Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walde + Graf Verlag
Vom Netzwerk:
Suchen in der Kartenkartei beinahe dafür, dass die Bücherei nicht ein Einziges der gewünschten Bücher zur Verfügung hatte. So überhörte sie das Klingeln des Telefons.
    »Miss Silbert ruft schon seit einer Weile nach Ihnen«, rief ihr Alice Langley zu. »Telefon.«
    Mary gab dem jungen Mann entnervt seine Liste zurück, drückte wütend einen Stempel auf die Karte einer jungen Frau und glitt von ihrem Hocker hinunter. Sie war sich des neugierigen Blicks von Alice bewusst, als sie durch den Raum ging. Ihre Stirn war wie geschmolzene Lava, ihre Hände wie Eis. In Miss Silberts Büro hielt sie den Hörer an ihr Ohr.
    »Hallo!«
    »Bist du es, Mary?«
    »Ja.«
    »Meine Angebetete, hast du mir nicht noch mehr zu sagen?«
    »Nein, nicht jetzt.«
    »Was ist denn los?« Die Stimme wurde drängend, sogar etwas ärgerlich. »Hat sich seit gestern etwas zwischen uns geändert?«
    »Nein.«
    »Also, was ist denn? Liebst du mich denn nicht, Mary?«
    »Doch.«
    »Und warum sagst du dann nichts?«
    »Es geht nicht.«
    Endlich schien er zu begreifen. »Du bist nicht allein?«
    »Nein.« Wie sie dies hasste! Nie wieder würde sie sich von ihm in der Bücherei anrufen lassen. Sie fühlte Miss Silberts vorwurfsvollen Blick in ihrem Rücken. Sie wusste, was Miss Silbert dachte; sie wusste, was weiße Menschen in solchen Augenblicken über Schwarze dachten. »Ich gehe um ein Uhr zum Mittagessen ins Craig´s«, fügte sie noch hinzu.
    »Dann treffen wir uns dort«, versprach er. »Bis dann!«
    »Gut. Warte einen Augenblick …« Aber er hatte bereits den Hörer aufgelegt.
    Sie nahm ihren Platz am Schalter wieder ein. Alice musterte sie jetzt ganz offen und ohne sich die Mühe zu geben, dies zu verbergen. Später sah Mary, wie sie mit einer anderen Kollegin tuschelte, die dann kicherte. Mary fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Sie hasste Byron! Es schien ihr in ihrer augenblicklichen Stimmung, dass sie ihn am liebsten nie wiedersehen wollte.
    Miss Silbert kam an ihr vorbei. »Ist Ihnen nicht wohl, Mary?«, bemerkte sie freundlich.
    »Ich habe Kopfschmerzen.«
    Alice, die zuhörte, grinste.
    »Es muss an der Luft hier liegen«, sagte Mary gehetzt. »Sie ist etwas drückend. Als ich kam, fühlte ich mich ganz wohl.«
    Mary fühlte, wie Miss Silberts Blick in ihren Augen und ihrem Inneren ihr Geheimnis zu ergründen versuchte, aber die Kollegin sagte dann nichts mehr.
    Endlich ein Uhr. Craig´s. Dasselbe Publikum. Derselbe Tratsch, aber heute schien er eine neue und unangenehme Bedeutung zu besitzen. Man schien über sie zu reden. Sie hörte Bemerkungen, wenn auch ohne Namen:
    »Er hat sie gestern Abend besucht … Betrüger … dieser Lüstling … Haha!«
    Ein Uhr fünfzehn. Mary wartete immer noch. Als Byron eine Viertelstunde später immer noch nicht gekommen war, bestellte sie ihr Essen, aber als es vor ihr stand, hatte sie keinen Appetit mehr. Das Essen war ihr widerlich, erstickte sie. Um sie herum summte der Chor halblauter Geräusche. Lachen sprudelte.
    Um drei viertel zwei, als sie aufstand, um ihren Mantel anzuziehen, kam er. Ihr Gesicht war ein stummer Vorwurf.
    »Hallo, Mary«, begrüßte er sie.
    »Ich dachte, wir würden zusammen essen.«
    Er sah erstaunt aus.
    »Das habe ich nicht verstanden. Tut mir leid. Ich dachte, ich sollte dir hier nur guten Tag sagen.«
    »Du hast gesagt, wir wollten uns hier treffen.«
    »Ich könnte nichts essen. Ich habe erst vor einer Stunde Kaffee getrunken.«

    Sie fühlte, wie Tränen in ihre Augen traten und ihre Kehle sich zusammenzog. Da stand er vor ihr, und trotzdem war sie nicht glücklich. Sie wollte … Was wollte sie?
    »Ich sprach mit dir vom Zimmer einer Kollegin aus. Ich konnte nicht viel sagen.«
    »Das habe ich nach einer Weile begriffen. Zuerst konnte ich nicht verstehen, warum du so kühl warst.«
    »So muss es auch geklungen haben. Ich glaube, Byron, es wäre besser, wenn du mich nicht wieder in der Bücherei anrufst.«
    »Wie du meinst. Der Vorschlag ging von dir aus.«
    »Warum hast du mich nicht früher angerufen?«, fragte sie fast heftig.
    »Ich dachte nicht, dass du früher dort sein würdest. Es war so spät, als wir uns trennten.«
    »Ich war um neun in der Bücherei. Ich bin immer um neun dort.«
    »Um neun war ich noch nicht wach. Sag mal, streiten wir uns jetzt schon?«
    »Entschuldige, Lieber. Ich muss wohl sehr müde sein. Ich bin heute so nervös.«
    »Armer Schatz!« Er drückte zärtlich ihren Arm.
    »Nicht hier, Byron«, bat sie.
    »Na, was soll ich denn tun?

Weitere Kostenlose Bücher