Nigger Heaven - Roman
zur Bühne gehen können!«
»Ach, ich kann´s nicht sehr gut.«
»Wo hast du ihn gelernt?«
Er lachte. »Das errätst du nie. Zwei weiße Bekannte am College haben ihn mir beigebracht. Manchmal glaube ich, dass ich deswegen mein Examen bestanden habe.«
»Es ist schön hier im Park, nicht?«
»Sehr.« Er zog seinen Mantel wieder an, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand.
»Wie oft sind wir denn nun schon zusammen hier gewesen?«
»Einige Wochen, aber mir kommt es immer wie das erste Mal vor.« Nach einer Weile sagte Mary: »Ich gehe seit vielen Monaten in diesem Park spazieren. Wenn ich mit meiner Arbeit in der Bücherei fertig bin, komme ich immer zuerst hierher. In Gedanken gehört der Park mir, und jetzt habe ich dich hineingeführt.«
»Wir sind zwei Kinder im Walde«, rief er aus. »Wir wollen auf den Blättern herumtollen und uns unter ihnen verkriechen und zusammen auf ewig verlorengehen.«
»Das wäre herrlich! Was würden wir essen?«
»Eichhörnchen und Spatzen!«
»Nicht die niedlichen Eichhörnchen!«
»Dann eben Nüsse.«
»Ich glaube, es gibt nicht einen einzigen Nussbaum hier. Ich habe nie einen gesehen.«
»Na, dann lassen wir unser Essen aus einem Restaurant kommen!«
»Viel besser! Und die Blätter nehmen wir als Tischtuch.«
»Und als Bettdecke.«
Mary seufzte. »Ach, wäre das Leben doch nur so einfach! Warum kann es das nicht sein?«
»Es ist trotzdem wundervoll, Mary.«
»Ja, jetzt ist es wunderbar …«
»Du kleines Baby! Und wenn wir erst verheiratet sind, wird es noch wunderbarer werden!«
»Byron, nächste Woche gibt es ein große Tanzveranstaltung für die Vereinigten Farbigen Wohltätigkeitsvereine.«
»Da gehen wir hin.«
»Ich habe darauf gewartet, dass du mich dazu auffordern würdest.«
»Als ob du jemals auf mich warten müsstest!«
»Mir kommt es vor, als ob ich immer auf dich warten würde. Wenn wir auf den Ball gehen, wollen wir uns am Abend vorher dafür verabreden. Dann kommen wir vielleicht rechtzeitig hin.«
»Schimpf nicht mit mir.«
»Ich schimpfe nicht mit dir. Ich kann einfach nie genug von dir kriegen, mein Schatz!«
»Es gefällt mir, wenn du so redest. Ich komme mir dann wie dein Geliebter vor!«
»Schatz, das bist du, na klar doch!«
Er blickte sich hastig um und küsste sie dann.
»Oh, das war aber nett«, sagte Mary.
»Das war nicht genug, um mich bedanken zu müssen.«
Er küsste sie erneut.
»Byron, bitte! Nicht so gierig, mein Schatz. Du bringst mich ganz durcheinander.«
»Das gefällt mir!«
»Du redest wie ein Wilder!«
»Das bin ich. Ich bin ein afrikanischer Kannibale! Sohn eines Königs! Dich fresse ich zum Abendbrot!« Er knurrte und fletschte seine schönen weißen Zähne.
Sie lachte laut auf. »Ich bin so glücklich, Byron, so glücklich! Es soll immer so bleiben!«
Sie ließ ihren Kopf an seine Schulter sinken und genoss eine Weile stumm ihr Glück. Dann schlug sie vor: »Liebling, es wird dunkel. Wir sollten nach Hause gehen.«
»Aber ich dachte, wir wohnen jetzt hier!«
»Natürlich, wenn du das willst, gern, aber ich dachte, du hättest vielleicht Lust auf Ollies Gebäck?«
»Die Stimme der Verführung! Du willst mich mit Gebäck anlocken!«
»Du bist aber auch leicht zu beschwatzen!«
»Noch einen Kuss!«
»Nein, du hast genug gehabt.« Sie stand auf, rannte von der Bank weg und rief ihm über die Schulter zu: »Fang mich doch!«
Er holte sie mühelos ein und erhielt seine Belohnung.
Hand in Hand und mit glücklich strahlenden Gesichtern gingen sie weiter. Der Fußweg führte jetzt am Reitweg entlang. Ein Mann und eine Frau näherten sich ihnen langsam auf ihren Pferden. Ihre Gesichter wurden vom hellen Licht einer Bogenlampe beleuchtet. Mary sah die Dame in ihrer strenggeschnittenen Reitkleidung an. Ihr Gesicht war schön, der Ausdruck aber kalt und hochmütig und hatte etwas Gequältes, wie Mary fand. Plötzlich durchschnitt ihre Stimme, klar und frostig, das Schweigen. Jede Silbe war deutlich zu hören.
»Ekelhaft«, sagte sie zu ihrem Begleiter, »dass Nigger hier in den Park dürfen!«
Das Paar ritt weiter, ohne sich umzudrehen.
Mary klammerte sich an Byrons Arm und senkte den Kopf.
»Wir sind zu glücklich«, klagte sie. »Das ist die Strafe dafür.« Byrons Lippen zuckten. »Mary«, stammelte er, »ich habe dir nicht alles erzählt von dem, was ich schon durchgemacht habe.«
»Was meinst du?«
»Solche Sachen wie dieser Vorfall eben.«
»Ach«, stöhnte sie. »Warum können sie uns denn
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