Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
eingestürzten Veranda aus einer Gasse trat. »Ich bin Beniago«, stellte er sich mit einer Verbeugung vor. »Schiff Kurth wünscht euer Erscheinen, und zwar umgehend.«
»Ich gehe davon aus, dass ich keine große Wahl habe?«, antwortete Drizzt.
»Offensichtlich nicht«, erwiderte Beniago.
»Besser als Schiff Rethnor«, sagte Dahlia zu Drizzt.
Drizzt starrte sie an. Sein Stirnrunzeln verriet, dass er die Schuld für diese Wendung der Ereignisse auf Dahlias hübsche Schultern lud, aber bei Beniagos nächster Bemerkung konnte er seinen Zorn nicht aufrechterhalten.
»Ihr werdet beide steckbrieflich gesucht«, sagte dieser.
Drizzt betrachtete Beniago genau. Er hatte den Mann noch nie gesehen, doch seine Lässigkeit zeigte, dass er sich mit seinem Dolch gut auskannte. Er und Dahlia waren unübersehbar Gefangene.
Dennoch suchte Drizzt nach einer Schwäche, einer Naht in der Lederrüstung oder einem anderen Ausweg für den Notfall.
Seine Musterung endete am Gürtel des Mannes, wo er das Heft von dessen besonderem Dolch bemerkte. Die Waffe weckte Erinnerungen an eine ferne Vergangenheit.
Es konnte nicht dieselbe Klinge sein, sagte sich der Drow.
Aber der Feind, der einen solchen Dolch geführt hatte, war wahrscheinlich mit Jarlaxle in Luskan gewesen, vielleicht sogar zum Zeitpunkt seines Todes.
Es war denkbar.
»Umgehend«, wiederholte Beniago, was Drizzt gewaltsam aus seinen Gedanken riss. Der Drow sah zu dem großen Mann hoch, denn er rechnete geradezu damit, vor seinem Feind von einst zu stehen. Der hier jedoch war größer und hatte eine hellere Haut sowie rote Locken. Zudem war er hundert Jahre zu jung!
Beniago gebot Drizzt mit einer Handbewegung, sich Dahlia anzuschließen, die schon einige Schritte weiter war. Der Drow gehorchte grinsend.
Eines der Probleme eines so langen Lebens war die Unmenge an Erinnerungen – zu viele Erinnerungen! –, die unweigerlich beim leisesten Anstoß aus dem Unterbewusstsein aufstiegen. Wieder blickte er den Dolch an und lachte über sich selbst. Jetzt war er sicher, dass es eine andere Waffe war.
Aber nur, weil es so sein musste. Die Welt hatte sich verändert.
5
Die Monster, die wir hegen
Hadencourt blieb vor Aschenburg stehen, um das Bauwerk zu bewundern. Obwohl er wusste, dass es durch Magie erschaffen worden war, erschien es ihm doch unmöglich, dass jemand in so kurzer Zeit so viel erbaut hatte. Er war Szass Tam – und damit Sylora Salm – nicht so verbunden wie den Ashmadai-Fanatikern, räumte aber bereitwillig Ehre ein, wem Ehre gebührte.
Aschenburg war nicht das Werk von Asmodeus oder einem anderen Bewohner der Neun Höllen, sondern das Werk des tayschen Todesrings.
Als er sich den Toren der Festung näherte, fand er sich vor einer Phalanx finsterer Ashmadai-Wachen und einer Zombie-Armee wieder, brauchte jedoch nur sein Lächeln aufblitzen zu lassen – das echte Lächeln, nicht die Fassade, die er für die Bauern im Norden verwendet hatte –, und sofort schmolz jeder Widerstand dahin, und man öffnete ihm die Tore.
»Dahlia und der Drow waren angeblich auf dem Weg nach Norden, nach Luskan«, berichtete Hadencourt, als er im zweiten Stock von Syloras Baumturm neben Sylora Salm stand.
»Greeth! Ark-lem!«, kreischte Valindra von der Ecke aus.
Hadencourt starrte sie ungläubig an.
»Einfach ignorieren«, bat ihn Sylora.
Aber das war nicht so leicht, und Hadencourts Blick verharrte eine Zeitlang auf dem Lich. Valindra starrte mit einem verschmitzten Grinsen zurück.
»Je weiter sie von hier verschwinden, desto besser, auch wenn ich Dahlia gern in ein Häufchen Asche verwandeln würde«, kam Sylora Salm auf das ursprüngliche Thema zurück.
Valindras Miene normalisierte sich, und sie legte den Kopf schief, während sie Hadencourt musterte. Sie hatte den großen Respekt in Syloras Stimme bemerkt, wurde Hadencourt klar, und das war offenbar eine Seltenheit.
»Dazu bekommst du vielleicht noch Gelegenheit«, erwiderte er an die Zauberin gewandt. »Dahlia betonte, ihr eigentliches Ziel sei der Wald von Niewinter, auch wenn sie zuerst in die entgegengesetzte Richtung ziehen. Sie sagte, hier würden Abenteuer warten. Damit dürfte sie dich gemeint haben.«
»Und ihr Begleiter?«
»Der wollte sie davon abhalten, ihr Ziel preiszugeben.«
»Hat er Verdacht geschöpft?«, fragte Sylora misstrauisch und drehte sich nach dem ausgehöhlten Baumstumpf um, den sie ausgegraben und in den rückwärtigen Bereich des Raums geschleppt hatte. Schon vor Jahren hatte
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