Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
Heulen über einen Wutschrei bis hin zu einem trotzigen Gebrüll.
»Was habt ihr ihm angetan?«, fragte ein anderer Ashmadai aufgebracht.
Valindra starrte ihn lange wortlos an. Trotz seiner Wut schrak der Teufelsjünger vor ihrem vernichtenden Blick zurück.
»Möchtest du das aus erster Hand erfahren?«, erwiderte Valindra gelassen. Trotz all seiner Bereitschaft, für die Sache sein Leben zu geben, wurde der Mann noch kleiner.
Nach langer, langer Zeit ließen die Schreie im Nachbarraum schließlich nach, und der Diener tauchte im Zugang auf, um ihnen mitzuteilen, dass das »Ankleiden« vollbracht sei. Bald darauf schwankte Jestry auf steifen Beinen aus dem Raum. Er musste seine Hüften drehen, um ein Bein nach vorn zu setzen. Sein Atem ging keuchend, und seine Augen zeigten mehr Rot als Weiß, denn bei seinen Schmerzensschreien waren viele Äderchen geplatzt.
»Ist es geschafft?«, fragte ihn Valindra.
Sein Grunzen schien eine Bestätigung zu sein.
»Und du bist?«, hakte der Lich nach.
»Jestry, Sklave des Asmodeus, Kämpfer für Sylora Salm«, leierte die lebende Mumie.
»Und deine Aufgabe ist?«
»Lady Dahlia töten«, ertönte die schlichte Antwort. Das Ungeheuer stockte, als würde es überlegen, und korrigierte sich zu einem einfachen: »Töten.«
Der Ashmadai hinter Valindra seufzte, um seinen Unmut kundzutun.
»Zeig es mir«, gebot Valindra Jestry. »Du sagst, du bist ein Kämpfer. Beweise es.«
Jestry neigte fragend den Kopf.
Valindra zeigte auf den Ashmadai.
»Der da stellt die Anweisungen von Lady Sylora in Frage«, erklärte Valindra. Sie lächelte breit, als sie sah, wie der Ashmadai die Augen aufriss, weil er begriff, was für ein Spiel sie spielte. »Er glaubt, du hättest ihr einen schlechten Dienst erwiesen, indem du ein solcher Krieger wurdest.«
Jestry grunzte und stellte sich frontal vor den Ashmadai.
»Ich habe nicht an Jestry gezweifelt!«, flehte der Mann. »Ich habe nur die Quelle dieser furchtbaren Schmerzen hinterfragt.«
»Er glaubt, du seist zu schwach, die Qual der Transformation zu ertragen«, höhnte Valindra.
Der Mann wollte erneut widersprechen und sich von jeder Kritik an Jestry distanzieren, aber vergeblich, denn als Valindra, die Vertraute von Sylora, hinzufügte: »Zeig es ihm«, schlug Jestry zu.
Der Ashmadai war für den Angriff gewappnet und hatte seinen Speerstab fest auf die Hüfte gesetzt, um Jestrys Angriff zu begegnen. Tatsächlich traf die scharfe Spitze Jestry mitten in die Brust. Gegen eine Stoffrüstung, Lederrüstung und sogar ein Kettenhemd hätte diese Bewegung den Kampf beendet, bevor er richtig begonnen hatte, und der Speer hätte in der Brust des Angreifers gesteckt. Aber gegen Jestry und seine Erdkolosshaut, die ihm geübte Zauberer und Handwerker angepasst hatten, konnte der Speer nichts ausrichten. Die Wucht seines Angriffs warf den starken Ashmadai rückwärts auf den Boden.
Schon bevor Jestry seine neue Haut erhalten hatte, war er stark gewesen, der stärkste Ashmadai im Wald von Niewinter. Jetzt war er weitaus stärker und schwerer als jeder gewöhnliche Mensch und hatte keinerlei Schwierigkeiten damit, den Mann allein mit seinem Gewicht und einem Arm niederzuringen. Mit der anderen Hand packte er den Kopf des Ashmadai und riss ihn zur Seite.
Der mumifizierte Krieger hatte keine Ahnung, warum er das tat, was jetzt folgte. Bis zu diesem Tag wäre ihm so etwas nie in den Sinn gekommen.
Er begriff nicht einmal, was er getan hatte, und nahm auch die Schreie erst wahr, als er wieder aufrecht stand, der Ashmadai auf dem Boden jedoch immer noch um sich schlug und sein Ohr festhielt – besser gesagt, den Teil seines Kopfes, wo sich bisher ein Ohr befunden hatte.
Das Ohr steckte in Jestrys Mund, und er kaute genüsslich darauf herum.
Valindra stand gegenüber und lachte.
Jestry hatte eine mächtige Rüstung und noch mehr Kraft erhalten. Doch es war das innere Geschenk des Botschafters, das in Valindras Augen am wichtigsten sein würde, auch wenn Jestry das nicht verstand. Denn jetzt war er mehr als bloß ein Krieger.
Jetzt war er hemmungslos.
Er war an nichts mehr gebunden, nur an den Willen, den Sieg zu erringen.
Ihn erfüllte ein Hunger, der nicht zu stillen war.
Jetzt war er ein Raubtier.
»Ich heiße Arunika«, erklärte die Frau, die vor Erzgo Alegnis Tür stand.
Man hatte ihm ein Zimmer im besten Gasthaus von Niewinter angeboten, von dessen Balkon aus er die Brücke sehen konnte, die jetzt wieder nach ihm benannt war. Er
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