Night Academy 2
suchend wie das Zielfernrohr eines U-Boots, bis es mich erspäht hatte und in meine Richtung wuchs.
Vor Schreck hielt ich die Luft an. »Mr Fritz, brechen Sie ab! Ich gebe mich geschlagen.«
Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Dancia. Das kann ich nicht. Du musst bis zum Ende kämpfen.«
Bis zu welchem Ende? Meinem eigenen? Barrett rührte sich noch immer nicht, aber ich verspürte neuerliche Hitze, also schien er sich erholt zu haben. Efeu rankte an meinem Schuh hoch. Ein Brombeerzweig schnitt mir in die Wade, die Dornen bohrten sich in meinen Knöchel. Warum hatte ich ausgerechnet heute einen Rock angezogen? Ich wich zurück, doch die Gewächse rückten unaufhörlich näher und wickelten sich um meine Beine.
Barrett stützte sich auf die Ellenbogen. Trotz aller Wut atmete ich erleichtert auf. Er lächelte. Vielmehr grinste er verschlagen. »So schnell gibst du schon auf? Ich dachte, wir müssten uns wenigstens ein bisschen anstrengen.«
»Das ist ungerecht«, sagte ich. »Ich kenne die Regeln gar nicht. Worum kämpfen wir überhaupt? Ich weiß nicht mal, wie man gewinnt!«
»Es gibt keine Regeln«, sagte Mr Fritz.
»Wie du gewinnen kannst, weiß ich auch nicht. Aber wie du verlieren kannst schon«, sagte Barrett.
»Sei doch nicht so gemein!«, schrie ich.
Ein stechender Schmerz schoss mir in die Wade; während ich durch Barrett abgelenkt war, hatte sich die Brombeerranke noch fester um mein Bein gezurrt. Die Dornen würden sich nur noch tiefer ins Fleisch bohren, wenn ich daran zöge, also musste ich Mr Anderson irgendwie aufhalten. Er war viel kräftiger als Barrett, seine Verbindung zur Erde stärker. Barrett umzuwerfen hatte nicht viel gebracht, also entschloss ich mich, mit Mr Anderson umgekehrt zu verfahren und ihn in die Luft zu heben. Zwar hatte ich es noch nie zuvor ausprobiert, aber mir gingen langsam die Möglichkeiten zur Verteidigung aus.
Ich atmete tief durch und stellte mir vor, wie ich all meine Probleme und alle unwichtigen Gedanken aus meinem Kopf schob, um ganz leer zu werden. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass Barrett mir diese Mentaltechniken erst kurz zuvor beigebracht hatte. Als ich schließlich die Hände hob, war ich kurz von dem weißen Rauch um meine Fingerspitzen abgelenkt. Meine Haut sah dunkelrot aus wie nach einem schlimmen Sonnenbrand. Durch die Hitze fiel es mir schwerer, mich zu konzentrieren, doch ich hielt an der Vorstellung meines leeren Geistes fest. Sobald ich das Gefühl hatte, über genügend Kontrolle zu verfügen, richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die dunklen Fäden, die Mr Anderson mit Himmel und Erde verbanden. Sanft zog ich an dem obersten Strang und hielt ihn konzentriert oben.
Er schrie auf, als erst der eine und dann auch der andere Fuß den Bodenkontakt verloren. Wie ein Jo-Jo ließ ich den armen Mr Anderson auf- und abhüpfen. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass sich die Brombeerranke allmählich lockerte. Ich beugte mich vor und löste die jetzt leblose Ranke, doch als ich mit dem Kopf so nach unten ging, durchzuckte mich eine unvermutet heftige Hitzewelle. Durch den Schmerz verlor ich die Gewalt über Mr Andersons Strang. Heftig fluchend fiel er zu Boden.
Ich versuchte, Barrett erneut umzuwerfen, doch der geriet kaum ins Straucheln und sandte mir eine weitere heiße Welle. Durch verquollene Lider sah ich, wie sich Mr Anderson wieder aufrappelte; die Brombeerranke in meiner Hand erwachte zu neuem Leben und bohrte ihre Dornen in meine versengten Handflächen.
Kaum hatte ich einen erwischt, rappelte sich der Nächste auf und setzte mir zu.
Jetzt war ich richtig sauer. Die wollten mich fertigmachen, und aus Angst, einen von ihnen zu verletzen, hielt ich mich zurück. Wütend starrte ich zu Barrett, nun war aber Schluss mit der Nachsicht. Mit aller Kraft riss ich an seiner Schnur. Diesmal hatte ich ihm wohl tatsächlich wehgetan, denn er stöhnte, und die Hitze war mit einem Mal verschwunden. Was für eine Erleichterung!
»Gibst du auf?«, brüllte ich.
»Wir fangen doch gerade erst an«, tönte es heiser von dem schlaffen Bündel am Boden.
Schon brannten meine Fußsohlen wie Feuer. Ich tänzelte hin und her, um den Schmerz zu lindern.
»Das ist ja schlimmer, als ich dachte«, sagte Mr Fritz betrübt. »Die spielen doch nur mit dir, merkst du das nicht? Um zu gewinnen, musst du dir schon was Besseres einfallen lassen.«
Immer noch hüpfte ich von einem Bein aufs andere. »Halten Sie doch bitte den Mund!«
»Bitte sie doch,
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