Niemand ist ohne Schuld - Dark village ; 3
Fliesenboden etwas verbirgt.
Aber was, wenn dieses Etwas ihn ebenfalls entdeckt? Er schaut an sich runter. Seine Fäuste sind geballt, er hat Bauchschmerzen und alle Muskeln tun ihm weh. Seine Zehen wackeln in den Schuhen auf und ab, als trommelten sie auf den Boden.
Es gibt keine Monster , denkt er. Das weià er ganz genau. Es gibt seltsame Geräusche und böse Menschen, aber Monster gibt es nicht.
Gibt es nicht! Gibt es nicht!
Trotzdem ist er überzeugt, dass im Wohnzimmer irgendwas ist. Etwas GroÃes und Schlimmes und sehr, sehr Schreckliches. Vielleicht ist es kein Monster, aber doch etwas, vor dem er sich fürchten sollte. Er kann es fühlen. Hier stimmt etwas nicht, alles ist irgendwie anders. Nicht nur dieses Geräusch. Abgesehen von dem seltsamen Knirschen ist es so unglaublich still, dass es einem wie Druck auf den Ohren vorkommt.
Und so ist es sonst nie.
Nn ⦠nn â¦
Ganz leise jetzt. Kaum zu hören. Und der Schatten auf dem Boden ist einfach nur noch schwarz. Bewegungslos.
Sei mutig , denkt er. Sei wie Katie, tu, was sie getan hätte.
Er steckt noch einmal den Kopf durch die Tür, langsamer diesmal, bis er gerade einen Blick ins Wohnzimmer werfen kann, dann zuckt er zurück.
Was war das? Er ist sich nicht sicher.
Es war dunkel, vielleicht. Nicht der Schatten, sondern das, was den Schatten wirft. Es war finster und sehr groÃ.
Er wagt einen weiteren Blick. Ist schon mutiger geworden und hält den Kopf so lange ruhig, dass er ein paar Sekunden gucken kann, ehe er ihn wieder zurückzieht.
Hinter dem groÃen Dunklen ist das Wohnzimmerfenster. Die Sonne dringt durch die dünnen Vorhänge, hier und da fällt sie durch einen offenen Spalt. Staub tanzt in der Luft. Die Sonnenstrahlen verleihen dem groÃen Dunklen einen goldenen Umriss, fast als glühte es rundherum. Dadurch wird es im Inneren noch schwärzer.
Er kann nicht erkennen, was es eigentlich ist. Aber er hat das Gefühl, dass er es anfassen könnte, dass er es berühren könnte, als wäre es real, wie ein echter Mensch oder ein Tier.
Noch ein viertes Mal wagt er sich vor. Er blinzelt ins Gegenlicht. Es ist vollkommen still. Das seltsame Geräusch ist weg, der Schatten bewegt sich nicht mehr.
Vorsichtig macht er einen Schritt nach vorn und bleibt im Türrahmen stehen. Nichts passiert. Es ist immer noch ruhig. Er macht noch einen Schritt ins Wohnzimmer. Die Neugier treibt ihn voran.
Zwei oder drei Schritte später weià er, dass ihn nichts mehr aufhalten kann. Er hat keine Angst.
Seine FüÃe bewegen sich von ganz allein. Er hält den Blick gesenkt und er weiÃ: Wenn er jetzt die Hand ausstreckt, kann er das Ding anfassen.
Langsam schaut er auf. Es ist aus Stoff. Das ist sein erster Gedanke. Es ist Stoff, man kann es anfassen und die Oberfläche befühlen. Er streckt die Hand aus. Vielleicht wird es ja besser, wenn er es berührt, wenn er spürt, dass es irgendwas ganz Normales ist. Einfach Stoff.
Von Weitem hört er ein Geräusch. Die Haustür geht auf und wieder zu. Er weiÃ, dass Katie nach Hause gekommen ist, aber er sagt nichts. Er ruft nicht nach ihr, er dreht sich nicht um und rennt zu ihr. Er kann nicht.
Er ist wie gebannt von diesem Ding. Tief im Inneren weià er, was es ist. Er weià es schon eine Weile, aber er begreift nicht, was es zu bedeuten hat.
Er runzelt die Stirn, presst die Lippen aufeinander und streckt sich noch ein bisschen weiter, die letzten Zentimeter.
âNicholas.â
Er spürt den Stoff unter den Fingerspitzen. Und genau in diesem Moment nimmt er auch den gewohnten Geruch wahr. Als hätte der nur darauf gewartet, dass seine Finger ihn befreien. Der Geruch hat auf ihn gewartet â im Hinterhalt gelegen â und jetzt umgibt er ihn. Er hüllt ihn ein und irgendwo in seinem Körper fühlt er einen schrecklichen Druck.
Groà und schmerzvoll und gleich wird er ihn überwältigen und wie eine Coladose zerdrücken. Crash!
âNicholas. Nicht!â
Er hört die Panik in ihrer Stimme und bekommt Angst.
Er schubst das Ding weg. Er schubst, so fest er kann, und schreit dabei: âGeh weg!â
Und das Ding bewegt sich, erwacht zum Leben und schwingt schwer vor ihm hin und her und es macht: Nnnn ⦠nnnn â¦
Ihre Arme umfangen ihn. Sie ist viel gröÃer als er und sie drückt sein Gesicht an ihren Bauch. Nicholas, guck nicht hin, Nicholas. Aber natürlich guckt er
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