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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Während die zweite Maschine nach Kirkenes fliegt, machen wir uns auf den Weg. Die Maschine landet in Kirkenes, wo die Besatzung ihren vermeintlichen Auftrag ausführt, so daß beide Maschinen wahrscheinlich noch am selben Tag zurückfliegen können.«
    Die Anwesenden nickten ihre freudige Zustimmung. Einer lachte sogar über die einfache Lösung. Die meisten Anwesenden hatten vermutet, sie würden die übliche Fallschirmjägertaktik anwenden, nämlich Anflug und Absprung in sehr geringer Höhe.
    »Das bedeutet also, daß wir genau wie geübt aus großer Höhe springen werden«, stellte der Kollege fest, der die Verlosung organisiert hatte. Carl nickte kurz und blickte in die Runde, ob es noch weitere Fragen gab.
    »Wie erfolgt unsere Kommunikation?« fragte der nächste.
    »Wir melden uns mit einem Kurzwellen-Schnellsender beim Generalstab in Stockholm. Wir werden aber kaum mehr senden können als guten Tag, wir sind da, besten Dank, jetzt fahren wir nach Hause. Untereinander verwenden wir Niederfrequenz, denn das Risiko einer Funküberwachung ist in diesem Gebiet praktisch gleich Null«, erwiderte Åke Stålhandske.
    »Was schmuggeln diese Leute? Wissen wir das?« fragte Edvin Larsson, worauf alle neugierig auf Carl blickten.
    »Ja, das wissen wir«, begann Carl mit einer kaum spürbaren Anstrengung. »Das Schmuggelgut besteht aus sechs atomaren Sprengköpfen, die von einer SS 20-Rakete geklaut worden sind. Insgesamt eine Sprengkraft von etwa einer Megatonne.«
    Das Schweigen im Raum wurde plötzlich kompakt.
    »Das dürfte erklären, welches Gewicht unsere Regierung auf dieses Unternehmen legt und wie groß das Interesse anderer Regierungen daran ist«, ergänzte Carl, eher um der Stille ein Ende zu machen, als den Sachverhalt weiter aufzuklären.
    »Besteht das Risiko, daß die Gefechtsköpfe irgendwie scharf gemacht sind?« fragte jemand.
    »Das werden wir ja sehen«, scherzte Carl, wurde dann aber schnell wieder ernst. »Soweit wir beurteilen können und nach Ansicht der Experten, mit denen wir Kontakt aufgenommen haben, ist es praktisch ausgeschlossen, daß die fragliche Ladung in einem Zustand ist, daß sie zur Detonation gebracht werden kann«, fuhr er fort. »Aber wir werden trotzdem ein paar einfache Kontrollen durchführen.«
    »Und dann?« fragte Edvin Larsson mit gerunzelter Stirn.
    »Was zum Teufel machen wir mit den Dingern? Sollen wir sie etwa mitnehmen?«
    »Nein«, sagte Carl, »wenn wir uns zurückziehen, befestigen wir nur einen Peilsender daran, so daß russisches Personal sie bei späterer Gelegenheit abholen kann.«
    »Warum führen die Russen dann nicht selbst die ganze Operation durch?« fuhr Edvin Larsson mit immer noch gerunzelter Stirn fort. Es sah aus, als witterte er intuitiv Unrat.
    »Soviel wir wissen«, begann Carl langsam, »besteht das Problem der Russen darin, daß sie einander oder ihrem eigenen Personal nicht vertrauen können. Es geht hier in einem Land mit zuwenig Geld um etwas, was zuviel Geld bringen kann. Es geht um Milliardenbeträge, und wir müssen davon ausgehen, daß der Schmuggel wohl von recht qualifizierten Leuten organisiert worden ist.«
    »Bedeutet das nicht, daß diese Gruppe vielleicht eine bedeutend größere Feuerkraft hat, als wir mitnehmen können? Außerdem sind wir nur sechs Mann und die nach deiner Angabe zwölf«, wandte der Mann ein, der bisher nichts gesagt hatte.
    »Theoretisch durchaus möglich«, erwiderte Carl trocken, »aber bedenkt, wie die Topographie aussieht. Da draußen kann man sich nicht verstecken. Während der meisten Zeit des Tages ist es dunkel. Wir können uns frei bewegen, während sie eine Last mitschleppen, die sie nicht im Stich lassen können. Wir haben überdies mit höchster Wahrscheinlichkeit das Überraschungsmoment auf unserer Seite, sind gut bewaffnet und für die Dunkelheit ausgerüstet. Kurz, irgendwelche Nachteile bei einem eventuellen Kampf vermag ich nicht zu sehen. Das dürfte eher der einfachste Teil des Unternehmens sein.«
    Es wurde erneut still im Raum, obwohl die Spannung diesmal einen komplizierteren psychologischen Hintergrund hatte. Schwedische Fallschirmjäger waren außerordentlich gut dafür gerüstet, im Winter in kleinen Gruppen zu kämpfen. Theoretisch fiel es also keinem der Anwesenden schwer, Carls Ausführungen zu akzeptieren. Es war vielleicht die Art, wie er sprach, als ginge es nur um Selbstverständliches, um technische Kleinigkeiten. Oder einfacher, es war vielleicht so, daß Carl mit einer ganz

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