Niemand ist ohne Schuld - Dark village ; 3
hin, erst recht, wenn sie es verbietet.
Er macht sich los, und erst in diesem Augenblick ist sein Gehirn bereit, die Puzzleteile zusammenzusetzen und die Wahrheit zu erkennen.
Das stumpfe Knirschen kommt von einem dicken Seil, das am Dachbalken hängt. Und der Schatten â der sich so seltsam bewegt und langsam gedreht hat â stammt von einem Menschen. Dort hängt ein Mensch mit einem Seil um den Hals.
Katie flüstert: âScheiÃe. Verdammte ScheiÃe. Hoffentlich landet er in der Hölle.â
Sie zieht Nicholas an sich und diesmal wehrt er sich nicht. Jetzt ist es schön, dass sie ihn festhält. Ihr Geruch vertreibt den anderen, stechenden, der in seiner Nase brennt. Sie darf mich nie, niemals verlassen, denkt er.
Nicholas ist vier Jahre alt. Seine Schwester, Katie, ist zehn.
Vor ihnen hängt ihr Vater.
5
âIch weigere michâ, sagte Wolff. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.
âSie weigern sich?â Der Ermittlungsleiter seufzte. âWogegen denn? Haben Sie es sich anders überlegt? Waren Sie es doch nicht?â
âNein. Ja. Doch. ScheiÃe. Das meine ich nicht.â
âSie sagten â¦â
âHören Sie auf, mir das Wort im Mund umzudrehen.â
âIch habe Ihnen nicht das Wort im Mund â¦â
âIch weigere mich, noch irgendetwas zu sagen. Das meine ich. Ich verweigere die Aussage.â
âAha.â
âJa.â
âSie verweigern die Aussage? Haben Sie keine Lust mehr?â
âJa. Ich verweigere die Aussage.â
Der Ermittlungsleiter gähnte demonstrativ. âSo gesehen.â
âIch habe das Recht dazu. Oder nicht?â, sagte Wolff.
Er sah den Ermittlungsleiter an, der seinen Blick desinteressiert erwiderte. Er sagte nichts. Wolff schaute zu Kruse hinüber, der als stummer Beobachter mit dem Block auf den Knien und dem Stift in der Hand ein Stück weiter hinten saÃ.
Der Ermittlungsleiter trank einen Schluck Kaffee und schmatzte leise.
Wolff wurde unsicher. âIch kann doch die Aussage verweigern! Ich habe Rechte.â
âSelbstverständlich.â Der Ermittlungsleiter stellte die Tasse auf dem Tisch ab. âSie haben unendlich viele Rechte.â
âDann mache ich hiermit davon Gebrauch. Ich verweigere die Aussage.â
âSoso. Na schön.â
âSchön?â Wolff stand der Mund offen.
âJa, es ist ohnehin egalâ, sagte der Ermittlungsleiter. âEs spielt keine Rolle, ob Sie noch was aussagen.â Er lachte kurz auf. âDu lieber Himmel, Sie lügen ja sowieso.â
âIch lüge nicht!â
âDoktor Wolff, Doktor Wolff.â Der Ermittlungsleiter schüttelte lächelnd den Kopf. âJetzt wird es langsam kindisch. Wir verlieren an Niveau.â
âNein. Ich will â¦â
âIch mache diesen Job seit dreiÃig Jahren. Verstehen Sie? Seit dreiÃig Jahren sitze ich Leuten wie Ihnen gegenüber. Und wie ich bereits sagte: Ihr lügt alle.â
Wolff öffnete den Mund und wollte wieder protestieren, aber der Ermittlungsleiter stoppte ihn mit erhobener Hand: âIch weiÃ, warum Sie mir nicht erzählen wollen, was da am See passiert ist. Ich weiÃ, warum Sie keine Details preisgeben wollen. Glauben Sie, ich hätte in den dreiÃig Jahren nichts gelernt? Ich sage Ihnen: Sie bewegen sich auf dünnem Eis, und mit jeder Sekunde, die Sie weiter dieses Spiel spielen, wird es dünner. Ich weiÃ, dass Sie lügen. Und ich weiÃ, dass Sie nicht den Mumm haben, uns auch nur einen winzigen Anhaltspunkt zu liefern, weil Sie dann dran sind. Weil wir dann Ihre ganzen Lügen eine nach der anderen auseinandernehmen werden.â
Der Ermittlungsleiter lehnte sich zufrieden auf seinem Stuhl zurück. Ich weià genau, wie ich dich kriege, du Blödmann. âSo siehtâs aus.â Er grinste schadenfroh.
Es wurde still. Der Ermittlungsleiter trank Kaffee, Kruse räusperte sich und hielt den Blick gesenkt. Er kapierte nicht ganz, was hier ablief, und wollte auf keinen Fall riskieren, dass irgendjemand das bemerkte.
âEgal, was ich sageâ, begann Wolff langsam. Er atmete schwer aus und beugte sich vor, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt, den Kopf in den Händen. âIch meine, was soll ich tun? Ich habe zugegeben, dass ich sie umgebracht habe, aber egal, was ich sage, Sie sind ja doch nicht
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