebracht …«
Sie unterbrach mich: »Phil! Hast du das noch nicht erkannt? Ein Mann wie du? Du hast es wirklich nicht gemerkt?«
»Gemerkt was?«
»Meine fünf bildhübschen Mädchen«, sagte Suzy.
»Was ist mit denen?« fragte ich.
»Das sind fünf bildhübsche Huren«, sagte Suzy. »Also das kann ich nicht fassen, daß du das nicht gemerkt hast. Wirklich nicht?«
»Wirklich nicht«, sagte ich.
»Mein süßer Kleiner! Da würde dich jede drüber lassen, wenn du zahlst. Traut sich nur keine. Weil sie wissen, du gehörst zu mir. Wenn die wüßten, was für einer du bist, würden sie dich bezahlen«, sagte Suzy. »Bis jetzt ist der Laden prima gelaufen. Fabelhaft. Die Kerle haben die Mädchen angequatscht, dann haben sie sich irgendwo getroffen, dann haben sie’s getrieben, und dann haben die Mädchen abgeliefert. Hat niemals eine geschummelt. Für meine Mädchen lege ich die Hand ins Feuer!«
»Fein«, sagte ich. »Großartig. Aber wenn der Laden so läuft, wo gibt’s dann Schwierigkeiten?«
»Sie schaffen’s nicht mehr«, sagte Suzy.
»Was?«
»Na!« sagte Suzy. »Was wohl? Hat sich rumgesprochen, was für süße Kätzchen das sind, die Kerle kommen immer wieder, und immerzu kommen neue. Wir verdienen uns alle blöd, aber wenn das noch einen Monat so weitergeht, kann ich zumachen, denn dann sind alle meine fünf kleinen, süßen Kätzchen fertig … fix und fertig.«
»Siehst du«, sagte ich, »so hat jeder seine Probleme.«
»Ich habe schon daran gedacht, daß ich auch mitarbeite, so fest ich kann, wie die anderen, ich bin nicht die ›Chefin‹, ich bin nicht was Besseres, alle Menschen sind gleich vor Gott, nicht wahr, mon petit chou? Aber was hätte das genützt, wenn ich mich auch noch hätte stoßen lassen? Tropfen auf ’nen heißen Stein, mehr nicht. Endlich haben wir Geld wie Heu, alle. Und gerade jetzt ist’s aus. Einfach nicht mehr zu schaffen.«
»Du wirst doch Gräfin«, sagte ich. »Dann hast du das nicht mehr nötig. Dann verkaufst du deinen Salon.«
»Werde Gräfin«, sagte Suzy bitter. »Und wen krieg ich da? Ich will dir was sagen: Seit ich dich kenne, ist mir der Kleine zum Kotzen. Mir wird richtig koddrig, wenn der mich nur anfaßt. Damit mir schlecht wird, genügt schon, daß ich ihn sehe.«
»Na!«
»Nichts na! Das ist die Wahrheit! Was glaubst du, was ich froh bin, daß der jetzt nach Acapulco ist. Aber er kommt wieder. Und du gehst wieder. Und dann bin ich wirklich Gräfin. Und dann?«
Ich trank noch einen Calvados. Suzy auch einen.
»Die Mädchen haben dich so gerne«, sagte sie. »Alle. Jede würde alles für dich tun. Ich habe mit ihnen geredet vor ein paar Tagen. Ganz offen. Ich habe genug, um einen zweiten Salon zu eröffnen. Hübsche Mädchen laufen massig herum in Paris. Noch hübschere! Ich könnte mir Spezialistinnen suchen. Du weißt schon … Würde ich alles kriegen. Würden wir steinreich werden – oder glaubst du nicht?«
»Ich bin überzeugt davon«, sagte ich.
»Na ja, und da ist die Schwierigkeit.«
»Welche?«
»Ich könnte das dann nicht mehr überblicken«, sagte Suzy. »Wäre zu groß für mich, das Unternehmen. Auf die Mädchen aufpassen. Auf die Abrechnungen. Auf die Kerle, die kommen. Also bei einem zweiten Salon, da brauchte ich unbedingt einen Mann, der mir hilft. Einen Mann wie dich.«
Ich schwieg.
»Einen Mann wie dich, habe ich gesagt!« sagte Suzy.
»Hab’s gehört«, sagte ich.
»Und was hältst du davon?«
»Ja, also …«
»Schau mal«, sagte sie eifrig, »ist doch alles ganz einfach. Du läßt die Olle sausen. Du läßt Babs sausen.«
»Wenn das so einfach wäre!«
»Hast du eine Ahnung, wie einfach das ist! Hast du eine Ahnung, was für Kunden ich habe! Keine gewöhnlichen Flics. Ach woher denn! Ich habe dir doch gesagt, die Allerobersten! Da habe ich immer aufgepaßt! Zuerst Freunde bei der Polente, das ist das wichtigste! Natürlich gibt es Skandal, wenn du plötzlich verschwunden bist. Aber finden? Finden wird man dich nie! Du hast doch noch niemandem die Adresse von der Wohnung hier gegeben, wie?«
»Niemandem.«
»Und als du mich angerufen hast aus dem
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