Night Academy 2
ragten im Halbdunkel hinter uns auf. Angst schnürte mir die Kehle zu. Ich verlor die Kontrolle über die Fäden, mit denen ich die drei Irin am Boden festgehalten hatte.
Es spielt sich alles nur in deinem Kopf ab … hörte ich Mr Fritz sagen. Aber was konnte ich schon gegen zehn Gegner ausrichten? Ich hatte gelernt, meine Kräfte zu kontrollieren, war sogar imstande zwei oder drei Gegenstände gleichzeitig zu bewegen, doch für diesen Ansturm war ich nicht gewappnet.
Die Ersten stürzten auf Cam los und bezwangen ihn mit vereinten Kräften, obwohl er sich heftig wehrte. Ich griff den äußeren Ring der Irin an, ließ Körper in die Luft steigen. Doch es waren zu viele, ich verlor die Kontrolle, und sie gingen wie Steine zu Boden. Auf einmal war die Stille durchbrochen, offenbar hatte ich den Jungen erwischt, der die Gabe besaß, Laute zu ersticken. Aus dem Nichts trat mir jemand in den Magen, und ein jäher Schmerz durchfuhr mich. Mir gegenüber sah ich, wie sich Cams Gesicht vor Wut verzerrte. Verzweifelt versuchte er, zu mir zu gelangen und rang zwei Typen nieder. Plötzlich riss mich jemand an den Haaren. Cam erstarrte, als Thaddeus mich auf die Beine zerrte.
»Du willst doch nicht, dass ihr etwas zustößt?«, fragte Thaddeus leise, offensichtlich genoss er die Situation.
Dann traten drei weitere Leute auf Cam zu, einer drehte ihm die Arme auf den Rücken. Aber Cam leistete keinen Widerstand mehr. Er stand nur noch schwer atmend da.
»Lass sie gehen«, knurrte er.
»Nein, ich glaube, ich behalte sie.«
Cam versuchte, die Arme wieder freizubekommen. Mir war klar, dass ich schnell handeln musste. Wenn ich meine Kräfte auf Thaddeus oder Cams Wachen richtete, wurden wir beide möglicherweise ernsthaft verletzt, also versuchte ich etwas ganz Neues – etwas, vor dem ich mich bislang immer gefürchtet hatte. Ich erhob mich selbst in die Luft.
Thaddeus musste ebenso verdutzt gewesen sein wie ich, denn er ließ vor Schreck mein Haar los. Mir war ohnehin schon übel von dem Tritt in den Magen, und vom Schweben wurde alles noch tausendmal schlimmer. Thaddeus sah sich die Sache einen Moment lang an, dann zeigte er auf die Jungs, die Cam festhielten. »Ein Wort von mir, und dein Freund stirbt«, sagte er zu mir. »Eigentlich würde ich ihn ohnehin am liebsten töten.«
Ich zuckte zusammen. Einer der Jungen holte aus und schlug Cam ins Gesicht. Ein zweiter boxte ihm in die Rippen. Cam sank zu Boden.
»Was wollt ihr von mir?«, schrie ich.
»Halt dich fern von uns. Wenn du dich noch einmal einmischst, wird er dafür büßen.«
Daraufhin wuchtete er Cam auf seine Schulter und lief mit ihm in den Wald.
Ich wartete, bis sich auch Thaddeus’ Kampfgefährten Richtung Hafen aufgemacht hatte, die einzigen Irin, die noch übrig waren, lagen reglos am Boden. Dann erst ließ ich mich die drei Meter aus der Luft herunter, dabei verknackste ich mir den Fuß.
Ich atmete tief durch und schüttelte meinen Fuß aus, hoffentlich würde ich damit noch rennen können. Doch im Moment beherrschte mich vor allem ein Gedanke.
Sie hatten Cam.
Würden sie ihm etwas antun?
Hinter einem Baum kam eine dunkle Gestalt hervor. Als ich ihn erkannte, hätte ich vor Erleichterung fast geweint. Irgendwie hatte ich die Hoffnung, dass er die Situation noch retten konnte. »Jack? Jack, bist du das?«
Das rote Stirnband hielt das Haar aus dem Gesicht, seine stahlgrauen Augen glänzten in der aufkommenden Morgendämmerung. Er sah anders aus als in meiner Erinnerung. Schon immer hatte er mich an einen Wolf erinnert – sein schlaksiger Körper steckte voll geballter Energie – doch seine Jugend hatte ihm etwas Weiches, Verletzliches verliehen. Das war jetzt vorbei. In der kurzen Zeit, die wir uns nicht gesehen hatten, waren Schultern und Brust breiter und das Gesicht härter geworden. Aus Jack war ein Mann geworden.
Die Kälte in seiner Stimme ließ mich erzittern. »Du hättest mit mir kommen sollen.«
»Was habt ihr mit ihm vor?«, flüsterte ich.
»Schwer zu sagen. Die wollen ihn als Druckmittel. Aber du hast ja Thaddeus gehört. Der ist ziemlich angepisst. Cam hat einen seiner besten Freunde auf dem Gewissen.«
Ein Bild aus dem Fernsehen stand mir vor Augen. Der Mann, der Töne erzeugen und Trommelfelle zum Platzen bringen konnte. Charles Scholz. Ich belastete meinen verletzten Fuß. Es tat zwar weh, aber ich würde damit laufen können. »Cam hat niemanden umgebracht«, sagte ich.
»Er hat sie dorthin geführt. Nur weil er nicht
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