Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
Strohhalm griff.
»Und von deiner Liebsten?«
Drizzt merkte, dass sein Gesicht sich verhärtete.
Dahlia bückte sich nach ihrem breitkrempigen Lederhut, setzte ihn auf und legte den Zopf so zurecht, dass er sich um ihren wohlgeformten Hals schmiegte und über ihrem Ausschnitt endete.
»Komm«, sagte sie. »Wir müssen gehen, und ich bin gespannt auf deine Geschichten über König Bruenor.«
Drizzt ging zum Bach hinunter und zog seinen verletzten Arm gründlich durch das kalte Wasser. Dann eilte er Dahlia nach und zog dabei einen Verband aus dem Beutel. Als sie die Straße erreichten und er die Pfeife betätigte, um Andahar zu rufen, hatte er den Arm bereits von oberhalb des Ellbogens bis hinunter zum Handgelenk eingewickelt. Den Rest des Tages ballte er beim Reiten immer wieder die Hand zur Faust und löste sie, um gegen das Prickeln der letzten Reste des Teufelsgifts anzukämpfen. Schon bald zeigten sich auf dem Verband rote Flecken, weil das Blut wieder floss.
Drizzt aber störte sich nicht daran, denn er erzählte von König Bruenor, genau wie Dahlia es verlangt hatte. Diese Geschichten, mal lustig, mal aufregend, aber immer voller Liebe und Freundschaft, bekämpften ein ganz anderes Gift im Herzen und in der Seele von Drizzt Do’Urden.
Erst als die Sonne schon lange hinter dem Horizont verschwunden war, schlugen sie ihr Lager auf und machten sich noch vor Tagesanbruch wieder auf den Weg. Andahar trug sie mühelos. So erreichten sie bald die nördlichen Ausläufer von Niewinter, ritten jedoch auf Dahlias Drängen hin nicht in die Stadt, sondern lagerten nordöstlich davon.
Während Drizzt sich nach Holz für das Lagerfeuer umsah, hörte er Blätter rascheln. Ein Schritt. Das allein irritierte ihn nicht besonders, schließlich würde die Garde von Niewinter das Gebiet durchstreifen, und sie waren keine Feinde. Aber als er sich so lautlos und heimlich anschlich, wie es nur die dunkelheitsliebenden Drow vermochten, wuchs seine Besorgnis rasch, denn derjenige, dem er folgte, erwies sich als Meister der Heimlichkeit.
Irgendwann aber erspähte der Drow ihn doch, und da verstand er, warum er so lange gebraucht hatte, den Urheber des Geräuschs zu finden, das ihn tiefer in den Wald geführt hatte. Immerhin war es eine helle Vollmondnacht, in der Drizzts Drow-Augen die Schatten so klar durchdrangen wie bei Sonnenschein. Jeder normale Reisende, selbst eine Stadtwache, hätte leicht zu entdecken sein müssen. Aber als Drizzt jetzt endlich sah, wer das Geräusch verursacht hatte, verzieh er sich, dass er ihn nicht früher gefunden hatte.
Der Mann – oder die Frau, das war nicht zu erkennen – gehörte dem Schattenreich an und verschmolz so leicht mit der Dunkelheit unter der breiten Krone einer Ulme, dass Drizzt sich einen Moment lang fragte, ob er einen Nesser-Fürsten dabei beobachtete, wie er wieder in jenes dunkle Reich überging.
Dann aber sah er ihn ein zweites Mal und stellte fest, dass es tatsächlich ein schwerer, kräftig gebauter Mann war. Drizzt nahm wieder die Verfolgung auf, bewegte sich so unsichtbar wie der andere, aber deutlich leiser, denn darin war er geübt, ganz besonders auf Waldboden. Das Lagerfeuer roch er, bevor er es sah, und wurde nun schneller. Er zählte mindestens drei weitere Schatten, alle bewaffnet und in Rüstungen.
Drizzt fiel wieder ein, was Dahlia ihm von den Kämpfen um den Wald erzählt hatte, und da wurde ihm klar, was dieser Trupp im Schilde führte.
Bald darauf verschmolz er mit der Nacht und kehrte an den Ort zurück, von dem er gekommen war.
Zu seiner Überraschung fand er Dahlia am Rand des Lagers, wo sie ihren Stab schon zuvor in Flegel zerlegt hatte, die auf beiden Hüften griffbereit in ihrer Schärpe steckten.
»Shadovar …«, begann er.
»Ich weiß. Ich rieche sie«, sagte Dahlia.
»Eine Handvoll«, berichtete er und nickte zu dem anderen Lager hinüber. »Gleich hinter den Hügeln dort. Wir können nach Westen abbiegen, zur Küste hinuntergehen und …«
Er brach ab, als Dahlia an ihm vorbei in den Wald schritt. Wie ein todbringender Pfeil hielt sie auf das Lager der Shadovar zu.
Drizzt beobachtete sie verdutzt. »Wir brauchen nicht mit ihnen zu kämpfen«, rief er ihr nach, ohne dass sie langsamer wurde.
»Sind die Nesserer nicht Feinde der Tayer?«, fragte er, als er sie einholte.
»Todfeinde«, bestätigte Dahlia, ohne ihr Tempo zu drosseln.
»Also wäre es Sylora Salm ganz recht, wenn wir uns mit denen hier anlegen?«, hakte Drizzt nach, um
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