Niemand ist ohne Schuld - Dark village ; 3
wie sie und Nora oder Nora und Vilde. Zwischen ihnen hatte es eine besondere Verbindung gegeben. Sie waren ineinander verliebt gewesen â¦
11
Werner stand auf der Treppe und sah Doktor Wolff hinterher. Der Arzt gab Gas und verschwand in einer Staubwolke die SchotterstraÃe hinunter.
Sigrid kam heraus. Sie hatte am Küchenfenster gestanden und das Gespräch mitangehört. âHast du etwas anderes erwartet?â, fragte sie. âVon diesem Hallodri?â
âNeinâ, sagte Werner. âWahrscheinlich nicht.â
âIn einem Moment heiÃt es: Ja, das können wir testen. Und im nächsten: Entspannen Sie sich.â Sigrid verschränkte die langen, dünnen Finger vor der Brust. âKurpfuscher.â
âJa, jaâ, seufzte Werner.
âWir wissen, dass sie speziell istâ, sagte Sigrid. âWir wissen, dass sie nicht so ist wie andere Kinder.â
âJa, jaâ, wiederholte Werner.
Dann gingen sie ins Haus, setzten sich in die Küche und tranken in aller Stille Kaffee. Erst später am Abend kam Werner der Gedanke, dass sie die Sache vielleicht falsch angegangen waren. Vielleicht waren Ãrzte und Untersuchungen und Krankenhäuser gar nicht die Lösung für Elines Andersartigkeit.
Er teilte Sigrid seine Ãberlegungen mit.
Sie sah ihn an. âJetzt komm bloà nicht auf komische Ideen.â
âIch meine es ernstâ, sagte er. âVielleicht ist ja gar nichts verkehrt mit ihr, möglicherweise ist das einfach ihre Wesensart. Vielleicht ist es genetisch, irgendwas, das sie geerbt hat.â
âGeerbt?â Mit einem Mal begriff Sigrid, worauf er hinauswollte. Sie erstarrte auf ihrem Stuhl.
âJa, weiÃt du, irgendwas, was in der Familie liegt.â
âWerner, fang nicht â¦â
âAberâ, unterbrach Werner sie. âEs ist an der Zeit.â
âWir haben es versprochenâ, sagte Sigrid. âDas können wir nicht tun. Wir haben es versprochen!â
âDamals wussten wir ja auch noch nichts davon! Es geht doch darum, das Beste für Eline zu tun. Und jetzt â¦â Werner schluckte, sodass sein Adamsapfel hüpfte. âJa, jetzt ist eben der Zeitpunkt gekommen, sich mit ihrer Mutter zu unterhalten.â
12
Auf dem Heimweg grübelte Nora darüber nach, wie sich alles verändert hatte. Sie dachte eigentlich ununterbrochen darüber nach, ohne dass sie dabei irgendwie schlauer wurde.
Vor vier oder fünf Wochen hatte sie und Vilde und Benedicte und Trine noch eine unzerstörbare Freundschaft verbunden. Keine von ihnen hätte es jemals für möglich gehalten, dass sie in die Brüche gehen könnte. Sie war eine Selbstverständlichkeit gewesen â ein Fundament ihres Lebens.
Jetzt war Trine nicht mehr da und Benedicte und Vilde waren weiter weg als je zuvor. Vilde war wütend und frustriert und Benedicte wirkte rastlos und verwirrt. Egal, was ich tue, es ist ja doch verkehrt.
Und Nick! Er hatte sie angelogen. Oder zumindest hatte er ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt â von der DVD und der Erpressung war nie die Rede gewesen. Warum hatte er nichts davon gesagt? War da noch mehr, was er ihr verheimlichte?
Und waren die anderen Sachen, die er gesagt hatte, vielleicht auch gar nicht wahr? Wie zum Beispiel âIch liebe dichâ?
Nein! Nora stieg die Treppe zur Haustür hinauf. Ich muss aufhören, so total negativ zu denken. Wahrscheinlich gibt es für die Sache mit Nick eine gute Erklärung und vielleicht können Vilde und Benedicte und ich alles in Ordnung bringen. Ich muss daran glauben, ich muss mich trauen, daran zu glauben, dass es klappt, sonst ist sowieso alles sinnlos.
Sie ging geradewegs in ihr Zimmer, schaltete die Musik an und lieà sich in den Sessel neben dem Bett fallen. Sie schlug ein Bein unter und starrte mit leerem Blick an die Wand, während Shakira This house is full of emptiness sang.
Nora rutschte auf der Sitzfläche nach vorn und legte die FüÃe aufs Bett. Sie wusste, was Vilde jetzt gesagt hätte: Du machst aus allem ein Problem, Nora. Vielleicht war es ja so einfach. Möglicherweise machte sie sich zu viele Gedanken und schaffte es nicht, über den eigenen Tellerrand zu gucken.
Aber Trine war tot. Das war die Realität! Es war schrecklich viel Mist passiert. Sie konnte doch nicht durch die Gegend laufen und so tun, als wäre nichts?!
Nora kam sich vor wie ein Kind. Sie saà in ihrem
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