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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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mehr.«
    Beleidigt mauzte Lilly auf, machte aber nicht kehrt, sondern schritt erhobenen Hauptes voran. Von einem Niemand ließ sie sich nicht ärgern, auch nicht, wenn er der Herrscher des Landes war. Außerdem glaubte sie, dass sie Nina und Niemand beschützen musste. Vor den E-Mann-Zehen hatte sie – die Abrissbirnenkatze, jetzt Lilly – die beiden Erdbeertörtchen schließlich auch gerettet.
    »Lebt auch das Christkind bei euch?«
    Lilly stoppte und sah zu Nina auf, die aussah, als platze sie gleich vor Neugierde, und deswegen drängelte: »Sag schon.«
    »Klar!«, sagte Niemand.
    »Aber da gehen wir jetzt nicht mehr hin. Ihr wollt doch noch beim Thron ankommen.«
    »Du willst doch gar nicht, dass wir zum Thron gehen.« Niemand roch leicht nach Pfeffer, er ärgerte sich über Lilly.
    »Aber wir könnten zum Christkind gehen?«, wollte Nina weiter wissen. »Wie weit ist es von hier?« Nina trat von einem Fuß auf den anderen und machte Lilly nervös, darum log sie: »Es ist sehr weit von hier, wir müssten zurückgehen, beim Nikolaus rechts abbiegen, die Glaubensgasse entlang, Richtung Floskelweg und dann …«
    Niemand unterbrach sie: »Blödsinn. Es ist nicht weit. Aber das Christkind mag keine Besuche, es hat zu viel zu tun.«
    »Und was macht es so, das Christkind?«
    Sie gingen schnellen Schrittes voran und hatten die von Tannen gesäumten Wege hinter sich gelassen. Der Boden war trocken und staubig. Lilly musste niesen. Laubbäume ragten bis in den Himmel hinauf. Sie folgten dem Namenlosen Weg, der den Floskelwald und den Niemandswald trennte.
    »Was das Christkind macht?«, wiederholte Niemand. »Ich weiß es nicht.«
    »Och, Niemand, das solltest du als Herrscher aber wissen«, spottete Lilly.
    Doch Niemand zuckte nur mit den Achseln.
    »Tja, und ich darf es nicht sagen.«
    Niemand lachte. »Du weißt es selbst nicht, gib es zu!«
    »Natürlich weiß ich es. Ich weiß alles, ich bin schon überall hingekommen, sogar bei den Kreischzwergen war ich.«
    »Ja, die sind auch echt gefährlich.« Niemand verhöhnte Lilly.
    »Hört sofort auf, euch zu streiten!«
    Lilly sah Nina an und grinste. Sie mochte dieses Mädchen, das so vieles zu bewirken schien.
    »Ihr seid ja richtige Streithähne!«
    Es entstand eine kleine Pause, dann lachten Lilly und Niemand, und schließlich meinte Lilly: »Nein, das sind wir nicht. Wart ab, bist du die kennenlernst.«
    »Streithähne?« Nina stutzte. »Streithähne gibt es hier genauso wie die Arschkriecher und den Nikolaus?«
    »Kindchen, du musst noch viel lernen«, stellte Lilly fest.
    »Ja, das glaube ich auch.« Nina kickte einen Kiesel in hohem Bogen in den Wald.
    Ein schmerzhaftes »Aua!« ertönte. »Aua!«
    Nina zuckte zusammen. »Was war das?«
    Doch die Frage musste lauten: Wer war das?
        

22.

    »Du hast das Wurzelmännchen getroffen!« Niemand ergriff Ninas Hand. Sie mussten aus der Gefahrenzone raus!
    »Wer ist das Wurzelmännchen?«
    Niemand antwortete ihr nicht, er schnappte sich Lilly, die protestierend aufmaunzte, und zog Nina mit sich. Im Unterholz krachte es, ein Fluchen und Kreischen folgte, dann ein Brüllen und Wüten, Schnaufen und Wühlen.
    »Das Wurzelmännchen gehört zur Gattung der Wüteriche«, mauzte Lilly und schnappte nach Luft. »Drück doch nicht so fest, ich kann kaum atmen!«
    »Ich kann dich auch fallen lassen – mal sehen, ob das Wurzelmännchen dich erwischt«, sagte Niemand, genervt von der vorlauten Katze. Die ABK hatte ihnen das Leben gerettet, sicher. Aber sie sollte mit ihren blöden Kommentaren aufhören. Sonst würde sie noch zum Besserwisser und ob sie das wollte? Niemand bezweifelte es.
    Hinter ihnen rumste es. Sie zuckten zusammen und blieben stehen. Die Sensationslust zwang sie zurückzusehen, als wollten sie sich versichern, ob sie eine Chance hatten, dem Wurzelmännchen und seinem Wutausbruch zu entkommen.
    Das Wurzelmännchen lebte im Floskelwald, meist schlief es einen Jahresschlaf, aber wenn es gestört wurde, rastete es vollkommen aus. Dann schrie und kreischte es lauter als der Teufel und schlimmer als der Schreihals, jedoch nicht so ohrenbetäubend wie die Kreischzwerge. Seine Wut ließ es an den Bäumen aus. Es rammte seinen holzigen Wurzelkopf gegen die Stämme, immer und immer wieder, lief hin und her, so lange, bis die Bäume unkontrolliert umstürzten und alles unter sich begruben, was sich in der Nähe befand. Das Wurzelmännchen war stärker als die Ochsen, wenn sie auf Tour waren. Und nie war abzusehen,

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