Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
Drizzt Do’Urden war am Leben, bei Kräften und im Norden.
»Was ist?«, fragte Jelvus Grinch und riss ihn aus seinen Gedanken. »Weißt du etwas von ihm?«
»Ja. Aber das ist lange her …« Barrabas verstummte. »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten – als Symbol für unser neues Bündnis. Gib mir Bescheid, wenn Drizzt irgendwo in Niewinter auftaucht.«
Diesmal musterte Jelvus Grinch ihn misstrauisch, worauf Barrabas hinzufügte: »Ich hasse die Drow von ganzem Herzen und möchte ihn ungern versehentlich umbringen.«
Das schien dem Mann zu genügen. Nach einem kurzen Gruß durchquerte Barrabas das Tor von Niewinter, um die Gegend auszukundschaften.
4
Grabenkämpfe
»Der Wachmann da hat mich erkannt«, flüsterte Dahlia Drizzt zu, als sie an den Wachen vorbei durch das Tor von Luskan gingen. Alle starrten der Elfe nach, doch die Miene dieses einen verriet in der Tat mehr als nur Erregung.
»Meinst du? Vielleicht bist du einfach eine bemerkenswerte Erscheinung«, erwiderte Drizzt. »Oder er hat mich erkannt.«
»Wenn er dich erkannt hätte, würde das sicher keine große Rolle spielen«, sagte Dahlia. »Ich habe dich gewarnt – ich bin in Luskan nicht wohlgelitten.«
»Aber du hast dich nicht verkleidet.«
»Die Sache ist zehn Jahre her.«
»Dennoch befürchtest du, dass man dich erkennt.«
»Befürchten? Vielleicht freue ich mich darauf.«
»Eines Tages könntest du dich dazu herablassen, mir zu verraten, warum du in Luskan mit Ärger rechnest«, sagte Drizzt. »Ich wüsste gern, weshalb du hier so wenig willkommen bist.«
»Ich habe einen Hochkapitän getötet«, gestand Dahlia geradezu flapsig. »Borlann die Krähe. Vor zehn Jahren, unmittelbar bevor ich mit Jarlaxle und Athrogate auf die Suche nach Gauntlgrym gegangen bin.«
Drizzt lächelte unwillkürlich.
»Möchtest du wissen, warum ich das getan habe?«, fragte sie.
»Ist das wichtig?«
»Ist es dir wichtig?«
Drizzt schüttelte den Kopf. Obwohl ihn das Ausmaß seines Desinteresses an ihren Gründen und seine instinktive Kaltherzigkeit gegenüber jedem, der den Mantel von Schiff Rethnor übernommen hatte, etwas erschütterten, wurde sein Lächeln nur noch breiter. »Wenn es vor knapp hundert Jahren nach mir gegangen wäre, wäre weder Borlanns Vater noch er selbst je zur Welt gekommen.«
»Du hattest mit Haus Rethnor also auch schon deine Differenzen.«
»Borlanns Großvater, Kensidan, hat einen guten Freund von mir umgebracht, als Schiff Rethnor und die anderen Hochkapitäne in Luskan die Macht übernahmen und die Stadt zu dem jämmerlichen Zustand herunterwirtschafteten, in dem sie heute ist. Ich hatte damals keine Wahl. Ich musste fliehen, aber ich hätte es Kensidan zu gern heimgezahlt.«
»Dann habe ich deine Rechnung mit seiner Sippe vielleicht beglichen.«
»Nur wenn man glaubt, dass Schuld vererbbar ist, und das tue ich nicht. Mit Borlann hatte ich nie zu tun.«
»Er war ein Hochkapitän«, entgegnete Dahlia. »Gibt es da mehr zu wissen? Er hat tagtäglich für Leid und Tod gesorgt.«
»Du brauchst dich nicht vor mir zu rechtfertigen. Oder soll ich dich von deiner Schuld freisprechen?«
Dahlia spuckte auf den Boden.
Drizzt starrte ihr nach, während sie an der nächsten Straßenecke in eine Seitengasse abbog. Dort zog sie ein Kästchen aus ihrem Rucksack und klappte den Deckel auf. Drizzt rückte etwas näher und sah sich nach beiden Seiten um, denn er wollte sicher sein, dass niemand näher auf sie achtete. Von seinem Standort aus konnte er erkennen, dass das Kästchen aus etlichen Fächern bestand, von denen Dahlia eines geöffnet hatte. Sie entnahm eine Prise des Pulvers darin und schnippte vor ihrem Gesicht mit den Fingern, sodass sich das Pulver wie eine braune Wolke um sie legte.
Dann griff sie in ein anderes Fach und zog eine silberne Haarnadel daraus hervor. Sie nahm den Hut ab und kehrte Drizzt den Rücken zu, beugte sich von ihm abgewandt tief herunter und warf ihren schwarz-roten Zopf nach vorn.
Als sie wieder hochkam und sich umdrehte, sog Drizzt die Luft ein. Dahlias Tätowierung war spurlos verschwunden. Ihre Haut erschien makellos rein. Und ihre Haare hatten zwar immer noch jenes bemerkenswerte Schwarz und Rot, waren aber völlig anders frisiert: Kurz und frech geschnitten, hingen ihr die Haare von dem deutlichen Scheitel aus so ins Gesicht, dass sie beinahe ihr linkes Auge verdeckten.
Sie klappte das Kästchen zu und verstaute es in ihrem Gepäck, setzte den Lederhut wieder auf und kam zu Drizzt
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