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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
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Rhythmus, während Mrs Albright ihr Hörrohr als Taktstock benutzte. Nach kurzem Schweigen begann Webb unaufgefordert ein lebhafteres Lied:
    Ezekiel saw the wheel
´Way up in the middle of the air;
Ezekiel saw the wheel,
And the little wheel run by faith,
And the big wheel run by the grace of God;
´Tis a wheel in a wheel,
´Way in the middle of the air.
    [Ezekiel sah das Rad, / Ganz, ganz hoch oben in des Himmels Luft; / Ezkiel sah das Rad; / Und das kleine Rad drehte der Glaube, / Und das große Rad drehte die Güte Gottes; / Rad drehte sich in Rad, / Hoch oben in des Himmels Luft.]
    Als Webb dieses schlichte gläubige Lied sang, sah Mary etwas, das ihr wie ein Wunder vorkam: Hesters Schultern bewegten sich im Rhythmus der Musik, und ihre Lippen formten die Worte nach.

Kapitel 4 Es war wohl am Tag danach, als Mary Adora traf, die auf der 7 th Avenue aus einem Geschäft kam.
    »Sie haben mich nicht besucht, seit ich wieder in der Stadt bin«, klagte sie. »Ich hätte nicht übel Lust, unser Verhältnis zu begraben.«
    »Schimpfen Sie mich nicht aus«, bat Mary. »Sie wissen doch, dass ich arbeite.«
    »Ich weiß genau, dass Sie mehr Zeit haben als ich«, erwiderte Adora, »aber es ist mir gleich, wie Sie sich benehmen. Ich mag Sie, und ich hänge an Ihnen. Kommen Sie jetzt mit zu mir.«
    Mary war einverstanden und stieg in den Rolls-Royce; der purpurn livrierte Chauffeur warf die Tür zu und fuhr die beiden die kurze Strecke zur 193 th Street, die in Harlem allgemein als Strivers’ Row bekannt ist. Dieser von einer Allee gesäumte Block aus gelbbraunen Backsteinhäusern war Anfang des Jahrhunderts von Stanford White erbaut worden, als Harlem noch ein deutscher Stadtteil war. Nun hatten reiche Schwarze sie übernommen; ein paar davon, wie etwa Fletcher Henderson, der Kapellmeister, und Harry Wills, der Preisboxer, genossen einen internationalen Ruf; die meisten aber waren Anwälte, Ärzte, Grundstücksmakler oder die betuchten Besitzer von Schönheitssalons. Mary erinnerte sich, einen Artikel in Opportunity gelesen zu haben, wonach ihre Rasse mehr Geld für Mittel zum Glätten der Haare und zum Aufhellen des Teints ausgab als für Nahrung und Kleidung. Mary dachte auch an die besondere Ironie, die darin lag, dass farbige Frauen sich abmühten, die Löckchen aus ihren Haaren zu entfernen, weiße Frauen hingegen mit der gleichen Intensität versuchten, sich durch alle möglichen grauenvollen Prozeduren Dauerwellen zu verschaffen.
    Adoras Haus befand sich ungefähr in der Mitte des Blocks, und man betrat es, wie alle hübschen Häuser dieser Straße, über eine kleine Steintreppe. In der Eingangshalle warf Adora ihren Sportledermantel ab, bat Mary, ebenfalls abzulegen, und führte sie dann nach oben in den Salon.
    »Setzen Sie sich doch einen Augenblick«, lud sie Mary ein und ging noch eine Treppe hinauf.
    Mary setzte sich nicht, sondern nutzte die Gelegenheit, sich umzusehen, denn sie kannte dieses Haus noch nicht und sie interessierte sich sehr für geschmackvolle Inneneinrichtungen. Sie fragte sich mitunter, welcher entfernte Vorfahre ihr wohl diese Freude am Luxus vererbt hatte, die bei jeder entsprechenden Gelegenheit zum Vorschein kam. Für gewöhnlich gelang es ihr, sie im Unterbewusstsein schlummern zu lassen, da sie finanziell nicht in der Lage war, ihre diesbezüglichen Vorlieben auszuleben. Aber sie war nicht neidisch auf andere, sondern fand Vergnügen daran, schöne Dinge in einer Kunstgalerie oder einem Museum so zu begutachten und zu bewundern, als ob sie ihr gehörten.
    Der größte Teil der Einrichtung des Salons war, wie Mary sofort erkannte, im Louis-XVI-Stil gehalten. Mary hatte Möbel dieser Epoche im Metropolitan Museum of Art eingehend studiert und freute sich, dass sie die neubezogenen Sessel von denen unterscheiden konnte, die mit dem ursprünglichen Brokat bezogen waren. Die Wände waren mit lavendelfarbener Seide bespannt. Neben einigen Gemälden hingen dort auch Skizzen von Fragonard, Boucher und anderen Meistern. Auf dem Teetisch stand ein Sèvres-Service in Türkis und Veilchenblau. Der Teppich war ein Aubusson. Auf dem Kamin, zwischen der Uhr und zwei Sèvres-Kerzen-leuchtern standen ein paar in Silber gerahmte Fotografien. Eine erregte Marys faszinierte Aufmerksamkeit besonders.
    Die Fotografie zeigte eine Dame in Abendtoilette, die zwischen zwei Pekinesen auf einer viktorianischen Couch saß. Über den Knien der Unbekannten lag ein mit Phantasieblumen bestickter spanischer

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