Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
des Meuchelmörders lag.
Er würde also sterben, und Alegni würde ihn zurückholen, um ihn noch mehr zu quälen. Oder vielleicht, überlegte Barrabas zuletzt, würde sich vorher der Todesring seiner bemächtigen und ihn zum Zombie machen.
Was ihm noch lieber wäre!
Dahlia hatte Drizzt schon mehrfach vor dem Elitekämpfer der Nesserer, dem schleichenden Tod, gewarnt. Deshalb hatte Drizzt, seit sie in dieser Gegend waren und besonders seit dem Kampf mit der Shadovar-Patrouille, immer wieder das Gelände hinter ihnen überprüft.
Als Drizzt daher an diesem Abend vorgeblich Feuerholz sammeln wollte – das sie gar nicht benötigten –, war der Drow in Wirklichkeit auf einen Baum geklettert und von Ast zu Ast zurück zum Lager gehuscht.
Er sah die plötzliche Bewegung des Mörders bei dessen brillantem Überkopfangriff und sah auch, wie Dahlia zurückwich und beinahe überwältigt wurde.
Vermutlich hätte er sie geschlagen, aber so weit wollte Drizzt es gar nicht erst kommen lassen.
Deshalb sorgte er dafür, dass sich das Blatt wendete und Barrabas der Graue hilflos vor ihm lag.
Gleich darauf sah Drizzt dem Nesser-Kämpfer in die Augen. Sie wechselten einen Blick, ehe sein Krummsäbel zustieß.
Dann aber stieß er nicht zu. Er konnte es nicht. Ihn überkam eine Flut von Erinnerungen, die ihn beinahe umwarf, nicht aufgrund einer Gegenwehr, sondern durch die schlichte Wahrheit dieses Moments. Drizzt starrte den Mann an. Die Haut hatte die falsche Farbe, war grauer als früher, aber der Gesamteindruck, die Bewegungen, die Gesichtszüge …
»Artemis Entreri«, flüsterte Drizzt fassungslos. Er fragte sich, ob er gerade einer Selbsttäuschung erlag, ob er nicht nur an seinen alten Erzfeind dachte, seit er bei Beniago den Dolch bemerkt hatte, den er nur zu gut kannte.
Der Drow senkte die Klinge ein Stück. Wenn Barrabas sich hätte wehren wollen, hätte er jetzt ausbrechen können.
»Artemis Entreri«, flüsterte Drizzt noch einmal kopfschüttelnd. Müsste das hier nicht der Sohn des Meuchelmörders sein – oder eher sein Urenkel?
Der beste Kämpfer der Nesser-Barbaren, Barrabas der Graue, setzte ein zerknirschtes Lächeln auf, weil das alles so absurd war.
»Das kann nicht sein«, sagte Drizzt entschlossener, setzte dem Mann erneut seine Klinge an den Hals und zwang ihn an einen dicken Baum.
»Mach schon!«, drängte Dahlia, doch als sie vortrat, hob Drizzt seinen freien Arm, um sie aufzuhalten.
»Sei mir gegrüßt, Drizzt Do’Urden«, sagte Barrabas der Graue. Er warf einen Blick auf Drizzts Krummsäbel, schmunzelte und fügte bissig hinzu: »Eine Begrüßung wie in alten Zeiten, scheint mir.«
»Wer bist du?«
»Du hast meinen Namen selbst ausgesprochen, sogar zweimal«, antwortete der Meuchelmörder.
»Er legt dich rein!«, warnte Dahlia.
»Auch wenn ich diesen Namen viele Jahre weder gehört noch getragen habe«, fuhr der Mann fort, der allerdings schlecht sprechen konnte, weil Drizzt ihm den Säbel auf Dahlias Warnung hin noch fester an die Kehle drückte.
»Dieser Name gehörte zu einem Mann, der seit über fünfzig Jahren tot sein müsste, selbst wenn er sehr alt geworden wäre.«
»Das Leben steckt voller Überraschungen«, erwiderte der Mörder ungerührt.
Drizzt drückte fester zu, und am Hals des Mannes zeichnete sich eine blutige Linie ab.
»Wie geht es Jarlaxle, der mich an die Nesserer verraten hat?«, fragte der Meuchelmörder und warf Schwert und Dolch auf den Boden.
Dieser Name ließ Drizzt innehalten, denn das Letzte, was er von Artemis Entreri gehört hatte, war tatsächlich, dass dieser mit Jarlaxle unterwegs gewesen war.
»Ist das deine neue Braut?«, fragte Barrabas mit einem Blick auf Dahlia. »Sie kämpft besser als Catti-brie …« Er stellte sich auf die Zehenspitzen, als Drizzt mit seiner todbringenden Klinge noch näher kam und ihm noch mehr Blut sowie eine Grimasse abrang.
»Sprich nie wieder diesen Namen«, warnte Drizzt.
»Als ich Catti-brie in meiner Gewalt hatte, bevor wir einander auch nur kannten, habe ich ihr da etwas angetan?«, fragte der Mann. Damit wusste Drizzt genug.
Jetzt gab es keinen Zweifel mehr.
Fassungslos trat der Drow trotz Dahlias Protest einen Schritt zurück.
»Du müsstest lange tot sein«, sagte er.
»Du auch«, erwiderte Artemis Entreri. »Ich habe dich im Zweikampf in einem Kristallturm besiegt.«
Drizzt dachte an jenen Augenblick zurück. Jarlaxle hatte dieses Duell arrangiert, in einem magischen Turmzimmer voller Hindernisse –
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